Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Durchblicker: Novelle (German Edition)

Der Durchblicker: Novelle (German Edition)

Titel: Der Durchblicker: Novelle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
Vom Netzwerk:
Blindfisch an, als würde er ihm am liebsten die Fresse einschlagen. Big Moncrief grinste, dann entdeckte er uns.– Die Jungs! Was trinkt ihr?
    So wurden wir dann in die Gesellschaft Ally Moncriefs und, da Blindfisch unter der Schirmherrschaft des Fleischbergs stand, die des sehbehinderten wechselwarmen Tiefseebewohners höchstpersönlich gezogen.
    Wir mussten Blindfischs pedantische Kommentare fast den ganzen Abend lang ertragen. Sidney oder den SCHIZO störte es nicht weiter, die waren beide völlig breit, aber Roxy und ich hatten uns neulich Abend im Sandy Bell’s so richtig schön in Hass und Abscheu gegen diesen Pisser gesteigert, und er rief das schnellstens wieder wach.
    Der Hammer kam, als der SCHIZO , Roxy und Big Moncrief über irgendne Siebziger-Jahre-Revival-Sendung diskutierten, die vor Kurzem im Fernsehen gelaufen war.
    – Der legendäre Clip jedenfalls, schwärmte Roxy,– war der mit Roxy Music aus dem Whistle Test.
    Ein paar Köpfe nickten dazu, aber ich dachte: Klar, was soll Roxy anderes sagen, als alter Roxy-Music-Freak.
    – IIIAATUMM! kläfft Blindfisch.– THE OLD GREY WHISTLE TEST, UM GANZ GENAU ZU SEIN , und piekt mit einem besserwisserischen Finger in die Luft.
    Danach lösten ich und Roxy uns mit der Ausrede aus dieser Gesellschaft, mit Keith Falconer reden zu wollen, der am anderen Ende der Theke saß. Dort saßen wir dann und schwafelten ne Stunde lang mit Keith. Als er sich auf den Weg machte, quatschten wir lieber mit irgendwelchen Typen, die wir gar nicht kannten, als wieder zu den anderen zu gehen.
    Nach ner Weile winkte uns der SCHIZO zu und schloss die Augen, als er mit Sidney an uns vorbeitorkelte, raus in den Schnee. Die letzte Runde war schon ausgerufen. Später dann verschwand Big Moncrief, offenbar betrunken, still und stoisch in den Schneesturm. Blindfisch war jetzt an der Bar allein.
    – Der Blindfisch da, meinte Roxy und zeigte die Theke entlang auf ihn,– haste gesehen, was der für Scheine auf der Tasche hat? Jetzt sag mir bloß, der is nich frisch.
    – Ach, sag bloß.
    Er sah mich an, und ein heimtückischer Blick trat in seine Augen.– Macht man sich doch so seine Gedanken.
    Wir konnten noch ein letztes Bier ergattern, ehe wir uns ins Unwetter hinauswagten. Es war grausam: Der Schnee peitschte uns mit aller Macht entgegen, mein Gesicht war taub und pochte, in Nullkommanichts tat mir der Kopf zum Platzen weh. Es war unmöglich, mehr als ein paar Meter weit zu sehen. Allerdings konnten wir eine langsam dahinstaksende Gestalt ausmachen, die sich am schwarzen Geländer festhielt.
    – Da vorn is Blindfisch! brüllte Roxy.
    In dem Augenblick schlug knapp vor uns eine Dachpfanne auf, die von einem Mietskasernendach gefegt worden war.– Scheiße noch mal, japste Roxy,– die hätte uns glatt die verdammte Rübe absäbeln können! Dann packte er mich, ein freudiger Einfall ließ seine Augen blitzen. Er hob die Dachpfanne auf und rannte die Straße runter. Ein paar Schritte hinter Blindfisch stehend, schleuderte er die Pfanne wie ein Frisbee. Sie segelte an Blindfischs Ohr vorbei, aber in dem Getöse, das der peitschende Schnee und der Orkanwind machten, hörte und– logo– sah Blindfisch nichts.
    – Der Fotze werd ich IIIAATUMM geben! knurrte Roxy.Er griff sich eine weitere Dachpfanne aus dem Schnee und rannte von hinten dicht an Blindfisch heran. Beidhändig und mit großer Wucht ließ er das Ding auf seinen Schädel krachen. Blindfisch taumelte nach vorne und schlug hin. Roxy riss ihm die Brieftasche aus dem Mantel. Ich kickte ihm aus reiner Boshaftigkeit ein Häufchen Schnee ins Gesicht, und dann verschwanden wir in stummer Hast die Straße runter und hüpften fröhlich die Unterführung nach Fountainbridge rauf, während Roxy die Geldscheine aus Blindfischs Brieftasche zog und die leere Börse dann über die Friedhofsmauer warf. Wir erwischten einen Nr.-1-Bus, der sich rauf nach Tollcross quälte, wo wir auf einen Absacker ins Tipplers gingen.
    Blindfisch hatte n ganz schönes Sümmchen beigehabt.–Knete für Weihnachtseinkäufe, wette ich, meinte Roxy schadenfroh.– Na, das hat sich doch gelohnt! Zweihundert Eier!
    – IIIAATUMM! meckerte ich.– Zweihundertundsiebzehn Pfund und vierunddreißig Pence, um ganz genau zu sein.
    Roxy wollte halbe-halbe machen, aber ich war mit achtzig zufrieden, schließlich hatte er das ganze Risiko getragen, wenn man das so nennen wollte.
    Am folgenden Tag waren wir im selben Pub auf ein mittägliches Bier. Bald gesellte sich Big

Weitere Kostenlose Bücher