Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Effekt - Roman

Der Effekt - Roman

Titel: Der Effekt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
Vom Netzwerk:
treffen.
    »Die Kuwaiter wollen nicht, dass Gefechte auf ihrem Gebiet stattfinden, deshalb marschieren wir ein. Sie nehmen dann ihre Position an der westlichen Flanke der Koalitionstruppen ein, auf irakischem Gebiet auf der anderen Seite von Wadi al-Batin. Diese Basislager sind strategisch
betrachtet nicht die besten, also werden wir dem ersten Grundsatz der Kriegskunst folgen.«
    »Den Feind so weit wie möglich herauslocken«, sagte Melton und nickte.
    »Genau«, stimmte Lohberger zu. Melton wusste, dass er mal Ranger gewesen war und sich im Kampf an vorderster Front auskannte. Aber trotzdem zuckte er kurz zusammen, während Lohberger weitersprach: »Die Air Force soll die Lufthoheit übernehmen und die Brücken zerstören. Dadurch wird es für uns ein bisschen leichter. Wenn es dem Gegner trotzdem gelingen sollte weiterzukommen, wird er von unserer Artillerie angegriffen. Und der Rest bleibt dann für uns übrig.«
    Melton beherrschte sich, um nicht die naheliegendste Frage zu stellen.
    Warum?
    Warum mussten sie das jetzt vom Zaun brechen? Saddam war doch gar keine Gefahr mehr für Amerika. Und wenn die Friedensaktivisten Recht hatten, dann ging es bei diesem Krieg doch nur ums Öl und darum, die Profite von Halliburton in die Höhe zu treiben, damit Dick Cheney sich anschließend seinen Ruhestand vergolden lassen kann … also, was sollte das alles? Cheney war weg. Bush ebenfalls. Und Hunderte Millionen von Amerikanern, die diese Soldaten hier angeblich verteidigten. Melton fiel es schwer, die widerstreitenden Gedanken unter einen Hut zu bringen. Warum, zum Teufel, packten sie nicht einfach ihre Sachen und ließen die Angelegenheit auf sich beruhen?
    Natürlich würde sich dann sofort die Frage stellen, wo sie hingehen sollten.
    Nach Hawaii? Alaska? Den nordwestlichen Pazifik? Er konnte sich nicht vorstellen, dass jemand in Seattle bleiben wollte. Nicht, so lange diese gefräßige Blase dort herumhing.

    Lohberger kam zum Ende und befahl dem Verbindungsoffizier der Air Force, Bericht zu erstatten. Bret Melton merkte, wie seine Gedanken abschweiften. Aber seine privaten Gedanken, Erinnerungen und die Schockwelle, die ihn durchfuhr, wurden unterbrochen von Jaanson, der laut fragte: »Alles in Ordnung mit Ihnen, Sir?«
    Die Sitzung war beendet. Melton wurde rot, weil er sich ertappt fühlte. Er hatte den ganzen Tag schon andere Menschen beobachtet, denen es ähnlich gegangen war, wie ihm eben. Männer und Frauen, die einfach nur dagestanden und mit ausdruckslosen Gesichtern ins Nichts gestarrt hatten.
    Manche sahen dabei aus, als wären sie gerade aus einer Elektroschockbehandlung gekommen. Es war eine milde Form des Schocks, vermutete er. Der rationale Teil des Gehirns stellte seine höheren Funktionen ein, damit das Hinterhirn die Verletzungen verarbeiten konnte, die die Psyche abbekommen hatte. In den Jahrmillionen der Evolution war die Menschheit noch nie mit einer Gefahr konfrontiert worden, wie sie diese Energiewelle darstellte. Die Menschen mussten sich erst darauf einstellen, sich daran gewöhnen. Es sei denn, dieses gottverdammte Ding machte weiter und verschlang den gesamten Planeten.
    »Entschuldigung«, sagte er. »Es war ein anstrengender Tag. Ich bin ziemlich fertig.«
    »Also dann«, sagte Lieutenant Euler, der sich offensichtlich wieder gefangen hatte. »Wie wär’s, wenn Sie jetzt erst mal duschen, sich umziehen und etwas essen, Sir? Dann packen Sie Ihren Kram wieder zusammen und steigen in meinen Panzer ein. Wir sollen in dreißig Minuten gefechtsbereit sein, aber ich will, dass meine Jungs sich beeilen und schon in zehn Minuten so weit sind.«
    »Großartig«, sagte Melton mit dünner, müder Stimme und nur einem winzigen Hauch von Sarkasmus.

    Die Teilnehmer des Meetings brachen auf, und alle Offiziere gingen ihren Aufgaben nach, ganz offensichtlich erleichtert, dass sie etwas zu tun hatten.
    »Ich schicke Ihnen jemanden, der sie von der Journalistenunterkunft abholt, Mr. Melton«, sagte Jaanson. »Gehen Sie nicht von dort weg, okay?«
    »Ja, gut. Es wird nicht lange dauern. Ich hab sowieso nicht viel dabei.«
    Als sie das Zelt verließen, bemerkte er, dass sich im Camp einiges getan hatte. Die Aktivitäten, die er bei seiner Ankunft beobachtet hatte, waren verstärkt worden. Hunderte Männer, alle in voller Kampfmontur, eilten in formierten Gruppen vorbei und wirbelten Staubwolken auf. Das Rasseln ihrer Ausrüstung und das dumpfe Geräusch ihrer Schritte waren laut genug, um die Schreie und

Weitere Kostenlose Bücher