Der Durst nach Blut
diesem Fall selbst für ihn der Zweck die Mittel.
Geisterhaftes Stöhnen wehte durch den Raum. Es war den bebenden Lippen der Schönen in seinen Armen entflohen und kündete noch jetzt, da das letzte bißchen Leben aus ihr wich, von der Wollust, die Landru zuvor in ihr entfacht hatte, um ihr Blut in schmackhafte Wallung zu versetzen.
Schlürfend sog der Vampir noch den geringsten Tropfen aus ihrem fast trockenen Aderwerk, ehe er den wunderschönen Körper sinken ließ. Fast behutsam bettete er die kaum 25 jährige auf ihre achtlos zu Boden geworfene Stewardessen-Uniform. Und noch jetzt meinte Landru, einen Abglanz jenes Feuers in ihrem sterbenden Blick zu sehen, das sie zuvor gemeinsam mit Leidenschaft geschürt hatten.
Dann erlosch der Glanz, und ihre Augen wurden trübe. Ein letzter Seufzer wehte über ihre blutleeren Lippen.
Landru wußte, daß es einige Minuten dauern würde, bis sich ihr Leben neu entfachte - ein zweites, untotes Leben, einem Alptraum gleich.
Da ihm der prüfende Blick in den Spiegel naturgemäß verwehrt blieb, sah Landru an sich hinab, nachdem er in seine Kleider geschlüpft war, um deren korrekten Sitz zu prüfen. Die Hände im Nacken, zog er den kleinen Pferdeschwanz, zu dem er das dunkle, an den Schläfen graumelierte Haar zusammengefaßt trug, zurecht.
Als er sich wieder zu der Stewardeß hinabbeugte, flackerten ihre Augenlider - um sich im nächsten Augenblick unnatürlich weit zu öffnen.
In ihren Pupillen war kein Leben mehr. Trotzdem sah sie ihn an, erkannte ihn als ihren Herrn und senkte demutsvoll den Blick.
Landru legte die Finger seiner Rechten unter ihr Kinn und zwang ihren Kopf nach oben.
»Du hast mir Freude bereitet«, sagte er und registrierte, daß ihr Mund sich zu einem bizarren Lächeln verzog, weil spitze Eckzähne aus den Mundwinkeln drängten. »Darum schenke ich dir dieses Leben«, fuhr er fort. »Verhalte dich normal und unauffällig, bis ich das Flugzeug verlassen habe. Danach tu, was dir beliebt.«
Landru erhob sich mit einer geschmeidigen Bewegung, doch die Dienerkreatur, die er mit seinem Keim geschaffen hatte, wollte ihn noch nicht gehen lassen und umklammerte sein Bein.
»Bleib bei mir, Herr«, hauchte sie. »Ich will dir auf ewig dienen.«
Auf ewig! Landru lächelte spöttisch. Was wußte eine Kreatur von Ewigkeit? Bald schon würde die Sonne ihrem Körper unsagbare Schmerzen zufügen, und der Durst nach Blut würde immer stärker in ihren Eingeweiden wühlen.
Anders als die Alte Rasse, die sich auch bei Tage fast unbeein-trächtigt bewegen konnte, waren diese Geschöpfe unvollkommen und schwach, beherrschten nicht einmal die Magie der Metamorphose.
Er hätte die junge Frau getötet, wenn ihn nicht die Vorsicht geleitet hätte. Gewiß hatte die Stewardeß vor der Landung Aufgaben zu verrichten; es würde auffallen, wenn sie fehlte. Und wenn man ihren leblosen Körper hier fand, würde man den Mörder natürlich unter den Passagieren suchen. Nicht, daß Landru die behördliche Obrigkeit oder anderes fürchtete, aber es hätte ihn Zeit gekostet.
Er löste ihre Hände von seinem Bein und drückte sie sanft zurück. »Ich habe keine Verwendung mehr für dich. Handle, wie dir geheißen.«
Enttäuschung huschte über das Gesicht der Schönen, doch sie gab so schnell nicht auf. Mit kokettem Augenaufschlag beugte sie sich zurück, spreizte die Schenkel und strich aufreizend über ihre Scham.
»Ich kann noch so viel für dich tun«, gurrte sie.
Landru antwortete nichts darauf. Er verließ den Waschraum, ohne sein Opfer noch eines weiteren Blickes zu würdigen.
Obwohl er sich berauscht und gekräftigt fühlte wie seit Ewigkeiten nicht mehr, ließ Landru auch jetzt die Vorsicht nicht außer acht. Fast beiläufig raubte er in der Nähe befindlichen Leuten die Erinnerung daran, daß sie ihn aus der Toilette hatten kommen sehen. Nur im Augenblick des Geschehens musterten sie den hochgewachsenen Mann mit der kreuzförmigen Narbe auf der rechten Wange angstvoll, dann kam etwas wie eine finstere und doch unsichtbare Wolke über sie, die ihre Gedanken des Moments gierig fraß.
Nun, da er den Brand in sich fürs erste gelöscht hatte, drängte es Landru zu anderen, höheren Taten.
Zur Schaffung neuen, vampirischen Lebens.
Doch nicht einmal Landru ahnte, wie dringend Hüter und Kelch in Kairo, wohin ihn sein erster Weg nach dem Rückgewinn des Unheiligtums führen würde, tatsächlich gebraucht wurden.
Er wußte nicht, wie es in dieser Stadt zuging - - seit
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