Der Ehrengast
Küchenblock, den die Quäker für sie im Lager errichtet hatten, hatten sie Maschinengewehre – ja, offenbar hatte man da bloß ein paar Kartoffeln aufgehäuft, die das wohl irgendwie verdecken sollten …« Es kam zum Ausbruch eines kleinen, nervösen Gelächters zwischen ihm und Bray. »Also blieb mir nichts anderes übrig.«
Bray holte ein Zigarillo heraus und behielt es zwischen den Lippen, ohne es anzuzünden. Und so hatten Nyanza und Somshetsi über die Grenze ins nordöstliche Nachbarland weiterziehen müssen, ein Land, das kein Mitgliedsstaat der Wirtschaftsunionwar, durch das ihr und Mwetas Staat in Kürze verbunden sein würden.
»Ich habe Jacob Nyanza getroffen. Kein Mensch weiß davon. Ich habe ihn gesehen, bevor sie gingen. Er war immer schon vernünftiger als Somshetsi.« Mweta hielt inne; natürlich hatte er gehofft, Nyanza würde ihn verstehen, wenn es Somshetsi schon nicht tat. Aber offenbar war das nicht der Fall gewesen. Bray zündete das Zigarillo an, und Mweta verfolgte die Züge, die den stumpfen Kopf aufglühen ließen. Er rauchte und trank nicht; der Einfluß der presbyterianischen Missionsschule, die er besucht hatte. »Hast du gelesen, was Tola Tola in Daressalam zu sagen hatte?« Brays Lippen öffneten und schlossen sich in regelmäßigen Abständen um das Zigarillo. Er nickte.
»War gut, was?«
»Eine der besten Reden dort«, sagte Bray, wobei sich der Rauch um seine Worte ringelte.
»Heute morgen erfahr ich übers Telefon, daß er nach Kopenhagen, Stockholm und Helsinki fahren wird.« Ein paar der wichtigsten Leute Mwetas hatten im Parlament aus der ersten Reihe heraus Fragen über die Reiseausgaben des Außenministers gestellt und ein Logbuch seiner Reisen vorgelegt, aus dem hervorging, daß er sich seit der Unabhängigkeit bloß ein paar Wochen lang im Land aufgehalten hatte. »Ja, wenn ich noch einen Gwenzi hätte«, sagte er. »Albert ist eifrig dabei, seinen Horizont zu erweitern, hast du das nicht gesagt? Wenn ihn jemand auf ein Glas eisgekühltes Wasser zum Nordpol einladen würde, er würde fahren. Es ist sehr schwierig für mich, etwas zu unternehmen. Er trägt mir seine guten Gründe vor … verstehst du? Und natürlich ist er ein fähiger Mann. Man hört ihm zu …« Er meinte in der Welt draußen. Albert Tola Tola war außerdem ein Mso, der einzige im Kabinett, der in einer Schlüsselposition saß; wovon Mweta eigentlich redete, war der Umstand, daß Tola Tola, ob nun fähig oder nicht, nicht ausgetauscht werden konnte, ohne daß damit die Wahlvereinbarung mit den Mso verletzt würde, und daß er nicht gehalten werden konnte, ohne die Gemüter von MwetasLeuten in Unruhe zu versetzen, die nach einem guten Grund suchten, um ihn rauszudrücken. Und hinter dieser stillschweigenden Anerkennung von Fakten gab es noch etwas anderes, wofür es keinerlei Garantie gab – wenn Tola Tola ein anderes Ministerium erhielte, glaubte Mweta dann, aus ihm würde eine jener Ameisen werden? Fürchtete Mweta die Möglichkeit, Tola Tola könne verstimmt sein und sich veranlaßt sehen, seinen Kummer mit anderen zu besprechen – Neil Bayley hatte den Minister für Entwicklung und Planung, Paul Sesheka, Moses Phahle und Dhlamini Okoi erwähnt. Tola Tola war ein eminent kluger Mann; sein Intellekt hatte ihn gelehrt, sich volkstümlich zu geben; es war ein ziemlich wirkungsvoller Ersatz für das, was Mweta von Natur aus besaß.
Bray konnte nun über die Bashi-Tiefebene als solche sprechen, unabhängig von Shinza – Shinza oder nicht Shinza, Straßen mußten her, und es mußte auch ein energischer Schritt getan werden, damit die Bashi im Vergleich mit dem Gebiet rund um die Hauptstadt und um die Gruben weniger wie ein fremdes Staatsgebiet aussahen. »Das Problem ist, daß einfach nichts da ist«, sagte Mweta.
»Nein, nichts, was man als ausbeutbar bezeichnen könnte oder was für ausländisches Kapital attraktiv wäre. Aber die Bevölkerung, Mweta.«
»Es sei denn, man findet irgendein Mineral – in den nächsten paar Monaten ist ein geologisches Gutachten über das Gebiet dort draußen fällig, Schweden –, sonst wären Rinder das einzige. Und selbst die. Die müssen lebendig hier heruntergeschafft werden – ich meine, was es dort an Schlachtvieh gibt.«
Die Flats gehörten zu den wenigen Gebieten im Land, die nicht von der Tsetsefliege befallen waren, der Überträgerin der Rinder-Trypanosomiasis, aber das Vieh wurde hauptsächlich im traditionellen Sinn verwendet, als ein Zeichen von
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