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Der Durchblicker: Novelle (German Edition)

Der Durchblicker: Novelle (German Edition)

Titel: Der Durchblicker: Novelle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Irvine Welsh
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reden, schnaubte er,– sie ging weg, wir blieben da.
    Ich mochte diese C’est-la-vie-Einstellung nicht und fragte mich, ob er irgendwas verbergen wollte, dann fragte ich mich, was wohl. Ich nahm an, es käme nur daher, dass Deek n bisschen unterbelichtet war. Die Prüfung zum Verwaltungsbeamten würde er wohl trotzdem bestehen.
    Unten hatte der Alte nen Teller Toast und Tee gemacht. – Du warst ja wieder in nem schlimmen Zustand gestern Nacht, sagt er säuerlich.
    Tatsächlich war ich in keinerlei »Zustand«. Ich war leicht angeheitert. Roxy, Sidney und ich waren in ne Frittenbude in Corstorphine eingebrochen und hatten jede Menge Knabberzeug und Zigaretten gestohlen. Wir hatten es geschafft, ein paar Sachen an Rox’ Schwager zu verticken, der nen Eiswagen hat. Dann haben wir n bisschen was getrunken. Ich weiß genau, dass ich in keinem »Zustand« war, denn wär ich in nem Zustand gewesen, wär ich nicht nach Haus gekommen.
    – Nur n paar Bier, sagte ich benommen.
    – Wenn du dich nützlich machen willst, geh mit Norma und mir mit durch die Siedlung, um Unterschriften für unsere Petition zu sammeln.
    Dass ich da nicht selber drauf gekommen bin. Spitzenidee. Sie würden mich ja nur lynchen, sonst nichts. Schlimm genug, dass er alles tut, um mich mit seinen dummen, sinnlosen Aktionen umzubringen, jetzt soll ich auch noch selber abdrücken.
    – Würd ich gern, Dad, vielleicht n andermal, ja? Heute ist doch dieser Anmeldungsscheiß. Da muss ich zum Jobcenter. Wie läuft denn die Initiative?
    – Wir ham bei diesem verdammten Stadtrat vorgesprochen. Der is doch nie und nimmer Labour-Mann. MeinLeben lang hab ich Labour gewählt, aber jetz is Schluss, das kann ich dir verraten.
    Ich ging zu Fuß in die Stadt. Der Weg ist endlos, aber ich zahl nur ungern Fahrgeld. Ich bin blank. Der Imbissjob hat nur Peanuts eingebracht, im übertragenen wie im wörtlichen Sinn. Ich geh mich einschreiben. Dann geh ich zu Sidneys Bleibe auf einen Joint. Schon komisch, wie ich mich instinktiv für verschiedene Drogenszenen auch mit verschiedenen Leuten zusammentue:
    Alkohol:
Der SCHIZO, Roxy, Sidney,
Big Moncrief
Illegale Drogen
außer Opiaten (Speed,
Acid, Eckys etc.):
Veitchy, Denise, Penman
Opiate:
Swanney, Raymie, Spud
    Aber egal, welche Szene, Raymie ist immer dabei. Die Fotze ist meine Strafe dafür, dass ich so ein … für irgendein Verbrechen, das ich in einem früheren Leben begangen hab.
    Am selben Nachmittag treffe ich Penman, der noch fertig von ner Szene ist, in der er übers Wochenende war. Seine Augen sind trübe und gerötet. Wir schmeißen Acid. Montagnachmittag, und wir schmeißen ein Microdot. Ist ziemlich heftiger Stoff.– Weißt du, was dein Problem is, Mann? fragt er in einem Tonfall, der mich aus der Ruhe bringt.
    – Äh, sag ich,– ich wusste nicht, dass ich eins hab …
    – Da hast du’s mir grade wieder veranschaulicht, Mann. Weißt du, du hast mir mit dem, was du da gesagt hast, könnte man sagen, sehr anschaulich illustriert, was ich meinte, klar?
    – Was meinst du? frage ich ein bisschen eingeschnappt.
    – Werd bloß nicht sickig, Alter. Das is n Gespräch unterFreunden. Ich erzähl dir das nur, weil ich und du uns schon so lange kennen. Klar?
    – Klar, schließe ich mich voller Unbehagen an. Ich hab nicht geschlafen, und ich bin immer para, wenn ich nicht geschlafen hab. Es sind nicht die Drogen, die mich para machen, es ist der Schlafmangel, der mich para macht. Die Drogen machen es mir nur schwer, Schlaf zu finden, also sind sie nur indirekt dran Schuld. Wenn ich bloß was bekommen könnte, wovon ich endlich schlafen könnte, Scheiße …
    – Dieser »Ich-wusste-nicht-dass-ich-n-Problem-hab«-Scheiß, meint Penman verächtlich.– Alle ham wer Probleme. Jeder Arsch in dieser Bar hier hat Probleme. Er schwenkt den Arm durch den schäbigen Pub. Die Behauptung ließ sich nicht leicht widerlegen.– Jeder Arsch auf der Welt hat Probleme.
    – Das is nich unbedingt die repräsentativste Auswahl … sag ich, aber er hakt direkt ein und unterbricht.
    – Da fängste schon wieder an: »das is nich unbedingt die repräsentativste Auswahl …« äfft er mich in einer Stimme nach, die mehr nach der von Denise als meiner eigenen klingt.– Eins will ich dir sagen, Alter: Bist ganz in Ordnung, aber du denkst, du hast als einziger den Durchblick. Tatsache is, Schlauscheißer wie dich hat jeder irgendwann gefressen. Der Schlauscheißer macht n Witz, und alles lacht sich schlapp. Dann fängt der

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