Der Effekt - Roman
hatte, bevor er in Katar gestartet war, die aber inzwischen womöglich von noch bizarreren Erkenntnissen abgelöst worden war.
Die Führungsoffiziere waren sprachlos. Außerhalb des Zelts, dessen Planen im Wüstenwind sachte wehten, wurden weiterhin Vorbereitungen für den Abmarsch getroffen. Gestern noch war alles in bester Ordnung gewesen. Und heute fühlte Melton sich wie ein Käfer auf einem Sandhügel, der von einem bösartigen Gott zum Spaß immer wieder nach unten gestoßen wird.
»Trotzdem danke für den Bericht«, sagte Lohberger schließlich. »Es war ziemlich unangenehm, überhaupt nichts zu wissen.«
Bret zuckte hilflos mit den Schultern.
»Ich kann nur weitergeben, was ich im Fernsehen und im Internet gefunden habe. Es sind bestimmt keine Gerüchte, aber …«
Die Männer waren allesamt jünger als er. Einige von ihnen hatten junge Familien gehabt. Lohberger mit seinen dreißig Jahren wirkte zwischen ihnen schon wie ein älterer Mann. Er atmete tief ein und starrte die Landkarte an, als hätte er gerade ein ekelhaftes Pornoheft im Kinderzimmer seiner Tochter entdeckt.
»Okay«, stellte er fest. »Von hier aus können wir daran überhaupt nichts ändern, und jetzt schon gar nicht. Immerhin
wissen wir nun mehr als noch vor zehn Minuten, aber das ändert nichts an dem, was wir in den nächsten Stunden tun müssen.«
Seine Stimme und seine Gestik waren harsch und distanziert. Melton bemerkte, wie die anderen Männer eine steifere Haltung annahmen. Der Anflug von Zweifel und Mutlosigkeit verschwand aus ihren Gesichtern. Sie wussten zumindest, was hier und jetzt ihre Aufgabe war und worauf es in den nächsten Stunden ankam.
»Darf ich fragen, was hier stattfinden soll?«, sagte Melton.
»Nein«, sagte Lohberger. »Aber Sie werden es in Kürze erfahren.«
Er deutete mit dem Finger auf eine bestimmte Stelle auf der Karte, die den Namen »OPLAN Katie« trug. Was darauf zu sehen war, sah aus wie ein Scherz auf die Sandkastenspiele zur Zeit des Kalten Krieges wie »Fulda Gap« und Ähnliches. Er fühlte sich gar nicht gut dabei. Eine Militäroperation zu diesem Zeitpunkt schien nicht viel Sinn zu machen, auch wenn sie einen netten Namen trug.
»Saddams Truppen marschieren auf uns zu. Er hat seine Leute aus den Gräben geholt, wo sie sich eingebuddelt hatten, und sie auf den Weg in unsere Richtung geschickt.«
»Ach du Scheiße.«
»Genau. Aber wir haben keine Zeit, darüber nachzudenken, ob uns das gefällt oder nicht.«
Melton beugte sich vor, um die Strategie namens OPLAN Katie zu studieren. Der grundlegende Plan war, dass alle Koalitionstruppen von Kuwait aus einmarschierten, so wie es ursprünglich geplant war. Auf der Karte war eine Phasenlinie zu erkennen, die durch die Sulaybat-Senke führte. Alle Einheiten der Koalitionstruppen sollten diese Linie halten und die irakischen Streitkräfte zermürben, die sich ihr näherten. Die Briten mit ihrer Ersten Division sollten
sich, wie ursprünglich geplant, auf die Einnahme von Basra konzentrieren. Melton schluckte jede Kritik an diesem Plan herunter. Sich jetzt in einen Häuserkampf zu begeben machte seiner Ansicht nach überhaupt keinen Sinn. Es passte nicht zu der eindeutigen technologischen und militärischen Überlegenheit der Koalitionsstreitkräfte.
Die Zielvorgabe für die 5. und 7. Kavallerie war der Flughafen Jalibah. Es war die gleiche Strategie, die damals in Mogadischu danebengegangen war. Vielleicht erklärte das, warum alle Anwesenden so blass aussahen.
Welcher Idiot hat sich denn diesen Plan ausgedacht?, überlegte er, behielt die Frage aber für sich und sagte stattdessen: »Auf welche Einheiten werden wir treffen?«
Sergeant Major Jaanson gab die Antwort: »Die Beschissensten natürlich. Miliz, Fedajin, Reservetruppen, ein paar Einheiten der Republikanischen Garde, aber so wie die sich voranbewegen, scheinen sie eher die Aufgabe zu haben, die anderen dazu zu zwingen, sich als Kanonenfutter verheizen zu lassen.«
Melton warf Lohberger einen Blick zu, und der Captain nickte heftig. »Wir haben bemerkt, dass es innerhalb der irakischen Reihen zu Feuergefechten kam. Die Republikanische Garde hat Milizeinheiten beschossen, als diese versuchten, den Vormarsch abzubrechen.«
Melton konnte sich nicht beherrschen, er deutete auf die Phasenlinie: »Aber Sie wollen sie doch sicherlich nicht angreifen?«
Captain Lohberger zuckte mit den Schultern, als sein Geschwader-Kommandant das Zelt verließ, um sich mit dem Brigade-Kommandanten zu
Weitere Kostenlose Bücher