Der Eden Effekt
amerikanische Bürgerin, die auf amerikanischem Boden entführt wurde? Da gelten ganz andere Regeln.«
»Du meinst also, ich sollte mich entspannen und mein Essen genießen?«
»Warum nicht? French hat vorläufig nichts zu befürchten«, sagte sie und schaute ihn nachdenklich an. »Das bedeutet aber auch, dass er genau die Person in seiner Gewalt hat, die ihm das vollständige Modell geben kann.«
»Was schlägst du vor?«
»Ich schlage vor, wir lassen uns dieses leckere Essen schmecken. Anschließend kehren wir ins Hotel zurück, ziehen uns aus und legen uns auf unser traumhaftes Bett. Dann verwöhne ich dich mit einer Ganzkörpermassage. Wenn sich deine Verspannungen gelöst haben, kannst du weiter an dem Modell arbeiten.«
»Das hört sich enttäuschend an.«
»Warum?«, erwiderte Michelle mit einem verführerischen Blick. »Meine Aufgabe ist es, dafür zu sorgen, dass du an dem Modell arbeitest ... Es sei denn, du findest eine Möglichkeit, um mich abzulenken.«
Als sie zurückkehrten, steckte der Papierkeil noch immer unter der Tür, und auch die winzige Ecke Paketband klebte noch an der ursprünglichen Stelle. Mark warf nur einen flüchtigen Blick auf den Karton, ehe er sich entkleidete und dann Michelle zuwandte.
Sie abzulenken würde ihm leichtfallen. Ihm war alles recht, wenn er nur nicht wieder an dem Modell arbeiten musste. Nach Michelles herrlicher Massage bediente er sich jeden Tricks, um ihr Vergnügen zu verlängern.
Als er sich schließlich erschöpft auf den Rücken fallen ließ und die Luft auf seinem heißen Körper genoss, verschwand Michelle kurz im Badezimmer.
Als sie zurückkehrte, schaltete sie das Licht aus und legte sich neben ihn. »Das Modell läuft uns nicht weg«, murmelte sie.
Mark konnte nicht einschlafen. Stattdessen lag er in der Dunkelheit, starrte an die Decke und dachte an Anika. Er hatte vor Augen, wie sie mit nachdenklicher Miene in seinen Seminaren gesessen hatte. Erinnerungen an Begegnungen in ihrem Büro quälten ihn, und wie sie einst jedes Mal, wenn er ihre Tür öffnete, aufgeregt den Blick gehoben hatte.
Er erinnerte sich an die Nacht, als er sie zum ersten Mal geküsst und mit seinen Fingern durch ihr dickes rotes Haar gefahren war. Sie hatten nur wenige Male miteinander geschlafen, aber seltsamerweise konnte er sich an jede Einzelheit erinnern.
Warum zum Teufel habe ich nur diesen verdammten Artikel geschrieben? Er hatte nichts als Unglück gebracht.
Weil ich ein egoistischer Mistkerl bin. Eigentlich müsste er jetzt in Kasperskis Reich des Bösen sein. Es war alles seine Schuld.
Als Michelle leise aus dem Bett stieg und »Mark?« flüsterte, stellte er sich schlafend. Mark hatte das dringende Bedürfnis, mit seinen Gedanken allein zu sein.
Aus den Augenwinkeln sah er, dass Michelle sich in der Dunkelheit anzog, auf Zehenspitzen zur Tür ging und den Knauf leise zur Seite drehte. Dann öffnete sie die Tür einen Spaltbreit, huschte hindurch und verschwand.
Mark sprang aus dem Bett, zog seine Hose an und streifte ein T-Shirt über den Kopf. Als er das Zimmer verließ, sah er den Waschlappen, den sie zwischen die Tür geklemmt hatte, damit diese nicht zufiel.
Barfuß tappte er über den Gang, spähte um die Ecke und ging auf die Treppe zu.
Wohin sie wohl gegangen ist? Es war mitten in der Nacht.
Mark stieg die Treppe hinunter und warf einen Blick in die historische Hotelhalle. Michelle stand im dunklen Eingang zur Bar. Sie sprach mit jemandem und unterstrich ihre Worte mit kleinen Gesten.
Mark sah die Silhouette einer Person in der Bar, ein Schatten in der Dunkelheit. Der Mann erteilte ihr offenbar Anweisungen und zählte die einzelnen Punkte mit den Fingern auf. Michelle nickte.
Während des Gesprächs reichte er ihr eine kleine Plastikschachtel. Michelle öffnete sie, nahm eine Spritze heraus und hielt sie in das dämmerige Licht. Dann nickte sie und steckte die Spritze wieder in die Schachtel.
Eine Spritze? Um was zu injizieren? Und wem?
Mark lief ein kalter Schauer über den Rücken, als er begriff, für wen die Spritze bestimmt war.
Wenig später drehte Michelle sich um und hätte beinahe in seine Richtung gesehen. Doch in letzter Sekunde wandte sie sich wieder dem Mann zu und sprach noch kurz mit ihm. Mark lief die Treppe hinauf, bog um die Ecke und blieb dann kurz stehen. Vorsichtig warf er einen Blick zurück. Michelle ging mit besorgter Miene auf die Treppe zu, während der Mann das Hotel verließ.
Er war dick, hatte ein kantiges Gesicht
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