Der Earl und sein verführerischer Engel (Historical) (German Edition)
zur sicheren Verwahrung überlassen zu haben.“
Es verwunderte Emily, dass Nigel das Testament in Verwahrung gehabt haben wollte. Sie erinnerte sich kaum an ihren Onkel, den sie zuletzt gesehen hatte, als sie noch ein kleines Mädchen gewesen war. Sie erinnerte sich an einen beleibten Mann, der stets lächelte, und abgesehen von gelegentlichen Briefen hatten sie kaum Kontakt gehabt.
„Warum hat er uns nicht die Aufwartung gemacht, wenn er wieder in England ist?“
„Hier ist eine Einladung an Sie und die Kinder, ihn zu besuchen.“ Mr Robinson reichte ihr einen Briefumschlag.
Nachdem Emily das Schreiben gelesen hatte, ballte sie die Hände zu Fäusten. „Er verlangt von mir, sie ihm zu überlassen“, stieß sie wütend hervor. „Die Kinder gehören in meine Obhut. Seit nahezu einem Jahr ersetze ich ihnen die Mutter.“
„Wohl wahr, aber laut Gesetz stehen sie von nun an unter der Obhut von Mr Barrow. Ihnen bleibt keine Wahl, es sei denn, er ernennt Sie zum Vormund.“ Mitleidig lächelnd griff Mr Robinson nach einem weiteren Biskuitkeks. „Ich schlage vor, dass Sie sich zu ihm begeben und ihn bitten, Ihnen die Vormundschaft für die Kinder zu überlassen. Es ist durchaus möglich, dass er sich einverstanden erklärt …“
Emily unterbrach ihn. „Ich werde die Kinder meines Bruders weder Nigel noch irgendjemand anderem übergeben.“ Wütend starrte sie den Anwalt an und stand auf. „Guten Tag, Sir.“
„Verzeihen Sie, Lady Whitmore, aber wenn Sie sich den Bedingungen des Testaments widersetzen, könnte Mr Barrow sich an die Behörden wenden.“ Robinson schüttelte den Kopf. „Obwohl ich hoffe, dass er es nicht tut, dürfen Sie den Kindern ein solches Ungemach nicht zumuten.“
„Mein Diener begleitet Sie zur Tür, Sir“, erwiderte Emily kühl, und der Anwalt seufzte.
„Es tut mir leid, Sie erzürnt zu haben, Lady Whitmore. Ich lasse Ihnen eine Kopie des Testaments zukommen, sodass Sie es nach Belieben prüfen können. Und ich empfehle Ihnen, auf die Einladung Ihres Onkels zu antworten.“
Ihre Antwort bestand darin, den Brief zu zerknüllen und in den Kamin zu werfen. „Guten Tag, Sir.“
Mr Robinson verneigte sich und ging.
Emily raffte die Röcke und befahl sich, ruhig zu bleiben. Sie würde niemandem gestatten, ihr Royce oder Victoria wegzunehmen. Testament hin oder her, die Kinder gehörten zu ihr – und nicht zu ihrem Onkel, der es in beinahe fünfzehn Jahren nicht einmal zuwege gebracht hatte, sie zu besuchen.
Endlich trafen Stephen und Royce ein. Das Haar des Jungen war völlig zerzaust, und sein Gesicht glühte vor Begeisterung. „Ich bin auf einem Pferd geritten!“, rief er atemlos.
Emily brachte es nicht übers Herz, ihm die gute Laune zu verderben.
„Du wolltest mich sprechen?“, fragte Stephen.
„Ich erzähle dir später, um was es geht“, versicherte Emily. „Aber zunächst möchte ich alles über deinen ersten Ausritt hören.“ Sie lächelte Royce zu, der daraufhin begann, von seinem Abenteuer zu erzählen. Amüsiert lauschte Stephen dem Jungen und wirkte dabei beinahe väterlich.
„Er hat sich wacker geschlagen, obwohl ich befürchte, dass ihm morgen das Hinterteil wehtun wird.“
„Es geht mir gut“, versicherte Royce. „Reiten wir später noch mal?“
Stephen schüttelte den Kopf. „Morgen.“ Und mit einem Blick auf den leeren Gebäckteller fügte er hinzu: „Warum gehst du nicht in die Küche und siehst nach, ob es noch ein paar Kekse gibt?“
Nachdem der Junge gegangen war, wandte Stephen sich an Emily. „Du siehst besorgt aus. Ist alles in Ordnung?“ Er massierte ihren Nacken, um die Anspannung zu vertreiben, und Emily bekam eine Gänsehaut.
Am liebsten hätte sie sich an ihn geschmiegt, den Kopf an seine Schulter gelegt und ihm ihr Herz ausgeschüttet, damit sie die Last der Verantwortung nicht alleine zu tragen hatte. „Mr Terence Robinson, der Anwalt meines Bruders, war eben hier“, begann sie zögernd.
„Was hat er gewollt?“
„Daniels Testament hat sich endlich gefunden. Mr Robinson behauptet, dass mein Bruder nicht uns als Vormund für die Kinder vorgesehen hat, sondern meinen Onkel.“
Stephen umfasste ihre Taille. „Hast du das Testament gesehen?“
„Bisher noch nicht. Robinson will eine Abschrift schicken.“ Sie ergriff Stephens Hände. „Mein Onkel hat uns und die Kinder zu sich eingeladen.“
„Du bist anscheinend besorgt deswegen. Wieso?“
„Es kommt alles so plötzlich. Warum ausgerechnet jetzt? Warum
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