Der Earl und sein verführerischer Engel (Historical) (German Edition)
für sie nicht unbedingt förderlich sein. Sie brachte ein knappes Nicken zustande. „Vielen Dank. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden …“
Huldvoll hob Lady Thistlewaite die Hand. „Machen Sie mir morgen die Aufwartung. Es wäre mir eine Freude, Sie in Fragen angemessener Garderobe zu unterweisen. Schließlich sind Sie die Tochter eines Barons. Und da Ihre verstorbene Mutter nicht für Sie sorgen kann, werde ich Sie unterrichten. Es ist meine christliche Pflicht, Sie mit der nötigen Etikette vertraut zu machen.“ Mit diesen Worten tätschelte die Matrone Emilys Schulter, bevor sie, offenkundig auf der Suche nach einem weiteren Opfer, davoneilte.
Emily schluckte die Tränen herunter. Den Blicken der Umstehenden nach zu urteilen, teilten die meisten Gäste Lady Thistlewaites Auffassung, dass Emily den Earl blamierte. Sie beobachtete ihren Ehemann, der sich unter die Gäste gemischt hatte und mit einfältig lächelnden jungen Damen tanzte, die um seine Gunst wetteiferten. Nicht ein einziges Mal sah er zu ihr hinüber, obwohl sie jede Bewegung von ihm mit den Blicken verfolgte.
Es schmerzte sie, dass er so tat, als würde sie nicht existieren. Sie ging zum Tisch mit den Erfrischungen, als hinter ihr eine tiefe Stimme erklang.
„Ich vermute, Sie haben vor, sich wieder einmal in unser Leben zu drängen.“
Ihr Schwiegervater! Und sie hatte gedacht, der Abend könnte schlimmer nicht werden. Anscheinend war Stephens Vater fest entschlossen, ihr den Rest zu geben. Großartig, sagte sie sich trocken. Genau das, was ich jetzt brauche .
Zwar tat der Marquess so, als spräche er gar nicht mit ihr, aber Emily wusste, dass seine Bemerkung an sie gerichtet war.
„Sie mögen mich nicht“, sagte sie ruhig. „Das ist mir nicht entgangen.“
„Sie gehören nicht hierher und werden niemals ein Teil dieser Familie sein.“
„Haben Sie Angst um Ihr Tafelsilber?“ Gelassen lächelnd drehte Emily sich zu James Chesterfield um. „Lassen Sie mich Ihnen versichern, dass ich nicht auf Stephens Reichtum oder Titel aus bin.“
„Sie haben seine Sinne vernebelt – wie eine gewöhnliche Dirne. Er kann ja keinen klaren Gedanken mehr fassen.“
„Weder bin ich eine Dirne, noch gestatte ich Ihnen, mich zum Ziel Ihrer üblen Beleidigungen zu machen. Ich bin die Countess of Whitmore, und daran sollten Sie sich besser gewöhnen.“
Es wäre ein großartiger Abgang gewesen, wenn ihre Hände nicht so sehr gezittert hätten, als sie das Glas Limonade absetzte. Gleichgültig, was geschah, sie wollte auf gar keinen Fall in Tränen ausbrechen – besonders dann nicht, als sie das triumphierende Lächeln Lady Thistlewaites bemerkte.
10. KAPITEL
Zum Würzen von Rinderbraten verwende man lediglich Salz und Pfeffer. Häufig erzielt man bei der Zubereitung von Speisen mit schlichten Zutaten den größten Erfolg …
– aus dem Kochbuch der Emily Barrow –
E mily hielt den Teller mit dem Zitronencreme-Dessert fester als nötig, darum bemüht, das Zittern ihrer Finger vor den anderen Gästen zu verbergen. Der Abend war ein Albtraum. Nicht nur musste sie die neugierigen Blicke und das Getuschel halb Londons ertragen, auch ihr eigener Ehemann hatte sich von ihr abgewandt. Würde dieser Ball denn niemals enden? Sehnsüchtig blickte sie zur Tür in der Hoffnung, eine Möglichkeit zur Flucht zu entdecken.
Vielleicht konnte sie sich an der Wand entlangschleichen, um dann unbemerkt von Stephen den Saal zu verlassen. Sie gelangte durch die Tür, doch als sie an einem der Flure vorbeikam, hörte sie jemanden weinen.
Sie wusste, dass sie sich nicht einmischen sollte, es ging sie schließlich nichts an. Doch den verzweifelten Lauten nach zu urteilen, die an ihr Ohr drangen, ging es hier jemandem noch weitaus schlechter als ihr.
In einem der Räume, die von dem Korridor abgingen, fand sie eine schluchzende junge Frau in einem eisblauen Satinkleid und hinreißend rotbraunem Haar vor. Ihren Hals zierte prachtvoller Diamantschmuck.
„Sind Sie in Ordnung?“, fragte Emily besorgt.
Die junge Frau versuchte, die Tränen wegzuwischen, nickte und winkte ab. „Ja danke.“ Doch als sie zu Emily hochsah, flammte plötzlich Hass in ihren Augen auf. „Oh. Sie sind es. Lady Thistlewaite hat mich vorgewarnt, dass Sie auch hier sein würden.“
Emily furchte die Stirn. „Kennen wir uns denn?“
„Ich bin Lily Hereford.“
Ah, die verschmähte Maid. „Ich bin Emily“, entgegnete Emily und verschwieg sicherheitshalber ihren Nachnamen, doch
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