Der Eid der Heilerin
Schwert und Rüstung sein ...
Als sie die Laterne löschten und die Kellertür hinter sich zuzogen, hatte der Regen aufgehört. Anne umarmte Deborah, ehe diese durch die Dunkelheit davoneilte. Anne lief zur Küche und klopfte leise an, worauf eine verschlafene Melly die Tür gerade so weit öffnete, dass sie hineinschlüpfen konnte.
Aveline stellte sich schlafend, als Anne unter die Decke ihres schmalen Strohlagers kroch. Bereits zwei Stunden hatte sie wach gelegen und geduldig auf die nächtliche Stille und das Läuten der Mitternachtsglocken gewartet, um Piers wie versprochen zu besuchen. Doch die Glocken hatten längst geläutet, und sie nahm an, dass Anne die ganze Zeit bei Mathews Sohn war - wo sonst sollte sie sein? Und während sie dort in der Dunkelheit lag, wuchs ihr Zorn immer weiter an.
Bittere Galle stieg in ihr hoch, als sie die Worte einstudierte, die sie zu Piers sagen wollte. Doch erst als sie Annes regelmäßige Atemzüge hörte, schlüpfte sie aus ihrem Bett, zog eilig Unterkleid und Hemd an, warf sich eine Felldecke über die Schultern und schlich in den Flur hinaus, der zu Piers Gemach führte. Sie sah einen schmalen Lichtschein, der durch einen Spalt unter seiner Tür fiel. Ihr Herz raste vor Angst und Zorn, und sie blieb stehen, um sich zu sammeln. Sie durfte ihn jetzt nicht kopfscheu machen. Wenn sie richtig vermutete und er ein Auge auf Anne geworfen hatte, musste sie äußerst vorsichtig vorgehen.
In Piers Zimmer war das Feuer schon fast heruntergebrannt. Piers saß am Tisch und berechnete die Kosten des Königsfestes - dies war die Strafe, die ihm sein Vater für sein unschickliches Verhalten vor Hof auferlegt hatte. Er war schlechter Laune, gelangweilt und sehr müde. Er fand, er wurde schlechter behandelt als die Dienstboten, die wenigstens schlafen durften! Die Tür zu seinem Zimmer knarrte und ging auf. Seine Nackenhaare sträubten sich, als er eine kleine, weiße Hand am Türrahmen entdeckte.
»Wer da?« Er sprang auf, war mit drei Schritten an der Tür und riss sie auf. Vor ihm kniete eine Frau. Ihr Kopf war gebeugt, die Hände keusch vor der Brust gefaltet. Im Halbdunkel spielten ihm seine Augen einen Moment lang einen Streich, und er dachte enttäuscht, Anne sei aus freien Stücken gekommen, was weit weniger reizvoll gewesen wäre. Doch dann hob die Frau den Kopf. »Aveline!«
»Mein Herr, seid nicht böse mit mir.« Das Mädchen warf sich in voller Länge vor ihm auf den Steinboden. Sie erniedrigte sich vor ihm wie eine Büßerin und bedeckte ihr Gesicht schamhaft mit den Händen.
»Nun, Mädchen, steh auf, steh auf.« Er gab vor, ungeduldig zu sein, doch das gehörte zu ihrem Spiel - einem Spiel, das sie schon viele Male gespielt hatten.
»Ach, Herr, ich fürchte, ich kann nicht aufstehen, denn ich bin nicht schicklich gekleidet und möchte nur meine Sünden beichten und um Strafe bitten. Bestraft mein sündiges Fleisch, oh, mein Herr.«
Piers sah auf ihren ausgestreckten Körper hinab, der nur von der Felldecke verhüllt war, und fühlte ein Zucken in seinen Lenden. Das Haus war still, und die Nacht zählte noch mindestens sechs Stunden. Er hatte ganz vergessen, dass Aveline ihren Besuch angekündigt hatte.
Na schön. Brutal packte er sie an den Händen, zog sie ins Zimmer hinein und warf mit einem Fußtritt die Tür zu. Als er sie zu seiner Feuerstelle schleppte, wimmerte sie, sagte aber kein Wort, sondern blieb still auf dem Bauch liegen. Er ließ ihre Hände los und stieß mit einer Stiefelspitze die Felldecke zur Seite. Das Mädchen war lediglich mit Mieder und Unterhemd bekleidet.
»So willst du beichten? Halb nackt? Sprich!«
»Oh, Herr, was soll ich tun? Ich bin eine schreckliche Sünderin und verdiene kein Mitleid. Macht mit mir, was Ihr wollt, denn die Vergebung meiner Sünden liegt allein in Eurer Macht.«
Wie leichtzüngig sie die erlernten Worte veränderte, um ihm Genuss zu verschaffen. Und wie schwer war es ihr am Anfang gefallen. Er erinnerte sich mit finsterer Freude daran.
Wie hatte er ihre Angst vor der Hölle genossen, wenn er sie zwang, Gott zu lästern, während er ihr Gewalt antat.
»Steh auf!« Bei der Erinnerung an seine erste Begegnung mit Aveline klang seine Stimme rau und belegt. Rasch erhob sie sich, die Hände über der Brust gekreuzt, die Augen niedergeschlagen, ein Bild zerknirschter Unschuld - so wie sie einstmals gewesen war.
Einen Augenblick lang hörte sie nur sein Keuchen, dann riss er ihr so gewaltsam das Hemd vom Leib, dass es
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