Der Ehrengast
Jobs umzuschauen, dann werden sie ein Wunder erleben. Letzten Monat haben sich die Quirks empfohlen, John Connolly sagt, wenn er nicht diese ständigen Sorgen mit den Milchprodukten loswird, dann schickt er seine Kühe nach Gala ins Schlachthaus. Jede Menge Leute.«
»Oh, sicher sind die Farmer nervös. Aber ich glaub nicht, daß die Tatsache, daß ein paar Weiße fortziehen, sich besonders schlimm auf die Arbeitslage auswirkt. Es ist das unvermeidliche Loch zwischen jetzt und dem Zeitpunkt, zu dem die Entwicklungsprojekte anlaufen werden – soweit ich weiß, soll bei Kundi ein Hafen angelegt werden. Und die Entwässerung des Sumpflandes rund ums Isoza-Gebiet soll auch in Angriff genommenwerden. Es gibt jetzt nicht mehr Arbeitslose als zur Zeit der Kolonialverwaltung; es ist nur so, daß sie natürlich glauben, daß jetzt Schluß ist damit, daß sie in den Dörfern mit dem Existenzminimum auskommen sollen, und es besteht eine gewisse Gefahr, daß sie jetzt scharenweise in die Städte und in die Minen gehen, wo sie eigentlich keine Hoffnung auf Arbeit haben. Es könnte sich wieder einmal zu der alten Geschichte entwickeln, daß ungelernte Bauern aus den ländlichen Gebieten wegziehen.«
»Genau, was können die denn schon?« sagte sie. »All die Jahre haben sie ihr Maniok und ihre Ziegen und ihr Bier gehabt. Und obendrein waren sie glücklicher als wir, glauben Sie mir.«
Geräusche von parkenden Wagen und Stimmen von der Veranda her wurden laut. Die Kellner gingen mit Bestellungen in der Bar ein und aus, die sie, ein Auge wegen des Zigarettenrauches, der aus dem Mundwinkel aufstieg, zusammengekniffen, umsichtig erledigte. Während sie herumhantierte, hatte sie den großen Kopf und die geschrumpfte Brust der Karikaturen an der Wand. Wenn sie nichts zu tun hatte, kehrte sie zu ihren Büchern zurück, wobei ihr Blick schräg über die Wangen hinunter auf die Zahlen fiel, die sie abhakte, während sie sich gleichzeitig mit Bray unterhielt. Er fragte sie ohne Umschweife: »Kommen jetzt Schwarze her?«
»Das Gesetz verlangt es so«, sagte sie ebenso unumwunden. »Meine Boys bedienen sie, wenn sie kommen. Es sind sehr wenige; natürlich wollen sie ihr eigenes Bier und natürlich in ihren
khayas
, das ist ihr Wunsch … Sie sitzen auf der Veranda, und solange sie sich anständig aufführen, ist alles in Ordnung. Sie wissen, daß sie sich anständig aufzuführen haben.«
»Und stecken die Farmer am Samstagabend noch immer mal jemanden in die Voliere?«
Sie lachte und legte ihren Füllfederhalter nieder, wobei sie vor Vergnügen den Kopf schüttelte. »Ach, das waren die guten Tage, ja? Was war da in der Nacht manchmal los. Und Weihnachten und Neujahr! Wieviel Leben damals in unseren Leuten hier steckte. Oscar sagte immer, nie wieder, nie wieder. Undjedesmal – du lieber Himmel, ja? Ach, das ist jetzt alles aus und vorbei.«
Die Verärgerung war von ihr abgefallen, das Blut wieder in ihrem Gesicht, die Augen feucht vom Lachen – ein alter Hund, dessen Lebensgeister für einen kurzen Augenblick zurückkehren, weil er sich erinnert, daß er mit dem Schwanz wedeln kann. Er war gerührt, wie immer, wenn er auf ein Lebenszeichen stieß; aber selbst in diesem einsamen Moment der Wärme spiegelte sich in ihrem Gesicht weiterhin die Angriffslust ihres Stolzes und ihrer Minderwertigkeitsgefühle: nicht etwa, daß er und seinesgleichen sich dazu herabgelassen hätten, gewußt hätten, wie man das Leben genießt.
Als er gebadet und sich für das Abendessen umgezogen hatte, lief sie ihm – eilig und mit Schlüsseln klimpernd – in einem der Gänge über den Weg. »Haben Sie auch bestimmt alles, was Sie brauchen? Handtücher, Seife – alles in Ordnung? Heutzutage weiß ich nie genau.« Er beruhigte sie. Die Weißen auf der Veranda tranken noch immer, und die Bar war ebenfalls angenehm voll. Darts wurden geworfen, und aus dem Radio kamen mit knatternden Störungen die Nachrichten. Schwarze waren nicht da. In den Gängen, auf den Veranden und in den Seitentrakten, aus denen sich der Hotelkomplex zusammensetzte, war mit dem Gong zum Abendessen gerufen worden, im Speisesaal waren die Lichter an, aber niemand machte Anstalten, aufzustehen und essen zu gehen. Er war nicht in der Stimmung, allein dort zu sitzen. Aber auf der Veranda kannte er keinen, ausgenommen vielleicht ein Gesicht – ein Mann mit blonden Borsten, die das Licht wie die feinen Härchen auf einem Kaktus einfingen; wahrscheinlich Denniston, der früher bei der
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