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Der Effekt - Roman

Der Effekt - Roman

Titel: Der Effekt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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irgendwelche Gehaltszahlungen bekommen. Und selbst wenn etwas gekommen wäre, hätte es nichts gebracht. Der Dollar war wertlos geworden.
    »Okay, wir müssen das jetzt entscheiden. Wir stellen eine Kommission zusammen. Wir nehmen uns jeden einzelnen Fall vor und entscheiden dann. Richtig üble Burschen wie Khalid werden wir dem Kriegsrecht entsprechend behandeln. Wenn sie verurteilt sind, können sie alle gleich behandelt werden.«
    Lieutenant Colonel Stavros schien das nicht zu gefallen.
    »Aber General, fast alle, die mit diesen Fällen befasst waren, befanden sich auf dem Festland. Die Ankläger, die Verteidiger, die ganzen Akten. Das ist alles weg. Wie wollen wir sie dann anklagen? Wie soll das gehen …«
    Musso unterbrach ihn mit einer heftigen Handbewegung.

    »Ich hab ja nicht behauptet, dass es eine tolle Lösung ist, George. Aber es wäre eine schnelle. Ein paar von diesen Kerlen gehören an den Galgen. Andere sind hier ohne eigenes Verschulden gelandet. Schauen wir einfach, wer durchs Raster fällt und wer nicht. Ich will das in einem Monat erledigt haben.«
    »Ein Monat? Aber wir haben Hunderte von Gefangenen hier. Und wohin sollen wir sie dann schicken?«
    »Eine ganze Reihe können zurück in ihre Heimatländer, wenn die Israelis noch was davon übrig gelassen haben. Wir haben eine Menge Pakistaner hier. Die kann Musharraf übernehmen. Vielleicht haben wir ja Glück, und die Inder entschließen sich, die Bombe abzuwerfen, nachdem sie gelandet sind. Die anderen sind Saudis, Jordanier und Afghanen. Die schicken wir nach Hause. Was dort mit ihnen geschieht, ist Sache der jeweiligen Regierung. Ehrlich gesagt, glaube ich nicht, dass viele von ihnen überleben werden, aber das ist nicht mein Problem. Ein Monat, Colonel. Darüber denke ich jetzt nicht mehr nach. Ich hab so schon genug Ärger. Zum Beispiel mit denen da.«
    Stavros drehte sich in die Richtung, in die Musso blickte, und sah zwei Zivilisten näher kommen: Dr. Griffiths und sein Assistent Tibor, der von allen Igor genannt wurde. Sie liefen die Straße vor Camp 4 entlang und schwitzten heftig.
    Griffiths begann zu nörgeln, kaum dass er in Hörweite gekommen war.
    »Endlich habe ich Sie gefunden, General. Ich protestiere gegen die mangelnde Unterstützung durch Ihre Leute. Muss ich Sie daran erinnern, dass ich von Ihren Vorgesetzten hierhergeschickt wurde? Ich soll die Energiewelle erforschen. Aber anstatt meine Arbeit zu tun, muss ich mich die ganze Zeit von ihren Untergebenen herumschubsen lassen.«

    »Guten Tag, Dr. Griffiths. Wie immer ist es eine Freude, Sie zu sehen. Nein, Sie müssen mich nicht daran erinnern«, sagte Musso. »Ich habe Ihre Klagen jetzt schon so oft gehört, dass mir das Lamento sofort in den Sinn kommt, wenn ich Sie nur aus der Ferne sehe. Was Ihre Recherchen betrifft - dabei behindert Sie niemand. Alle meine Untergebenen folgen nur den Befehlen. Sie dürfen nicht in die Sperrzone vor der Energiewelle gehen, weil Ihnen das verboten wurde. Die Welle ist lebensgefährlich, Doktor. Sie verschluckt die Menschen. Sie hat in der ersten Woche seit Ihrer Ankunft einen von Ihren Leuten verschluckt. Übrig blieben nur schwarzer Schleim und ein weißer Kittel. Ich lasse nicht zu, dass meine Männer auch dran glauben müssen.«
    Mussos Stimme wurde lauter, er war wütend. Er ging an den Zivilisten vorbei zu seinem Geländewagen, neben dem der Fahrer bereitstand. Auf dem Vorplatz war das gelbe, trockene Gras mittlerweile kniehoch gewachsen. Es musste dringend gemäht werden, damit keine Feuergefahr davon ausging. Er hörte, dass Stavros hinter ihm her ging, aber in Gedanken war er ganz woanders. Er schaute über das blaue Wasser, das zwischen den Gefängnisbauten schimmerte, und versuchte sich zu beruhigen. Längst schon hatte er bemerkt, dass er immer schneller die Fassung verlor. Früher war er stolz darauf gewesen, jederzeit beherrscht zu sein. Dafür war er bekannt gewesen. Deshalb war er ein guter Anwalt gewesen. Aber in ihm steckte auch eine zerstörerische Kraft, und die brach in letzter Zeit immer wieder durch. Nachdem der erste Schock vergangen war, hatte er realisiert, was er alles verloren hatte, ganz persönlich.
    Nachts lag er schlaflos in seinem Bett und litt unter dem Verlust seiner Familie. Es war falsch, ihren Tod als so viel schlimmer zu erachten als den von hundert Millionen anderen, die zur gleichen Zeit gestorben waren. Aber so ist
der Mensch nun mal. Mit jedem Tag fiel es ihm schwerer, mit dieser Situation

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