Der Eden Effekt
runzelte sie die Stirn und nickte. »Erinnern Sie sich, was wir über den Toten auf den Schienen erfahren haben? Er hat früher bei Blackwater gearbeitet. Als Sie den Typen auf dem Flur der Anthropologie gesehen haben, dachten Sie sofort an Blackwater. Das Opfer auf den Schienen, dieser Fetzer, wurde getötet, um ein Exempel zu statuieren. Vielleicht handelte es sich um eine Botschaft für den anderen Mann. Halten Sie sich da raus, oder Sie enden wie Ihr Freund auf den Schienen!« Anika hob den Blick. »War Denise’ Entführung eine Vergeltungsmaßnahme? Eine Botschaft, die lautet: Wir lassen uns nicht einschüchtern. Wir haben einen Trumpf in der Hand, den wir gegen euch verwenden können.«
Anika rieb sich die Augen. »Nein. Ich bin so erschöpft, dass meine Fantasie wohl mit mir durchgeht. So etwas passiert nicht in Laramie. Es muss eine einfache, harmlose Erklärung geben.«
Maureen beobachtete die junge Frau, die angestrengt versuchte, Ruhe zu bewahren. »Anika, während der Ermittlungen im Fall der White Star und auch noch danach habe ich viele Dinge auf die harte Tour lernen müssen. Amy Randalls Vorgänger hat mich nur als Bauernopfer gesehen, und dann hat er versucht, mich zu töten, um seine eigenen Ziele zu erreichen. Er wollte unbedingt Außenminister werden. Was ist das im Vergleich dazu, Milliarden zu verdienen, indem man die Zukunft vorhersagt?«
»Sie machen mir Angst, Maureen.«
»Mir wird bei dem Gedanken auch ganz mulmig.«
9. KAPITEL
STEPHANIE HUNTZ FÜHRTE Mark über den gepflegten Rasen zu einem der großen Gebäude neben der Lichtung. Das Haus war unverkennbar im bayerischen Stil gebaut: zwei Stockwerke mit einem breiten, flachen Giebeldach. Das obere Stockwerk war mit Holzschnitzereien verziert, und auf beiden Seiten befanden sich Balkone, die von dem überhängenden Dach überragt wurden. Bleifenster wurden von kunstvollen Stuckverzierungen umrahmt.
»Hübsch«, sagte Mark.
»Wir nennen diesen Stil ›Lüftlmalerei‹. Es handelt sich um eine in Bayern heimische Form der Fassadenmalerei.«
Im Inneren erwarteten ihn jedoch keine dunklen Gänge, sondern hochmoderne Büroräume wie überall in der Welt: geflieste Böden, große Grünpflanzen und breite Korridore. Alles bestand aus Aluminium, Edelstahl und Glas. Mark schaute durch die Glastüren in große Büros, wo sich Leute an ihren Arbeitsplätzen über Computer beugten. In einem Büro beobachtete eine Gruppe von Männern und Frauen eine ganze Wand voller Börsenticker. Die Zahlen liefen über die Monitore und gaben den Stand des Dow Jones, von NASDAQ, FTSE, Hongkong, BOLSA und anderer Börsenindizes an, die er nicht kannte. Mark konnte nur einen kurzen Blick daraufwerfen, denn Stephanie blieb vor einem Aufzug mit glänzenden Messingtüren stehen, in denen man sich beinahe spiegeln konnte. Sie drückte auf die Taste. »Vorläufig ist Ihr Büro im Untergeschoss.«
Im Aufzug drückte sie auf 3, dann fuhren sie in die Tiefe.
Mark trat auf einen Gang, der von Büros mit Glaswänden gesäumt war. Auch hier herrschte hektische Aktivität.
»Ich hätte nicht gedacht, dass hier so viele Menschen wohnen.«
»Es gibt noch ein anderes Wohnhaus hinter den Bäumen. Es ist größer als Ihres.« Stephanie zwinkerte ihm zu. »Die Wohnungen sind nicht so schön. Und einige der Analytiker wohnen in München oder einem Vorort. Sie unterstehen nicht Ihrer Sicherheitsstufe und arbeiten nicht mit Ihnen und Ihrem Team zusammen.«
»Verstehe.«
»Das hoffe ich. Ab sofort sprechen Sie nur noch mit Ihrem Team über Ihre Arbeit.«
»Und mit Ihnen.«
»Natürlich.«
Stephanie führte ihn zur letzten Tür auf der rechten Seite, die im Gegensatz zu den anderen nicht aus Glas bestand.
Sie nahm eine Schlüsselkarte aus der Tasche, zog sie durch das Lesegerät und gab einen Code ein. »Sie bekommen später auch eine Schlüsselkarte und einen Sicherheitscode. Jetzt stelle ich Sie Ihrem Team vor«, sagte sie und öffnete die Tür.
Mark betrat den Raum, der ihn an eine Einsatzzentrale im Pentagon erinnerte. An den Wänden hingen riesige Monitore, unter denen Computer standen. Der ovale Tisch in der Mitte des Raumes war von schwarzen Bürostühlen umringt. Seine Kisten mit den FedEx-Aufklebern standen in der Mitte.
Pierre LeFevre kam mit ausgestreckter Hand auf ihn zu. »Dr. Schott! Endlich.« Er begrüßte Mark per Handschlag und drehte sich dann um. »Da ich noch andere Aufgaben wahrnehmen muss, möchte ich Ihnen vorher Ihr Team vorstellen. Das ist
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