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Der Ehrengast

Der Ehrengast

Titel: Der Ehrengast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Gordimer
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die Leute auf das Studium vorbereiten. Sie könnten was für die Nation tun.«
    Wentz goß Dando ein weiteres Glas Aquavit ein. »Kant und Hegel für die Abschlußklasse der Missionsschule.« Er lächelte vor sich hin: »Sofern ich mich überhaupt noch an etwas erinnere, was ich unterrichten könnte.«
    »Wenn Sie unterrichten können, dann sollten Sie’s auch tun«, sagte Bray. Und fügte, wobei er sich an Margot Wentz wandte, hinzu: »Wieso sind wir uns unserer Sache immer so sicher, wenn wir so was behaupten? Woher wissen wir denn, was für andere Menschen das Richtige ist?« Sie quittierte das mit einem nachdenklichen Lächeln, so als hätte er sich gerade für etwas entschuldigt. Leise sagte sie zu ihrer Tochter: »Und wie war deine Cocktailparty?«
    Das Mädchen hob die Schultern, den Blick in die Ferne gerichtet.
    »Es war doch der Handelsbeauftragte der Volksrepublik China, nicht?« sagte Hjalmar – für die Gäste. Er wußte genau, wer es war. »Piekfein. Mit Papierlaternen und Feuerwerk, jawohl!« Er machte ein komisches Gesicht, so als beeindruckte ihn die Heldentat eines frühreifen Kindes.
    Emmanuelle grinste plötzlich vor Freude. »Ihr hättet sehen sollen, wie Ras eine tiefe Verbeugung aus der Hüfte machte. Alle verneigten sich bis zum Boden hinunter. Wie bei einem Eurhythmiekurs. Ein Mann hat Ras und mich zu irgendeinem Jugend-Dingsbums nach China eingeladen. Er hat sich lange mit mir unterhalten – per Dolmetscher selbstverständlich. Hat mich gefragt, wie’s mir gelungen ist, mich von den Einflüssen des Neokolonialismus freizumachen. Hatte keine Ahnung, was ich sagen sollte.«
    Ihr Bruder sagte zu ihr: »Warum sagt Ras immer ›longwedge‹, anstatt ›language‹, er spricht von afrikanischen ›longwedges‹? Das klingt so ulkig.«
    »Scher dich zum Teufel!« Emmanuelle richtete sich in ihrem Stuhl kerzengerade auf.
    Stephen lachte und protestierte: »Nein, wirklich, warum sagt er … Ich meine, es klingt … jedesmal fällt’s mir wieder auf.«
    Sie hatte sich wie eine Kobra aufgerichtet, den Kopf bereit, zuzustoßen. »Verschwinde hinter deine Bierflaschen.«
    Halb ängstlich und verkrampft lachend, krümmte er sich; aber sie war es, die den Raum verließ, ohne irgend jemanden auch nur eines Blickes zu würdigen. »He, Emmanuelle, wohin des Wegs?« rief Dando. »Spielst du mir denn heute abend nichts auf der Flöte vor? Was hab denn ich dir getan, meine Hübsche? Komm her!«
    »Nicht Emmanuelle«, sagte Margot Wentz.
    »Sie ist gut, sie ist gut«, sagte Dando zu Bray.
    »Ja, Sie müssen sie sich irgendwann einmal anhören«, sagte ihre Mutter.
    »Aber hier gibt’s keinen, der ihr Stunden geben kann, das ist das Problem«, sagte Hjalmar. »Sie ist wirklich sehr talentiert. Sie spielt auch Geige. Das hat sie von Margots Vater, macht viel Freude – wir haben sie auch nach ihm genannt. Emmanuel Gottlieb, der Physiker, vielleicht haben Sie schon von ihm …«
    Margot Wentz tat diese Möglichkeit mit einer Handbewegung ab.
    »Sie sollten sich anhören, wie sie afrikanische Instrumente spielen kann, Colonel Bray«, sagte Stephen. »Dieses kleine Ding von einem Handpiano? Was meinen Sie, was sie aus dem herausholt! Dieses Zeug, das man mit dem Daumen spielt.«
    »Sie kennen Ras Asahe – vom Rundfunk?« sagte Hjalmar. »Er will mit ihr eine Sendung machen, in der sie einheimische Instrumente spielt. Keine Ahnung, wie er auf diese Idee kommt. Er hat lauter so Einfälle.«
    »Ich kannte seinen Vater gut«, sagte Bray. »Ist eine intelligente Familie.«
    Alle waren ziemlich müde. Es herrschte jene Art von Stille, die unter einen Abend einen Schlußpunkt setzt. Hjalmar Wentz warf einen schnellen Blick zu seiner Frau hinüber und sah langsam zuerst Dando an und dann Bray. Wie aus Rücksicht auf die Anwesenheit des Kindes Stephen sprach er mit gesenkter Stimme. »Man weiß nicht recht, was man unter den gegebenen Umständen tun soll. Sie haben’s ja heute abend selbst erlebt. Er nimmt sie so gut wie überallhin mit. Dabei ist er mindestens zwölf Jahre älter als sie; ein Mann von Welt. Normalerweise würde man nicht zögern, dem Ganzen ein Ende zu setzen. Wenn er ein Weißer wäre. Aber so wie die Dinge liegen, ist es peinlich … Kaum sagt Margot irgendein Wort zu Emmanuelle, denkt sie schon … Als ob das bei uns eine Rolle spielen würde!« Sein Gesicht spiegelte den ganzen Schmerz wider, den ihm seine Tochter zweifellos, ohne zu zögern, zugefügt hatte.
    Stephen machte nachdrücklich auf

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