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Der Effekt - Roman

Der Effekt - Roman

Titel: Der Effekt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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gigantischer Betrug war. Aber er war zu dem Ergebnis gekommen, dass niemand auf dieser Welt, weder ein Individuum noch eine Gruppe noch ein Staat, in der Lage war, ein derartig wahnsinniges Horrorszenario vorzutäuschen. Die Vereinigten Staaten von Amerika waren einfach weg, das war eine Tatsache.
    Er schob sich noch ein paar Tabletten in den Mund und lutschte sie, während er verschiedene Fenster auf seinem Computerbildschirm auf und zu klickte. Er kämmte diverse Reportagen durch, sah sich die Bildberichte von kanadischen Fernsehteams an, alle möglichen Webcams. Er besuchte Dutzende von Chat-Sites, denen vor wenigen Stunden die meisten ihrer Teilnehmer verlorengegangen waren, deren letzte Einträge oftmals abrupt abbrachen. Der Besuch einer Online-Spiele-Website brachte ihm schließlich die Gewissheit. Er hatte sich irgendwann einmal bei Blizzard.net eingeloggt, als er für einen Artikel über Möglichkeiten von Computersimulationen bei der Ausbildung von Soldaten recherchiert hatte. In allen Bereichen der virtuellen Welt, durch die er sich nun bewegte, fand er stumm und regungslos herumstehende Avatare, die auf
die Instruktionen ihrer Besitzer warteten. Unter ihnen, in dem kleinen Fenster für die Dialoge zwischen den handelnden Charakteren, waren zahlreiche amüsierte, verunsicherte und verängstigte Kommentare von Teilnehmern aus Gegenden jenseits von Nordamerika. Die meisten beklagten sich, dass fast niemand mehr online wäre, nachdem auch die Überlebenden sich abgemeldet hatten, um woanders hinzugehen, möglicherweise auf Nachrichtenseiten, um sich über die aktuellen Entwicklungen in der realen Welt zu informieren.
    »Ein düsterer Tag, mein Freund. Ein sehr düsterer Tag.«
    Melton schaute auf. Gerade hatte er noch über der Multiplayer-Version von »Diabolo« gebrütet, jetzt blickte er in das Gesicht von Sayad Al-Mirsaad, dem Korrespondenten von Al-Dschasira.
    »Darf ich?«, fragte er und deutete auf den Sitz gegenüber von Melton.
    »Na klar«, sagte der in einem Ton, der klarmachte, dass er sich gestört fühlte. »Setz dich ruhig, Sadie.«
    Sein jordanischer Kollege hatte es längst aufgegeben, dagegen zu protestieren, dass sein Vorname derart verunstaltet wurde. Irgendwann war ihm klargeworden, dass Melton auf diese Weise nur seine Zuneigung ausdrückte. Andere Amerikaner hatten viel schlimmere Namen für ihn.
    »So wie du aussiehst, glaubst du es jetzt wohl auch, hab ich Recht?«, sagte Al-Mirsaad ohne den leisesten ironischen Unterton. Er verfügte, genau wie Melton, über eine umfassende Bildung. Beide Männer waren gläubig und hatten so manche Stunde damit zugebracht, über Gott und die Welt zu debattieren.
    Melton zuckte mit den Schultern und machte eine resignierte Handbewegung, die so etwas wie Vergeblichkeit andeuten sollte. Er antwortete nicht. Um ihn herum tobte der Lärm der durcheinanderschreienden Journalisten. Jeder wollte unbedingt seine eigene Theorie über die Vorfälle
zum Besten geben. Der Raum war angefüllt mit negativer Energie. Die allgemeine Anspannung war beinahe körperlich zu spüren. Al-Mirsaad schien erstaunlicherweise genauso deprimiert zu sein wie sein amerikanischer Freund.
    »Nicht alle sind der Meinung, dass dies ein schlechter Tag ist, Sadie«, sagte Melton schließlich. »Irgendwelche Arschlöcher werden Dankgebete gen Himmel schicken und Gott dafür preisen, dass er den großen Teufel vom Erdboden gefegt hat.«
    Er sah Al-Mirsaad direkt ins Gesicht und hatte den Eindruck, dass er genauso verstört war wie er selbst.
    »Wer so etwas tut, ist ein Dummkopf«, antwortete er. »Grundsätzlich ist alles, was geschieht, Gottes Wille, aber dies nicht. Im Umgang der Menschen miteinander offenbart sich Allahs Wille. Dies aber … ist etwas anderes.«
    »Das denke ich auch.« Melton nickte. »Aber bedeutet das nicht …«
    »He, hört auf mit dem Quatsch«, rief jemand quer durch den Raum. »Saddam steckt dahinter!«
    Der Name wirkte wie ein Zauberwort. Alle wurden leise. Melton drehte sich um und schaute auf den Fernsehschirm an der Wand hinter ihm. Dort war jetzt der irakische Staatspräsident zu sehen, der strahlte wie ein Piratenkapitän, dem die größten Schätze der Welt in den Schoß gefallen waren. Es war eine Übertragung des Nachrichtensenders Al-Dschasira, und der Kommentator sprach Arabisch.
    »Was redet der da?«, fragte jemand. Melton warf Al-Mirsaad einen auffordernden Blick zu, er solle übersetzen, aber da sprach auch schon eine andere Stimme laut und in

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