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Der Ehrengast

Der Ehrengast

Titel: Der Ehrengast Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Gordimer
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lachten und schüttelten einander die Hände. »Ein großer
bwana
mit grauen Schläfen, und Gala kann er. Nun, weiße Haare waren damals keine da – aber ich hab sofort gedacht, das ist Colonel Bray! Naja, ich hab ohnehin schon gehört, daß Sie hier draußen sind, so schlau, wie ich’s mir gerne einrede, bin ich nun auch wieder nicht …«
    Er sagte: »Also machen Sie allein weiter? Olivia und ich haben von Mr. Pilcheys Tod erfahren.«
    »Fünf Jahre«, sagte sie. Bleistiftkarikaturen von Oscar Pilchey – Imitationsversuche des Stils von Beerbohm – hingen hinter der Bar. »Ich glaub nicht, daß er’s aushalten könnte, wenn er jetzt hier wär.«
    Bray hatte sich an der Bar niedergelassen. »Ist eine Heidenarbeit für eine alleinstehende Frau.«
    »Das weiß ich nicht, ich bin jetzt seit fünfundzwanzig Jahren im Hotelgewerbe, wissen Sie. Aber mit der Situation, so wie sie jetzt ist, fertig zu werden – das ist schon zum Aus-der-Haut-Fahren, das kann ich Ihnen versichern.«
    »Sollten Sie nicht jemanden aufnehmen, der Ihnen hilft – einen Manager oder Assistenten?« Er bestellte Gin-Tonic, und sie kippte die schwenkbar fixierte Flasche über ihr winziges Meßglas und bereitete mit der grimmigen Unverschämtheit geübter Handgriffe, die in sich selbst Verachtung ausdrückte für all jene, die gut reden hatten, den Drink zu. »Man schafft es einfach nicht, daß einer auch nur einen Finger rührt.
Denen
ist alles eins. Sie möchten reich sein. Sie möchten fliegen lernen. Erklärt mir einer der Küchenjungen, ja, nicht gelogen. Er hat keine Lust, die Tische zu schrubben, er kann jetzt jederzeit in die Stadt gehen und fliegen lernen.«
    Bray lächelte. »Und von wem hat er das?«
    »Da fragen Sie mich!« Und mit ihrer flinken, sommersprossigen Hand, die erledigte, was erledigt werden mußte, und den feuchten Ring, den der Eiskübel hinterlassen hatte, wegwischte, gab sie zu verstehen, daß sie es wußte, daß er es wußte. »Ich sag nur soviel: daß ich seit letzter Woche keinen dieser feinen Piloten rausschmeißen kann, ohne mir vorher beim Arbeitsministerium die Erlaubnis dafür einzuholen. Aber das wissen Sie natürlich schon, oder? Kam letzte Woche raus. Ich hab ein Rundschreiben des Hotelier-Verbandes gekriegt, aber egal, was sie glauben, deswegen unternehmen zu können – ich muß mir zuerst beim hiesigen Beamten des Arbeitsamtes die Erlaubnis einholen, keine Ahnung, wer das ist, und was dieser Herr Sowieso überhaupt von meinem Geschäft versteht …«
    Sie lachten beide; der Vorwurf, den sie Bray aus dem machte, was er war und was er gewesen war, er und die anderen Leute seines Schlags, lag unübersehbar auf dem Tisch, zwischen ihnen und neben dem Gips-Johnny-Walker und der Blechschale für das Wechselgeld. Sie setzte sich wieder hinter ihre Bücher, neben sich ihr Bier.
    Er sagte: »Ich kann’s Ihnen nachfühlen; es muß höllisch schwer für Sie sein.«
    Sie glaubte ihm nicht; für Leute wie ihn, die sich nicht selbst um ihren Lebensunterhalt kümmern mußten, die von der britischenRegierung für ein paar Jahre hergeschickt worden waren und – weil sie nicht bleiben und, wenn es ihnen nicht paßte, nicht mit ihnen leben mußten – für die Schwarzen Partei ergriffen, war alles gut und schön. Aber sie fuhr fort – sollte er sich ruhig einmal alles anhören. »Mein alter Rodwell, Rodwell, der schon vor unserer Heirat für Oscar gearbeitet hat. Neulich kommen die rein und wollen seinen Parteiausweis sehen. Ich frage Sie! Alles, was er weiß, ist, daß er der bestbezahlte Koch im ganzen Land ist; seit fünfundzwanzig Jahren ist er jetzt der Küchenchef hier. Parteiausweis! Und dann werden sie auch noch gewalttätig! Die würden nicht zögern, ihn noch am selben Abend auf dem Heimweg zusammenzuschlagen. Er sagt zu mir,
Doña
, was soll ich machen …? Diese Verbrecherbande.« Sie sagte nicht etwa »diese PIP «; indem sie es vermied, Namen zu nennen, konnte sie sagen, was ihr paßte, ohne daß es als Provokation ausgelegt werden konnte. Ihre Unterhaltung hatte etwas von der seltsamen Intimität ausgetauschter Beleidigungen. Zu den neuen Machtbefugnissen, die der Arbeitsminister übernommen hatte, sagte er: »Das Problem ist, daß gerade zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Arbeitslosigkeit zu steigen droht.«
    »Nun, eine Menge Leute versuchen alles abzustoßen – wenn sie jemanden finden, der’s ihnen abkauft. Wenn diese Piloten und anderen Herrschaften einmal zurückkommen, um sich hungrig nach ihren

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