Der Eid der Heilerin
nicht als Schlampe beschimpfen, und Aveline ist auch keine Schlampe. Sie liebt Euch, auch wenn ich nicht verstehe, warum.«
»Wage nicht, ihren Namen mit meinem in Verbindung zu bringen, sonst fliegt sie hinaus. Und du auch. Überleg dir genau, was du sagst, denn du bist dafür verantwortlich, wenn deine Freundin auf die Straße gejagt wird. Schweigen ist überhaupt das Beste, denn die Cuttifers dürfen nicht ins Gerede kommen - das wäre schlecht fürs Geschäft, nicht wahr? Denk über meine Worte nach, Anne, aber jetzt ist es erst einmal Zeit für dich, zu Bett zu gehen.« Er verzog das Gesicht zu einem wölfischen Grinsen.
Sie starrte ihn misstrauisch an, doch da er keine Anstalten machte, auf sie zuzugehen, zog sie das Mieder wieder über ihre Brüste. Bevor sie jedoch zur Tür laufen konnte, packte er sie an den Handgelenken, bog ihr die Hände hinter den Rücken und presste seinen Mund auf ihre Lippen. Sie wandte den Kopf ab und wollte schreien, doch er hielt ihr brutal den Mund zu.
»Mach ja keine Dummheiten. Lass dir sagen, was ich mit dir vorhabe. Ah! Hör zu, hör gut zu ...« Sie rang mit ihm, doch er hielt sie fest an sich gedrückt und presste sich hart gegen ihren Unterleib. »Heute lass ich dich gehen, aber pass auf, dass du freiwillig kommst, wenn ich nach dir schicke. Wenn nicht, werde ich mit meinem Vater sprechen. Dann wirst du in Ungnade fallen und des Hauses verwiesen. Und Aveline ebenso. Tugend ist kein Wert an sich. Niemals.«
Anne versuchte, ihre Verzweiflung vor ihm zu verbergen. Offenbar schwelgte er in der Vorstellung, dass sie sich ihm würde fügen müssen.
»Beim nächsten Mal, kleine Anne, beim nächsten Mal werde ich dich lehren, das Spiel zu genießen.« Endlich nahm er seine Hand von ihrem Mund und legte einen Finger auf ihre Lippen, als wollte er sie zum Schweigen bringen. »Es ist ein köstliches Spiel, das verspreche ich dir. Und bald wirst du mich auf Knien anflehen, ja bald wirst du vor mir auf dem Boden rutschen und mich anflehen, dieses Spiel mit dir zu spielen«, flüsterte er, bohrte ein Knie zwischen ihre Schenkel und rieb sich an ihr. Gleichzeitig drückte er sie immer weiter über die Armlehne seines Stuhles, presste seinen Mund auf ihre Lippen und biss hinein. Er war so schwer, dass sie kaum noch Luft bekam. »Geh.« Er ließ sie so plötzlich los, dass sie beinahe stürzte. Sie floh aus dem Zimmer und hörte noch sein spöttisches Lachen.
Genüsslich streckte er sich aus - bald, sehr bald schon würde Aveline an der Reihe sein, ihm Lust zu spenden. Zwei Frauen unter einem Dach, das hatte er noch nie gehabt - allein die Vorstellung war erregend. Vielleicht konnte er irgendwann einmal auch beide zugleich haben? Ja, das waren in der Tat schöne Aussichten ...
Anne stürzte durch die dunklen Flure von Blessing House, sie lief und lief, lief die Treppe zum Sonnenzimmer hinauf, zerrte ihr Kleid hoch und kämpfte gegen die Übelkeit an, die bei der Erinnerung an seine Hände auf ihrem Körper in ihr aufstieg. Sie würde ihm niemals mehr erlauben, sie so zu demütigen! Niemals!
An der Tür der Dachkammer blieb sie stehen, holte tief Luft und versuchte vergeblich, sich zu beruhigen. Mit bebenden Fingern schnürte sie ihr Kleid, so fest sie konnte, fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und trat leise ein. Aveline stand am Kamin und schürte das Feuer.
»Wo bist du gewesen?« Avelines Stimme klang arglos, doch ihre Blicke waren wie Dolche.
Anne deutete einen Knicks in Richtung ihrer Herrin an, die in ihren Kissen döste, und eilte zu der großen Truhe, wo ein Stapel schmutziger Wäsche lag. »Es tut mir Leid, Aveline. Soll ich das zum Waschen bringen?«
»Nein. Lies Lady Margaret vor, ich gehe so lange in die Küche und hole für sie und den Master etwas zu essen. Er wird heute Abend hier speisen.« Sie nahm Anne den Wäschestapel ab, und einen Moment lang trafen sich die Blicke der Mädchen. Aveline schien etwas sagen zu wollen, schüttelte jedoch den Kopf, ging zu der kleinen Tür, die in die Küche führte, und schloss sie leise hinter sich.
Anne holte tief Luft und stieß einen bebenden Seufzer aus, dann eilte sie zu dem großen Bett ihrer Herrin. Lady Margaret lächelte schläfrig. Als sie jedoch das aufgelöste Gesicht des Mädchens sah, bemühte sie sich um einen leichten, scherzhaften Ton. »Nun, Anne, du bist selten so still. Die Messe heute früh hat dir wohl gut getan.«
»Oh, Madam, ich flehe zu Gott, Ihr möget Recht haben. Und die Jungfrau Maria und alle
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