Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin
Verletzungen davongetragen hat. Und ich habe es dir schon einmal gesagt: Achte auf deine Worte und Taten! Du hast nicht nur einen Verehrer!«
Konstanze hatte noch nie den nackten Körper eines Mannes gesehen oder gar abgetastet. Sie erkannte nur Schemen im Licht der qualmenden Talgkerzen, dennoch empfand sie leichte Scham, als sie ihre Finger über Armands feste Muskeln gleiten ließ. Er fühlte sich gut an, es musste schön sein, einen geliebten Mann zu liebkosen … aber jetzt sollte sie sich auf die Untersuchung konzentrieren.
Armand stöhnte mehr als einmal auf, als sie ihn berührte. Aber Brüche oder andere schwere Verletzungen fand sie nicht.
»Ihr habt Euch Rücken und Schultern geprellt, Armand«, sagte sie schließlich. »Das tut sehr weh, und Ihr solltet ein paar Tage das Lager hüten. Aber sonst hat Gott seine Hand über Euch gehalten. Genau wie über den Kleinen hier …«
Armand nickte und versuchte, sein durchnässtes Hemd wieder über seinen Körper zu ziehen. Er fror fast ebenso wie das zitternde Kind neben ihm. Gisela flößte ihm noch einmal Wein ein und hüllte ihn in eine Pferdedecke. Sie war auch ein wenig klamm, aber noch warm von Smeraldas Körper.
»Jetzt wird alles gut«, flüsterte sie ihm zu. »Wir sind bald in Italien … da ist es warm … und im Heiligen Land … Werden wir nach Akkon gehen, Armand? Egal, was geschieht?«
Armand küsste ihre Hand, die seine Decke richtete.
»Gisela, wir sind noch nicht einmal über den Pass«, antwortete er. »Weiß Gott, wir haben nicht mal das Schlimmste geschafft. Die Schöllenenschlucht …«
»Schlaf jetzt erst einmal!« Gisela strich sanft über sein Gesicht. »Alles andere sehen wir morgen.«
Kapitel 10
Dimma platzierte sich in dieser Nacht nicht zwischen Gisela und ihren Ritter. Sie hatte genug mit dem verletzten kleinen Jungen zu tun, aber sie traute Armand nach dem Absturz auch nicht zu, der Tugend ihrer Schutzbefohlenen gefährlich zu werden. Vielleicht wähnte sie auch einfach Rupert weit genug entfernt, um die Liebe ihrer Herrin nicht zu gefährden.
Armand verbrachte die Nacht damit, eine Liegeposition zu suchen, in der ihm nichts wehtat. Es gelang ihm nicht, zumal er Gisela nicht stören wollte, die sich im Schlaf an ihn schmiegte und ihm zumindest etwas Wärme spendete. Grimmig dachte er an die Überquerung des Brennerpasses: Damals meinte er gefroren zu haben. Dabei war es komfortabel und warm zwischen den trockenen Decken und Fellen gewesen, die Giannis Maultiere für seine hochgeborenen Kunden über den Pass schleppten. Die Zelte waren groß gewesen, die Wege sicher. In Armands leichtes Reisezelt regnete es dagegen inzwischen hinein. Für endlose Regengüsse und den Schnee in den Bergen waren diese primitiven Unterstände nicht gemacht. Und dennoch zogen hier Tausende Kinder ganz ohne Schutz über den Pass.
Armand atmete in Giselas Haar und versuchte, Gott für seine Rettung zu danken. Noch waren alle am Leben, und auch in dieser Nacht würde niemand erfrieren. Morgen dagegen … erst als der Schneefall nach Mitternacht nachließ, fiel Armand in einen leichten Schlaf.
Rupert weckte die erschöpfte Reisegruppe in aller Herrgottsfrühe. Dimma hoffte nur, dass er keinen Blick auf Gisela undArmand geworfen hatte, als er die Zeltplane hob und hineinrief. Aber schließlich lagen alle unter Decken und Mänteln verborgen, und es war auch noch halb dunkel. Rupert drängte darauf, das Hauptheer endlich einzuholen. Am Vortag hatten sie nur zwei oder drei Meilen geschafft, Nikolaus musste ihnen weit voraus sein.
»Aber er wird warten«, beruhigte ihn Magdalena. »Es kommen ja auch nach uns noch ganz viele. Wieso haben die uns eigentlich gestern nicht eingeholt?«
Konstanze fragte sich das auch. Aber bisher hatten sie von den Vorausziehenden nur Leichen gesehen – und von der Nachhut nichts.
Rupert bestand darauf, gleich weiterzuziehen und kein Feuer zu entzünden, selbst wenn es möglich gewesen wäre. Konstanze allein schaffte es nicht – das spärliche Brennmaterial, das sich oben in den Bergen überhaupt noch fand, war nass vom Regen.
Armand versuchte es gar nicht erst, ihm fiel es schwer genug, sich überhaupt aufzurichten. Sein Rücken und seine Schultern schmerzten an diesem Morgen noch mehr als am Abend zuvor, die Wanderung würde die Hölle sein. Dennoch lehnte er zunächst ab, sein Pferd zu besteigen. Wieder ritt nur Dimma, die den verletzten und völlig verstörten kleinen Jungen in ihren Armen hielt. Die anderen
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