Der Earl und sein verführerischer Engel (Historical) (German Edition)
Victoria.
Schmerzvoll erinnerte sie sich an ihre Verzweiflung, als man ihr Daniels Leiche gebracht und sie vom Verschwinden ihres Mannes in Kenntnis gesetzt hatte – den man, wie ihr mitgeteilt worden war, zuletzt bei seiner Geliebten gesehen hatte … Es war so viel gewesen, was sie hatte verkraften müssen.
Danach war sie in einen Zustand der Betäubung verfallen; ungewiss, ob Stephen lebte oder den Tod gefunden hatte. Ich lasse nicht zu, dass er mich wieder in seinen Bann schlägt, dachte sie.
Früher hatte sie sich die Schwäche erlaubt, von ihm zu träumen – doch jetzt wusste sie es besser. Er liebte sie nicht und erinnerte sich nicht einmal mehr an sie. Nicht weinen, nicht weinen, nicht weinen, flehte sie lautlos.
Entschlossen umfasste sie die Henkelschlaufen ihrer Handtasche und richtete ihre Aufmerksamkeit auf die vor ihr liegende Aufgabe. Heute standen Einkäufe auf dem Programm. Die Kinder benötigten neue Kleidung, und die dafür notwendigen Besorgungen würden sie zumindest für eine Weile auf andere Gedanken bringen.
Sie betrat die Tuchhandlung von Harding and Howell , wo sie Stoff kaufen wollte. Bei der Vielfalt des Angebots in dem exklusiven Geschäft wurde ihr beinahe ein wenig schwindelig.
Unauffällig sah sie sich um, um herauszufinden, ob ihnen jemand gefolgt war. Sei keine Närrin, ermahnte sie sich im Stillen. Wer auch immer sie auf Falkirk angegriffen hatte, hatte es allein auf Daniels Besitz abgesehen und würde sie nicht bis nach London verfolgen. Trotzdem fühlte sie sich eigentümlich beklommen und nahm sich vor, die Einkäufe rasch zu erledigen und so schnell wie möglich nach Hause zurückzukehren.
Sie trug ihr ausgeblichenes schwarzes Trauerkleid. In der schlichten Aufmachung würde jeder Dieb sie vermutlich übersehen und seine Aufmerksamkeit auf wohlhabendere Opfer richten. Den beiden Dienern hatte sie befohlen, diskreten Abstand zu ihr zu wahren, während sie ihre Besorgungen machte.
Auf dem Rückweg kam sie durch eine belebte Geschäftsstraße und ging ein wenig langsamer, um sich die Auslagen in den Schaufenstern anzusehen. Vor einer Konditorei blieb sie einen Moment stehen, um den wundervollen Duft heißer Schokolade und das Aroma frischer Backwaren einzuatmen. Doch das Sortiment des Obsthändlers führte sie am meisten in Versuchung, und als sie neben all den verlockenden Früchten wie Ananas, Feigen und Weintrauben einen Korb frischer Erdbeeren erspähte, war es um sie geschehen. Gütiger Himmel. Augenblicklich musste sie an saftigen Erdbeerkuchen mit einem Mürbeteigboden und Schlagsahne denken, und kurz darauf hatte sie den Kauf getätigt. Vermutlich hätte sie einen besseren Preis in Cheapside erzielt, aber sie wollte in Mayfair bleiben, wo es sicherer war.
Als sie aus dem Laden trat, ertönte plötzlich der warnende Ruf eines Mannes. Direkt vor ihr auf der Straße ging ein Paar Pferde wiehernd auf die Hinterhand, und einer der Diener zog Emily geistesgegenwärtig aus der Gefahrenzone. Sie beobachtete, wie der Kutscher die Kontrolle über sein Gespann wiedererlangte und das Gefährt zum Stehen brachte, doch dann rempelte jemand ihren Diener an, sodass der Mann sie abrupt losließ. Emily geriet ins Straucheln und stürzte zu Boden.
„Ich bitte um Verzeihung, Madam.“ Verlegen half der Diener ihr auf die Beine, während der andere Bedienstete hastig ihre Einkäufe aufsammelte.
Ein vornehm gekleideter Gentleman entstieg der haltenden Kutsche. „Um Himmels willen, Miss Barrow! Was machen Sie denn hier?“
Emily errötete, als sie Freddie Reynolds erblickte. Der junge Gentleman war eitel wie ein Pfau, hatte aber ein gutes Herz. Vor einigen Jahren war sie mit Daniel bei einem Familientreffen auf dem Landsitz der Reynolds zu Gast gewesen. Danach hatte Freddie sie zum Objekt seiner Zuneigung erkoren und es nie verabsäumt, ihr kleine Aufmerksamkeiten zukommen zu lassen. Die netten Gesten hatten Emily berührt, obwohl sie keinerlei Gefühle für Freddie hegte.
„Miss Barrow, Sie sehen mich zutiefst beschämt. Keine Entschuldigung könnte diesen Unfall wiedergutmachen. Bitte gestatten Sie mir, Sie nach Hause zu begleiten.“
„Nein, es geht mir wirklich gut, Mr Reynolds.“ Ihr Versuch, den Straßenschmutz von ihrem Kleid fortzustreichen, machte die Sache noch schlimmer.
„Meine liebe Miss Barrow, es wäre mir eine Ehre, wenn Sie mich Freddie nennen würden.“
Die Vorstellung behagte ihr nicht sonderlich, denn dadurch würde er nur wieder ermutigt, ihr den
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