Der Earl und sein verführerischer Engel (Historical) (German Edition)
du die Vormundschaft für die Kinder?“, fragte sie unverblümt. „Du hast keinen Vorteil davon.“
Nigels Lächeln vertiefte sich. „Es ist, als erhielte ich dadurch die Chance, doch noch Vater zu werden – eine Erfahrung, die ich sehr gerne machen würde. Gibt es denn ein größeres Vergnügen, als ein Kind aufwachsen zu sehen? Ich kann ja verstehen, dass du sie nur ungerne gehen lässt“, fügte er wehmütig hinzu. „Royce ist ein aufgeweckter kleiner Kerl und Victoria ein echter Sonnenschein.“
Nigels Interesse an den Kindern schien aufrichtig zu sein. Außerdem bestand kein Zweifel daran, dass er ihnen sämtliche Wünsche von den Augen ablas. „Wenn du bei uns bleibst, solange dein Gatte verreist, bietest du mir Gelegenheit, deine Bedenken zu zerstreuen“, schlug er vor. „Whitmore erwähnte, dass er geschäftlich in London zu tun hat.“
Emily dachte an ihren erbitterten Streit mit Stephen. Vielleicht wäre es gar keine so schlechte Idee, wenn sie bei den Kindern blieb. Zumindest könnte sie dann sicher sein, dass ihnen nichts zustieß. „Ich habe leider nur das Nötigste an Gepäck bei mir“, gestand sie bedauernd. „Ich bin ziemlich übereilt aufgebrochen.“
„Würdest du mir gestatten, dir ein paar neue Kleider zu schenken?“, fragte Nigel ruhig.
„Nein, das kann ich wirklich nicht …“
„Dann lass es mich so formulieren“, unterbrach er sie. „Dir hätten eine angemessene Garderobe und ein sorgenfreies Leben von klein auf zugestanden. Dass dein Bruder in Gelddingen falsche Entscheidungen getroffen hat, ist nicht deine Schuld. Aber wenn ich darf, würde ich gern ein wenig von dem, was du entbehren musstest, wiedergutmachen.“
„Unter keinen Um…“
„Nein, ich betrachte die Angelegenheit hiermit als abgemacht. Keine Widerworte.“ Nigel läutete ein Glöckchen, woraufhin ein Bediensteter erschien, dem er die erforderlichen Anweisungen gab. Emily fühlte sich von der freundlichen Bestimmtheit ihres Onkels völlig überrumpelt.
Lächelnd beugte er sich zu ihr, und der Eifer, mit dem er ihr helfen wollte, schien echt. „Und jetzt würde ich gerne hören, wie es zu eurer Hochzeit gekommen ist. Erzähl mir alles.“ Er schenkte ihr Tee nach.
Nachdenklich hielt Emily die Tasse in den Händen und konnte nicht fassen, dass sie Tee mit dem Mann trank, der ihr die Kinder wegnehmen wollte. Trotzdem berichtete sie, wie es zu der heimlichen Heirat gekommen war.
„Wunderbar“, sagte er schließlich. „Es freut mich sehr, dass du eine so gute Partie gemacht hast. Whitmore ist ein einflussreicher Mann, und man sagt ihm nach, dass er sehr organisiert und geschäftstüchtig ist.“
Emily dachte an Stephens tadellos aufgeräumte Bibliothek und seine ordentliche Handschrift, mit der er alle Ausgaben für die Ländereien in fein säuberlich angeordneten Kolonnen dokumentierte. Auch beim Liebesspiel war er sehr gewissenhaft vorgegangen, als er nahezu jede Stelle ihres Körpers mit Küssen verwöhnt hatte. Mühsam zwang sie sich, nicht daran zu denken.
„Bestimmt möchtest du erst mit ihm reden“, vermutete Nigel. „Es wärmt mir das Herz, wie sehr ihr aneinander hängt.“
Im Augenblick hatte sie eigentlich weniger daran gedacht, dass sie ihn vermisste. Sie furchte die Stirn, gleichermaßen verwirrt wie verärgert. „Wir sind verheiratet, sonst nichts.“
„Aber du bist doch sicherlich stolz, eine Countess zu sein? Es ist mehr, als du jemals erhoffen konntest.“
Unwillkürlich lachte sie auf. „Ich bin ganz bestimmt keine Countess“, entgegnete sie verbittert.
„Fühlst du dich der gesellschaftlichen Stellung nicht gewachsen?“, fragte Nigel vorsichtig.
„Was meinst du?“
Er zuckte mit den Schultern. „Es wäre nicht verwunderlich, immerhin bist du nie zu einer Dame erzogen worden. Wie sollst du dich da wohlfühlen als Gattin eines Earls? Eine Countess hat zahlreiche Verpflichtungen.“
„Versuchst du, mich zu beleidigen?“
Er schüttelte den Kopf. „Ich biete dir lediglich meine Hilfe an. Dieser Besuch wird dir bestimmt zustatten kommen. Mit neuen Kleidern und einer entsprechenden Schulung machst du dich bestimmt sehr gut in deiner gesellschaftlichen Rolle.“
Schaudernd dachte Emily an den letzten Ball zurück. „Nein, vielen Dank.“
„Du hast immer noch Angst? Ich hätte dich für mutiger gehalten.“
„Ich habe meine Lektion gelernt. Die feine Gesellschaft ist Außenseitern gegenüber nicht besonders wohlgesonnen.“
„Von wem genau redest du? Etwa
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