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Der Ehrengast

Der Ehrengast

Titel: Der Ehrengast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Gordimer
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kommen.« Brays Ton veränderte sich; er ließ es beinahe so klingen, als machte er einen Witz. »Vielleicht rauft ihr euch dann zusammen. Hm? Parteikongresse sind immer so enorm vernünftig. – Sag mir, welche Art Leute willst du mit deinem neuen Gesetz hinter Schloß und Riegel bringen – sind das alles solche Kinder wie der aus der Fischfabrik, den ich im Auto mitgenommen habe? Was hoffst du denn, aus denen herauszuholen?«
    »Das ist Onabus Angelegenheit. Er hat Leute, die die richtigen Fragen kennen.«
    »Alles, was dieser Bursche aus der Fischfabrik angestellt hat, war, ein paar Leuten in der Unterkunft die Fischereikonzessionen zu erklären. Natürlich fand das die Gewerkschaft lästig. Oder nicht in Ordnung, oder was weiß ich. Aber das scheint doch wohl kaum zwei Monate und siebzehn Tage Gefängnis zu rechtfertigen. Zeit, um eine ganze Menge Fragen zu stellen.«
    Mweta sagte: »Nun, darum wird man sich jetzt Gott sei Dank kümmern, Leute von den örtlichen Polizeistellen werden nicht mehr die Möglichkeit haben zu tun, was ihnen paßt. Dagegen gibt es im Gesetz die entsprechenden Vorkehrungen und Klauseln – Chekwe und Dando haben es gemeinsam sehr sorgfältig ausgearbeitet. – Der dumme Junge wurde doch nicht mißhandelt?«
    Bray sagte: »Er wurde geschlagen. Hat wohl nicht sehr viel Sinn, darüber jetzt eine Aussage zu machen. – Du willst doch nicht allen Ernstes behaupten, daß hinter jeder Beschwerde eines Arbeiters Shinza steckt, der ihn aufgewiegelt hat? Zugegeben, seine Vorstellungen mögen auf die Bashi in unserem Teil des Landes Einfluß haben. Aber was ist mit den Leuten sonst überall? Kann denn alles, was dir Kopfzerbrechen macht, vor seiner Tür abgeladen werden?«
    »Dazu sind die Fragen da – damit wir herausfinden, wessen Tür es ist. Und wenn es Shinzas ist – dann würdest du es nicht glauben?«
    »Müßte ich wohl. An meiner Überzeugung, daß es nicht notwendig war –
ist
, würde es nichts ändern. Du brauchst dir Shinza nicht zum Feind zu machen.«
    Mweta schüttelte den Kopf. »Glaub mir, James. Glaub mir.«
    Und trotzdem wollte er nicht, daß Bray ging; zwischen ihnen hielt sich immer das Gefühl, in einer starken Strömung verbunden zu sein. Manchmal kämpften sie sich aus ihr heraus, lagen zappelnd an ihrem Rand, wurden in sie zurückgezogen.
    Bray sagte plötzlich: »Du wirst Shinza doch nicht verhaften?«
    »Sollte das jemals notwendig sein, wär es ein schlimmer Tag für uns.« Es klang wie eine Bemerkung in Klammern, eine private Anspielung auf das alte Triumvirat: ihn, Bray und Shinza.
    Bray war alarmiert, empfand zugleich die Zwecklosigkeit seines Widerstands. Unerreichbar zog sich Mweta in die alte Beziehung zurück, so als wäre das, was der Präsident tat, etwas anderes. Bray sah sich, stockend und gegen seinen Willen, auf andere Dinge gebracht. »Und Aleke? Was hältst du von Aleke?« »Oh, ziemlich fähig, denke ich.« »Ein bißchen bequem und unbekümmert, hm?« »Oh … das kann ich nicht richtig beurteilen. Es hängt davon ab, was du von ihm willst. Er hat ein gutes Beamten-temperament.« »Genau, genau. Das meine ich eben. Aber gibt er dir, was du brauchst?«
    Bray hielt inne und lächelte. »Ich weiß nicht einmal, ob ich das tu, was du von mir brauchst.«
    »Aber wie läuft es denn, James?«
    Während er langsam und höflich antwortete, lächelte Bray weiter. »Ich hab die gesamte Provinz abgedeckt. Ich hab meine eigene Volkszählung bei der bildungsfähigen Bevölkerung durchgeführt, man könnte sagen, die Altersgrenzen sind ziemlich weit gefaßt. Jetzt muß ich das Zeug ordnen und vergleichen und einen Bericht schreiben. Das wär’s mehr oder weniger. Es dürfte ein einigermaßen exaktes Muster für das übrige Land werden. Sobaldes fertig ist, wird es leicht sein, das gleiche in den anderen Provinzen zu machen, wobei die Arbeit Leuten aus dem jeweiligen Gebiet zugewiesen werden könnte. Dann würde ich in keiner Provinz länger als ein paar Wochen bleiben müssen. Ich weiß nicht, wie lange ich noch in Gala bleiben muß; ich werde mich mit Kamaza Phiri treffen.«
    »Gut, triff dich mit Phiri …«
    »Er hat mir brieflich mehr oder weniger vorgeschlagen, ich solle in Gala etwas in Angriff nehmen, was er als Pilotprojekt bezeichnet. Ich hatte ihm ein paar Zeilen über einen Plan für eine Art technischer Schule geschrieben. Ich dachte, wir könnten vielleicht den Club übernehmen« – beide lachten sie – »aber ich glaube, es ist besser, ich

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