Der Durst der Toten
den Verstand verloren hatte, wo er etwas so Furchtbares erlebt haben mußte, daß es ihn das Leben kostete, das er bis dahin geführt hatte.
Das Haus, das später auf unerklärliche Weise verschwunden war, es war wieder da ...
... und wieder weg!
Ein kollektives Aufstöhnen, leise Schreie gingen einem Ruck gleich durch die versammelte Menge, und Darren blieb davon nicht ausgenommen.
Es war unglaublich, und doch hatte er es mit eigenen Augen gesehen, wie alle anderen um ihn herum.
Das Haus war ... erloschen. Wie eine gestörte 3D-Projektion hatte das Bild kurz geflackert, und dann war es ganz verschwunden.
Das Grundstück lag öd und zugewuchert da, ganz so, wie Darren es vor zwei Jahren vorgefunden und seither immer wieder gesehen hatte, wenn er hergekommen war, um nach etwas zu suchen, von dem er selbst nicht wußte, worum es sich dabei eigentlich handeln sollte.
Minuten vergingen, in denen eine so eigenartige Atmosphäre herrschte, wie Darren sie nie zuvor erlebt hatte. Es war, als hielte jeder einzelne um ihn herum den Atem an und als sei nur das aufgeregte Pochen der Herzen dieser Leute zu hören, unmöglich laut. Die Funkdurchsagen der Polizei drangen wie von fern zu ihnen, klangen so seltsam fremdartig, als gehörten sie nicht in diese Welt.
Dann - kam es wieder.
Erst war es kaum mehr als ein durchscheinender Schatten, dann für einen flüchtigen Moment materiell, kompakt, so kurz allerdings nur, daß Darren es für eine Sinnestäuschung hielt, für ein Bild, das ihm seine überreizten Augen nur vorgaukelten.
Aber so war es nicht.
Denn Sekunden später stand das Haus wieder an seinem Platz. So schien es jedenfalls. Nur wenn man, und Darren tat genau das, angestrengt hinsah, erkannte man, daß die Konturen des Hauses nicht ganz scharf waren, leicht verwischt und wäßrig wie auf einer Aquarellzeichnung.
Es war ein Ding der Unmöglichkeit!
Und jeder andere teilte Darrens Auffassung, wie er den gemurmelten und gerufenen Kommentaren ringsum entnehmen konnte.
Nur mochte Darren am ehesten bereit sein, das unheimliche Geschehnis zu akzeptieren. Denn in gewisser Weise paßte es exakt zu all den anderen Unmöglichkeiten, die er innerhalb von zwei Jahren über das Phänomen 333, Paddington Street herausgefunden hatte.
Wie in Trance trat er weiter vor, den Blick nicht von dem Haus lassend: ein zweistöckiger Klotz mit dunkler Fassade, das Dach mit bräunlichen Schindeln gedeckt und etwas vorgezogen, die vielen Fenster glotzend wie die leeren Augenhöhlen eines Totenschädels. Eine Treppe führte zum Eingangsportal hinauf, zu beiden Seiten bewacht von steinernen Fabelwesen und - »He, was soll das werden, Mister?«
Eine harte Hand packte Darren am Arm und hielt ihn fest. Einen Moment lang wollte er dessen ungeachtet weitergehen, bis der andere seinen Griff verstärkte, so daß Darren leise aufschrie. Unwillig drehte er sich um.
»Secada?« fragte der andere überrascht.
Darren kannte den Mann, der ihm gerade bis zum Kinn reichte, mangelnde Größe aber durch Körpermasse wettmachte, und die bestand nur zum geringsten Teil aus Fett.
»Chief Inspector Holloway«, nickte Darren grüßend. Dann wies er sofort hinüber zu dem Haus. »Was geht hier vor?« »Sehen Sie doch«, brummte Holloway unwirsch. »Verraten Sie mir lieber, was Sie hier treiben. Es gibt keine Toten - und ich hoffe, das bleibt so.«
Darren zögerte kaum merklich. »Ich . ich habe im Fernsehen von dieser Sache erfahren und bin hergekommen. Wie die meisten anderen wohl auch.« Er wies in die Runde und versuchte harmlos zu lächeln.
Ein mißtrauischer Ausdruck legte sich wie ein Schatten über Chad Holloways Züge.
»Moment mal«, knarzte er. »Paddington Street und Darren Secada - das paßt doch irgendwie zusammen, wenn ich mich nicht irre, oder? Sie gehen doch seit einiger Zeit allen möglichen Leuten mit Fragen über dieses Haus hier auf den Zeiger, nicht?«
»Oh, so würde ich das nicht sagen -«, wollte Darren abwehren.
»So sagen es aber alle anderen, Jungchen!«
Darren grinste frech. »Okay, Chief Inspector, dann gehe ich jetzt Ihnen ein bißchen auf den Zeiger, okay? Also, was ist hier los?«
»Kein Kommentar. Weder für Sie, noch für sonst jemanden. Verschwinden Sie, Secada. Und nehmen Sie diese Aasgeier am besten gleich mit!«
Irgendwo rief jemand Holloways Namen, der Chief Inspector antwortete mit einem kurzen Fluch. Er wirbelte auf dem Absatz herum und verschwand zwischen den Uniformierten.
»Auch kein Glück, wie?« Die
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