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Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Der dunkle Turm - Gesamtausgabe

Titel: Der dunkle Turm - Gesamtausgabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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zwischen siebenundfünfzig verläßlichen Schüssen und möglicherweise zwanzig klar. Oder zehn. Oder fünf. Oder einem. Oder keinem.
    Er schichtete die fraglichen Patronen zu einem zweiten Häufchen.
    Er hatte noch seine Tasche. Das war eines. Er legte sie auf den Schoß, dann zerlegte er langsam seine Revolver und führte das Ritual der Reinigung durch. Als er damit fertig war, waren zwei Stunden verstrichen, und seine Schmerzen waren so groß, daß sein Kopf sich drehte; bewußtes Denken fiel ihm schwer. Er wollte schlafen. Das hatte er sich noch nie im Leben mehr gewünscht. Doch im Dienste der Pflicht gab es niemals einen akzeptablen Grund, sich zu drücken.
    »Cort«, sagte er mit einer Stimme, die ihm fremd war, und lachte trocken.
    Er setzte seine Revolver langsam, langsam wieder zusammen und lud sie mit den Patronen, die er für trocken hielt. Als er das erledigt hatte, hielt er denjenigen, der für seine linke Hand gemacht war, spannte ihn… und ließ den Hahn dann langsam wieder sinken. Er wollte es wissen, ja. Wollte wissen, ob er einen zufriedenstellenden Knall hören würde, wenn er den Abzug betätigte, oder nur ein nutzloses Klick. Aber ein Klick wäre bedeutungslos, und ein Knall würde lediglich zwanzig auf neunzehn verringern… oder neun… oder drei… oder keine.
    Er riß einen weiteren Streifen von seinem Hemd ab, legte die anderen Patronen, die nicht naß geworden waren, hinein und band ihn unter Zuhilfenahme der linken Hand und der Zähne zu. Er legte sie in die Tasche.
    Schlafe, verlangte sein Körper. Schlafe, du mußt jetzt schlafen, vor Einbruch der Dunkelheit, es ist nichts mehr übrig, du bist verbraucht…
    Er kam torkelnd auf die Beine und sah rechts und links den verlassenen Strand entlang. Dieser hatte die Farbe von Unterwäsche; die schon lange nicht mehr gewaschen worden war, und war von farblosen Muscheln übersät. Hier und da ragten große Felsen aus dem grobkörnigen Sand hervor; diese waren von Guano überzogen, dessen ältere Schichten die gelbe Farbe alter Zähne hatten und dessen frischere Flecken weiß waren.
    Die Flutlinie wurde von trocknendem Tang gekennzeichnet. Er konnte Stücke seines rechten Stiefels und seine Wasserschläuche in der Nähe dieser Linie liegen sehen. Er betrachtete es fast als ein Wunder, daß die Schläuche nicht von den hohen Wellen aufs offene Meer hinausgetragen worden waren. Der Revolvermann ging langsam und ausgeprägt hinkend zu der Stelle, wo sie lagen. Er hob einen auf und schüttelte ihn an einer Ecke. Der eine war leer. Der andere enthielt noch ein wenig Wasser. Die meisten wären nicht imstande gewesen, einen Unterschied zwischen den beiden zu erkennen, aber der Revolvermann konnte sie ebenso unterscheiden wie eine Mutter ihre eineiigen Zwillinge. Er reiste schon lange, lange Zeit mit diesen Wasserschläuchen. Wasser gurgelte im Inneren. Das war gut – ein Geschenk. Entweder hätte die Kreatur, die ihn angegriffen hatte, oder jedwede andere diesen oder den anderen mit einem beiläufigen Biß oder einem Hieb mit den Scheren aufreißen können, aber das war nicht geschehen; und auch die Flut hatte sie verschont. Von dem Wesen selbst war keine Spur zu sehen, wenngleich er es weit oberhalb der Flutlinie erledigt hatte. Vielleicht hatten es andere Fleischfresser geholt, vielleicht hatte seine eigene Art ihm ein Begräbnis im Meer verschafft, so wie die Elaphaunten, gigantische Geschöpfe, von denen er in Kindergeschichten gehört hatte, angeblich ihre Toten begruben.
    Er hob den Wasserschlauch mit dem linken Ellbogen, trank herzhaft und spürte, wie seine Kraft teilweise zurückkehrte. Der rechte Stiefel war natürlich ruiniert… doch dann verspürte er einen Funken der Hoffnung. Der Fuß selbst war unversehrt – zerkratzt, aber noch ganz –, und es könnte möglich sein, den anderen Stiefel passend zurechtzuschneiden und etwas daraus zu machen, was wenigstens vorübergehend hielt.
    Schwäche stahl sich über ihn. Er kämpfte dagegen an, aber seine Knie knickten ein, und er setzte sich und biß sich dabei dummerweise auf die Zunge.
    Du wirst nicht bewußtlos werden, sagte er grimmig zu sich. Nicht hier, wo heute nacht ein weiteres dieser Tiere zurückkommen und die Sache zu Ende bringen kann.
    Daher stand er auf und band sich den leeren Schlauch um die Taille, aber er kam nur zwanzig Meter in Richtung der Stelle zurück, wo er die Revolver und die Tasche gelassen hatte, als er wieder hinfiel und halb bewußtlos wurde. Dort lag er eine

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