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Der Effekt - Roman

Der Effekt - Roman

Titel: Der Effekt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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zu sehen war.
    Dr. Colbert nickte zerstreut. Er sah jetzt zum TV-Apparat und schien sich nicht mehr davon losreißen zu können. Dort waren wieder andere Aufnahmen zu sehen. Sie zeigten den Augenblick kurz vor der Kollision eines riesigen Tankers mit dem Hafenkai in einer Stadt, die sie nicht identifizieren konnte. Zwei Bildausschnitte zeigten aus unterschiedlichen Perspektiven, wie er mit voller Kraft gegen die Hafenanlage prallte. Die nächsten beiden Aufnahmen zeigten die Folgen des Aufpralls, als das vordere Viertel des Supertankers zusammengedrückt wurde, während gleichzeitig das Wasser um das Schiff herum sich weißlich verfärbte und die Kräne auf den Kaimauern kippten. Ein weiterer Ausschnitt zeigte eine mächtige Detonation mittschiffs, den weißen Blitz der Explosion und das Zerbersten der stählernen Schiffshaut. Der Tanker wurde durch die Detonation über die ganze Seite hinweg aufgerissen. Es sah aus wie eine Supernova.
    Maggie starrte das Geschehen leise vor sich hinfluchend an. Tante Celia wiederholte in einem fort: »Verdammte Scheiße … verdammte Scheiße …«
    Jedes Mal, wenn sie es sagte, verschränkte sie die Arme und ließ sie wieder herabfallen wie eine defekte mechanische Puppe. Monique hingegen weigerte sich, auf den Bildschirm zu sehen.
    »Du hast aber behauptet, du könntest überhaupt nicht Französisch sprechen«, beharrte sie.

    Dr. Colbert schüttelte den Kopf wie ein aus dem Wasser kommender Hund. Er wedelte mit seinem Klemmbrett, um Monique zur Räson zu bringen, schaffte es aber nur halbherzig, sich um Caitlin zu kümmern. Er war jetzt völlig im Bann der Katastrophe, die sich wenige Zentimeter über dem Krankenbett auf dem TV-Gerät abspielte.
    »Wir haben ein paar Scans gemacht, als Sie bewusstlos waren«, sagte er auf Englisch. »Sie haben eine Verletzung am Hippocampus, jenem Teil des Gehirns, der für die Verwaltung der Erinnerungen zuständig ist. Aber wir müssen noch eine Biopsie machen, um die Eigenart der Verletzung herauszufinden. Es könnte sich um eine ernste Angelegenheit handeln. Viel ernster als die Verletzungen, derentwegen sie hier eingeliefert wurden. Die sind zwar unangenehm, können aber wieder heilen.«
    Caitlin Monroe war fünf Jahre lang als Agentin für Echelon tätig gewesen. Vorher hatte sie sich drei Jahre lang in einem Intensivtraining auf ihre Arbeit vorbereitet. Ihr gesamtes erwachsenes Leben hatte sie in diesem verrückten Zustand gelebt, in dem jeder Schritt, den sie machte, sie mit Verrat oder Tod konfrontieren konnte. Sie hatte sich mit dieser ungewissen Existenz abgefunden und lebte damit, dass nichts so war, wie es ihr erschien. In dieser Zeit hatte sie schon so oft dem eigenen Tod gegenübergestanden, dass ein Arzt, der ihr mitteilte, dass sie sterben musste, ihr nur ein müdes Lächeln entlocken konnte. Jedenfalls an einem normalen Tag.
    Aber dies hier war alles andere als ein normaler Tag. Mit einem Mal kam es Caitlin so vor, als wäre es etwas ganz Neues und Erschütterndes, dass ihr Leben jetzt womöglich enden könnte, es gefiel ihr gar nicht. Der Gedanke an den eigenen Tod war plötzlich unangenehm, schmerzlich, beängstigend, egal aus welcher Perspektive sie den Umstand betrachtete.
    »Werde ich sterben?«

    »Nein«, sagte Dr. Colbert. »Aber …«
    Der Fernsehschirm wurde schwarz und leer.
    »Was zum Teufel …«
    Zwei Worte erschienen auf dem dunklen Rechteck:
    KURZE UNTERBRECHUNG
    »Heilige Scheiße!«, rief Maggie aus. »Jetzt geht das auch bei uns los!«
    »Nein!«, stieß Caitlin hervor und versuchte, ihre Panik zu zügeln. Sie hörten Hilferufe und hysterische Schreie aus den anderen Räumen des Krankenhauses. »Wartet!«
    IN KÜRZE WIRD DIE REGIERUNG EINE ERKLÄRUNG ABGEBEN
    »Schaltet um auf die französischen Kanäle«, sagte sie. »Damit wir sehen, ob sie immer noch funktionieren. Oder auf einen englischen Sportsender.«
    Monique hörte auf, sie anzustarren, und ging die Sender mit der Fernbedienung durch. Wie Caitlin erwartet hatte, waren alle Kanäle auf dem Kontinent noch auf Sendung, genauso wie Sky Racing und die englischen Fußball-Kanäle. Auch wenn das Ende der Welt nahte, konnte dies nicht verhindern, dass die alten Spiele der Champions League wiederholt wurden.
    »Das hat nichts zu bedeuten«, beruhigte sie die anderen, während sie mit der einen Hand, an der weniger Schläuche befestigt waren, ihre pochenden Schläfen rieb. »Die Regierung hat die Kontrolle über die Nachrichtensender übernommen. Das ist ein

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