Der Durchblicker: Novelle (German Edition)
unterbrechen, aber irgendwas an der Geschichte irritierte mich. Ich musste da was klären.– Noch mal langsam. Wir reden von dem Mädel, das immer mit Moira und Tricia zusammenhängt? Olly oder so was Krasses in der Art, stimmt’s nicht?
– Genau die! meint Denise.
– Hammer-und-Sichel-Ohrringe? Irgendwie aufm stalinistischen Trip?
– Genau die, erklärt Denise.– Ich sie also am Ficken, so richtig in die Möse, sagt er im Stehen und mit ein paar theatralischen Beckenstößen.– Sie hat so ne langen schwarzen Handschuhe anbehalten, wie ne dumme kleine Nutte, und macht dauernd: OOH IST DAS GEIL … DAS IST TRAUMHAFT … FICK MICH HÄRTER und so was. Dann kommt sie, und ich fang an, an Hutchie ausm Chapps zu denken, dieses geile, große Stück Männerfleisch, hinter dem ich schon seit ewig her bin, und komm dann auch. Und dann dreht sich die blöde Nutte rum und sagt zu mir: Jetzt sag bloß, das war nicht mal ganz was anderes, fängt sie an, so richtig frech. Als ob sie erwartet, dass ich jetzt direkt meine KY – Tube wegschmeiße und zum St. Jame’s Centre renne, n Scheiß-Verlobungsring kaufen! Tja, den Zahn musste ich ihr ziehen;ich sag ihr, das wär nich mal halb so gut wie schlecht gewichst, bei ihr müsste ich meine Fantasie mehr anstrengen, um mir vorzumachen, ich würd was ficken, was sich lohnt. Sie wird total sauer und sagt, ich soll verschwinden. Ich nur: Keine Panik, Süße, bin schon weg.
Das war eine beunruhigende Geschichte. Ich erinnere mich, bei diesem Mädchen abgeblitzt zu sein. Ich glaube, es war im City Café, es könnte aber auch Wilkie House gewesen sein. Ich hab sie n paarmal im 9Cs gesehen, einmal sogar im Pure. Ich grinste Denise an, und dabei durchlief mich das Phantombeben der Abweisung durch diese Frau und löste diesen innerlichen Einsturz der Mauern des Selbstwertgefühls aus, den unsere Männerfreunde selten wahrnehmen. Na jedenfalls, ich tröstete mich mit dem Gedanken an ihre Demütigung unter Denises Händen. Ich fühlte mich köstlich gerächt, dann folgte ein vages Schuldgefühl. Genau das macht das Leben aus: all diese verkorksten Empfindungen. Man muss sie haben; wenn du sie nicht mehr hast, heißt es aufpassen.
Gott, der Scheiß im Fernsehen war langweilig, und es waren nur zwei Dosen McEwans-Pisse im Kühlschrank. Ich brachte es nicht über mich, diesen Scheiß anzusehen.– Wo ist dieser Scheiß-Veitchy? fluchte ich, ohne jemand Speziellen zu meinen. Chancellor Norman Lamont erschien auf dem Bildschirm.
– Den Sack könnte ich umbringen, wär er nicht schon tot, giftete Denise.
Es kam wieder ein Ecky-Schub, und ich stand auf und fing an, auf der Stelle zu tanzen. Ich hielt aber nicht lange durch; kein bisschen Stimulanz hier. Ich hatte gute Lust, noch eine zu schmeißen und es mal im Citrus oder 9Cs zu versuchen.– Die Fotze, sagte ich, auf Ronnie zeigend, der immer noch schlummerte und seinen labbrigen Schwanzaus der Hose hängen hatte wie eine tote surrealistische Schlange,– sieh dir den an: ne echte Hypothek. Karrste die Flasche durch die Gegend, und der macht sich einfach lang!
In plötzlich aufwallender Wut zerrte ich Ronnie vom Sofa auf den Boden. Er ließ eine Welle des Ekels in mir hochsteigen, mit seiner dämlichen Brille und dem Schnäuzer.– Der liegt auf dem Boden genauso gut, und wir können auch mal aufs Sofa. Is sowieso zu fertig, um den Unterschied zu merken.
Wir drei setzten uns aufs Sofa und benutzten Ronnie als Fußbank. Er war tot für die Welt. Wir langweilten uns immer noch, also stand ich auf, holte Mehl aus der Küche und kippte es über Ronnie aus. Ein kurzer, tripartiger Flashback von Blindfisch, im Schnee liegend, nahm mir den Atem.
– He, prustet Penman los, ihm platzt fast die Hose vor Lachen,– pass lieber auf Veitchys Teppich auf.
– Is ja nur Mehl, meinte ich, aber Denise war in die Küche gegangen und kam mit ein paar Eiern zurück, die er über Ronnies hingestrecktem Körper aufzuschlagen begann.
Das war unser Signal zum Ausrasten, von kollektiver Hysterie gepackt. Wir gingen in die Küche und sahen nach, was da war. Dann bedeckten wir Ronnie systematisch mit allen Lebens- und Reinigungsmitteln, die wir in die Hände bekamen.
Als wir fertig waren, war er von vorwiegend grauweißem, ekligem Schleim überzogen, in dem hier und da rote Bohnen, gelbe Eidotter und grünes Spülmittel farbige Akzente setzten. Penman kam aus der Küche zurück und leerte den Inhalt eines Müllsacks über ihn. Ich kippte ein paar volle
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