Der Ehrengast
Finanzmärkte und auf der anderen Seite um eine geschickte Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften ging – der Bergbauminister brauchte keine Kenntnis von Erzen und Grubentechniken, das machten schon die großen Gesellschaften. »Wenn ich nur noch zwei Gwenzis hätte!« sagte Mweta gequält. »Nur zwei mehr!« »Einen fürs Finanzministerium und einen fürs Äußere, was?« »Genau.« Und Gwenzi hatte das Ideal der Afrikanisierung prächtig vorangetrieben – und die Lasten dafür den Gesellschaften auferlegt. In zwei Jahren würden durch intensive Ausbildungskurse, die die Gesellschaften entworfen und ausgeführt hatten, alle Arbeitsstellen bis hinauf zum Obersteiger von Schwarzen ausgefüllt sein. Mweta stürzteseinen Kaffee hinunter. »Vor ein paar Jahren haben sie uns da unten noch nicht mal Dynamit anvertraut.« Sie lachten. »Dafür gab’s natürlich andere Gründe.« »Als ich das letzte Mal hier war, sprach Phiri davon, Leute zur Verwaltung der Minen an der pädagogischen Hochschule auszubilden.« »Das Problem liegt darin, daß mit dem Beginn eines solchen Kurses eine Menge Lehrer ihren Dienst an den normalen Schulen quittieren werden. Sie haben dafür die notwendige Grundausbildung – und wenn man daran denkt, was ein Verwaltungsposten in den Minen im Vergleich mit dem einbringt, was man als Lehrer bekommt … Ich denke, jemand im Rang eines Verwaltungsdirektors dürfte doppelt soviel verdienen wie ein Schulrektor …? Wir können es uns nicht leisten, da unsere Ressourcen anzuzapfen, um hier ein Loch zu füllen.« »Am besten wär es, die Leute schon während ihrer Oberschulzeit den diversen Bildungszweigen zuzuteilen – so daß man für die Schulabgänger Stipendien für die Weiterbildung an der Hochschule hätte, wie man Stipendien für die Lehrerausbildung vergibt.«
Mweta knüllte eine Papierserviette zu einem Ball und zielte damit auf den Papierkorb. »Wieder eine Frage der Zeit. Zeit. Inzwischen müssen wir die Engländer behalten.« Mweta nannte alle Weißen Engländer: Südafrikaner, Rhodesier, Kenianer und andere, die ihre Fähigkeiten an jeder Ecke in Afrika feilboten. »Red trotzdem mit Phiri darüber, es ist eine Idee.« Mwetas Hirn bewegte sich zwischen Problemen hin und her wie der prüfende Blick eines Mannes, der einen Raum voller Meßgeräte und Skalen zu überwachen hat, deren zitternde Nadeln das Ansteigen und Abfallen irgendeiner unbekannten Energie anzeigen – Druck oder Elektrizität. Er redete nun von dem Schritt, den er vor einigen Wochen unternommen hatte, der überraschenden Ausweisung des hier im Exil lebenden Führers und seiner Gruppe von Flüchtlingen aus dem unmittelbar im Westen an sein Land grenzenden Staat. Diese Leute hatten noch vor der Unabhängigkeit im Land gelebt; tatsächlich war es, nachdem er – noch vor der Unabhängigkeit – eine gewisse Regierungsverantwortung hatte,eine seiner ersten Amtshandlungen gewesen, darauf zu bestehen, daß Jacob Nyanza, David Somshetsi und ihren Gefolgsleuten Asyl gewährt wurde. Offiziell hatte er sie nicht empfangen können – aus Angst vor den Reaktionen aus ihrer Heimat –; aber sie hatten ein Lager und in der Hauptstadt ein Büro gehabt, das von diversen ausländischen Organisationen, die mit ihren Anliegen sympathisierten, finanziert wurde. Nach außen hin unterhielt er mit dem Präsidenten ihres Landes normale, wenn auch nicht herzliche Beziehungen (das Mißtrauen war historisch gewachsen und reichte in die Zeit zurück, als Mweta und Shinza bei afrikanischen Staaten Unterstützung für ihre Unabhängigkeitsbewegung gesucht hatten); von Zeit zu Zeit hatte Präsident Bete Erklärungen abgegeben, in denen er etwas vage jenen »Bruder«-Ländern gedroht hatte, die den »Verrätern« ihrer Nachbarstaaten Unterschlupf boten. Mweta erklärte, weshalb es unmöglich geworden sei, Nyanza und Somshetsi weiterhin Aufenthalt zu gewähren. Selbstverständlich hatte er vor der Öffentlichkeit den wiederholten Vorwurf von Präsident Bete, Nyanza und Somshetsi verschafften sich Waffen und benützten das Land als Stützpunkt für Guerillatätigkeiten in ihrer Heimat, geleugnet … Er hielt inne und wandte sich an Bray; Bray deutete mit einer Geste an, daß das unvermeidbar gewesen war. »Sie scherten sich einfach um nichts mehr«, sagte Mweta. »Sie machten sich nicht einmal mehr die Mühe, irgendwas zu verbergen. Nyanza flog ein und aus, und in französischen Zeitungen gab es Bilder, wie er überall in Algier Hände schüttelte. Im
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