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Der Ehrengast

Der Ehrengast

Titel: Der Ehrengast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Gordimer
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peinlichen Angelegenheit, wie er sich diesem Mädchen gegenüber verhalten sollte,
nicht behelligtwerden
. Die Tage, die inzwischen vergangen waren, hatten das alte Bekanntschafts-Verhältnis wiederhergestellt. Oder die Geschichte war für sie ebenso peripher wie für ihn; in ihrer Sorge um sie hatten ihre Freunde in der Hauptstadt das angedeutet.
    Sampson Malemba war da (seine Frau war scheu und kam kaum je zu solchen Treffen europäischen Zuschnitts, auch dann nicht, wenn sie bei Schwarzen stattfanden); Nongwaye Tlume, der für die Landwirtschaft zuständige Beamte, und seine Frau; Hugh und Sally Fraser, das junge Ärztepaar aus dem Missionsspital; und Lebaliso, der sich vor den Gästen in einen unbequemen Liegestuhl fallen gelassen hatte, als hätte Malemba das arrangiert, um zu sagen:
Da
, mehr ist nicht dran an ihm – ein bißchen ulkig, mit seinem Schnauzbart, Typ 1914 bis 18, mit dem er den weißen Mann nachäffte, dessen Nachfolger er geworden war, und den gewienerten Schuhen – braunglänzend wie seine Wangen –, die seine lange Lehrzeit als gemeiner Soldat verrieten. Malemba und Bray begannen sofort über den Brief zu reden. Beim Bier und obendrein in dieser Gesellschaft, die ihre Kommentare dazu abgab, kam er einem viel lustiger vor, als er es tatsächlich war. Und besonders der erste Satz, der sich auf den Club bezog, der seit 1928 »der Sache des Gemeinwesens gedient« habe, und unzweideutig zu verstehen gab, daß mit dem »Gemeinwesen« ausschließlich die Weißen gemeint waren, bewirkte ein derart wildes Durcheinander von Einwürfen und brachte sie so sehr zum Lachen, daß eines der kleinsten Kinder (ein Sprößling der Tlumes), aus den Mundwinkeln triefend vor Neugier, die Stufen zum Lärm heraufkroch, um sich dann, schwankend wie eine Schlange beim Klang der Beschwörungsmusik, aufzurichten. Rebecca Edwards hob es auf und wiegte es, bevor aus dieser Trance noch Angst werden konnte.
    »Und was werden Sie nun unternehmen?« fragte Fraser; mit seinem schwarzgelockten Haar, den sonnengebräunten, behaarten Unterarmen und dem Bierschaum auf den Lippen hätte er einen bühnenreifen Seeräuber abgegeben.
    »Was meinen Sie, Sampson?« stichelte Bray.
    »Wir müssen das reiflich überlegen.«
    »Hier spricht der Schulmeister!« Alekes Bemerkungen waren freundschaftlich und kritisch, während er mit einer Hand im Haar seines Gastes wühlte.
    Hugh Fraser rollte die Augen. »Laßt uns auf ewig das ehrwürdige, efeuumrankte Gemäuer des Gala-Clubs erhalten, dessen Geschichte von so vielen denkwürdigen Samstagabend-Tanzveranstaltungen und von so vielen edlen Vorstellungen der Stücke Agatha Christies trieft.«
    »Nein, jetzt im Ernst, James?« sagte Aleke träge. Immer wieder gab er dem Kind der Tlumes Zeichen, indem er eine Augenbraue hochzog, bis dieses langsam von Rebeccas Schoß herunterglitt und zu seinem Bein hinkroch.
    »Das nächste wird wohl die Gandhi-Halle sein müssen, glauben Sie nicht, Sampson. Hm?«
    »Nichts einfacher als das. Sorgen Sie dafür, daß Sie einen Befehl für die Requirierung sämtlicher brauchbarer Objekte erhalten.« Bei der Erinnerung an den Zusammenhang von Sally Frasers Bemerkung – die Aura der freundschaftlichen Beziehung Brays zum Präsidenten – lachten abermals alle.
    »Oh, ich bin kein Aleke oder Lebaliso!«
    Der Polizist faßte das als Kompliment auf, kicherte selbstzufrieden in die Runde: »Aber-aber, Colonel, aber-aber …« Aleke ging zum Spaß auf den Scheinangriff ein und parierte ihn mit einer Grimasse. In diesem Augenblick sagte seine Frau, das Essen sei fertig, und er verkündete: »Bin doch verdammt der cleverste P. O., den Gala jemals gesehen hat, was? Was glauben Sie, wer gekocht hat? Meine Sekretärin da. Ja« – sie lächelte und schüttelte den Arm ab, den er ihr um die Schultern legte – »ich krieg sie sogar so weit, daß sie kocht.« »Unsinn, ich hab Agnes bloß das Rezept gegeben, mehr nicht.« »Sie ist den ganzen Nachmittag hier gewesen, um für mich das Essen zu kochen«, erklärte Mrs. Aleke ruhig. »Und ich hab Ihnen den Nachmittag freigegeben, stimmt’s, Becky? Ich bin der beste Chef, den Sie je hatten, stimmt’s, Becky?«
    Bray hatte den Edwards-Kindern nichts gekauft, wohl aber die Bayleys. Jetzt bot sich ihm die Gelegenheit, zu dem Mädchen zu sagen: »Vivien hat mir für Sie ein paar Sachen mitgegeben – ein Paket. Entschuldigen Sie, daß ich es Ihnen noch nicht gebracht habe.«
    »Ach, das macht nichts. Ich kann ja eins von den

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