Der Ehrengast
geregelt habe, und sie wieder mit mir zusammenleben kann. Ist doch sinnlos, inzwischen noch einmal alle Sachen zusammenzupacken, oder? Das Problem ist nur, daß sie jedesmal, wenn sie wo ist, sich so einzurichten anfängt, als würde sie ewig dableiben.
Hier
zum Beispiel. Ich meine, hat man je so etwas gehört …? Ich komme her, und schon hat sie sich wie ein Vogel auf dem Telegrafenmast niedergelassen. Ich hätte das tun sollen, was ich von Anfang an wollte, und sie nach England zu ihrer Mutter schicken sollen. ›Sie wollte nicht so weit weg sein.‹ Aber wo könnte man denn noch weiter weg von allem sein als hier? Die Zelte bei den Einheimischen aufzuschlagen, nicht einmal ein eigenes Badezimmer. Das ist nicht die Umgebung, in der meine Jungs aufwachsen sollen. Becky erzählt mir ganz stolz, daß sie jetzt Gala lernen. Wo in aller Welt wird es ihnen denn was nützen, wenn sie Gala können, um Gottes willen? Wer wird denn ihr Gala verstehen?« Er lachte. »In England? In Frankreich? In Deutschland? Wie würde ich mich denn anstatt mit Französisch mit Gala durchschlagen, und ohne das bißchen Portugiesisch, das ich aufgeschnappt habe – wissen Sie, ich war eine Zeitlang in Angola, eine der besten Zeiten meines Lebens, wie sich später herausstellte –« er lächelte und ließ seine bezaubernden, leicht durchscheinenden Zähne sehen, ein Mann,der nichts bedauerte, und dann erzählte er zumindest die halbe Geschichte: »Du lieber Himmel, genau auf der anderen Seite des Benguela, das Tauchen! Sieht aus wie in Griechenland – blanke, gelbe Felsen und blaues Meer. Kein Baum, nicht einmal ein Grashalm. Ich war gerade vertraglich für den Hafen von Lobito verpflichtet. Jedes Wochenende ging’s quer durch die Wüste, damit wir zu unserem bißchen Küste kamen.
Garoupinhas
– so etwas. Nun, unter anderem lernte ich Portugiesisch. Ich kann mich verständigen … und jetzt habe ich einen Vertrag für Cabora Bassa, für den Damm – wissen Sie? Die Franzosen und die Deutschen bauen ihn für Südafrika und für die Portugiesen. Ich komme mit den Ingenieuren vom Kontinent gut zurecht – wir haben schon früher zusammengearbeitet. Reizt mich, wieder als Ingenieur zu arbeiten. Zumindest eine Zeitlang. Und da kommt mein Portugiesisch wie gerufen, in Moçambique. Man sitzt in dem gottverdammten Busch fest, meilenweit nichts, da hilft’s, wenn man mit dem örtlichen Krämer oder der Polizei reden kann, die erledigen allerhand für einen. Ich hab gern Eis in meinen Drinks … In anderer Beziehung wird dieser Ort vielleicht auch ganz besonders heiß sein« – er gab zu verstehen, daß das nur für sie beide bestimmt war und nicht für Rebeccas Ohren – »Sie haben wahrscheinlich gelesen, daß die Terroristen damit gedroht haben, das Ding in die Luft zu sprengen, wenn wir gerade daran arbeiten. Na, meine Lust, für die Regierungen von Südafrika und Moçambique zu sterben, ist nicht größer, als für irgend jemand anders draufzugehen. Schwarze oder Weiße – diesen Jungen kriegen sie nicht. Ich persönlich glaub zwar nicht, daß es ihnen gelingen wird, uns auf den Pelz zu rücken – die ganze Anlage wird wie eine Festung bewacht sein. Da kann man sich auf die Südafrikaner verlassen. Außerdem gibt es sowieso keinen Ort der Erde, den man als sicher bezeichnen könnte. Ich frage mich, wie’s hier ist. Die Streiks oben in der Eisenerzmine. Ich kenne diese Länder; wenn’s einmal Schwierigkeiten mit den Arbeitern gibt, da gibt’s kein Pardon, egal, wer ihnen gerade vor die Füße läuft. Eine kleine Ausfallstraße und ein kleines Flugzeug zweimaldie Woche – das kann man vergessen. Glauben Sie, daß es hier sicher ist? Nun – ich verlasse mich darauf, daß Sie ihr im Fall, daß sich die Dinge zum Schlechten zu entwickeln drohen, einen Tip geben und dafür sorgen, daß sie verschwinden und nicht erst darauf warten, daß es wirklich Schwierigkeiten gibt. Ich kann mich doch darauf verlassen, daß Sie das tun werden, oder?«
»Selbstverständlich.«
»Weil – Sie sehen ja, wie Becky ist – sie glaubt, ihr wird niemals jemand was Böses tun. Allein schon, daß sie ins
bundu
gekommen ist – einfach verrückt. Nun, wenn man eine von den gut und sexy aussehenden Frauen will, dann stellt man sich drauf ein, daß man die Denkarbeit selber erledigen muß, nicht wahr? Kann nicht alles haben …« Seine Tochter war zu ihm gekommen, und er machte Schluß, indem er weiter von der Mutter sprach, die Bezüge aber geschickt so
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