Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin

Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin

Titel: Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
Vom Netzwerk:
den zunehmenden Wind, sondern auch die Wolken, die sich erneut vor die Sonne schoben. Genau so hatte es am Abend zuvor angefangen. Es war gut möglich, dass es in kurzer Zeit wieder regnete oder gar zu einem neuen Schneesturm kam. Bis dahin mussten sie von dieser Klamm herunter sein, irgendeinen Platz finden, wo man die Zelte aufbauen und das geborgene Kind aufwärmen konnte. Eine weitere Nacht im Freien würde der kleine Junge nicht überleben. Und Armand … man würde sehen, wie schwer er verletzt war. Auf jeden Fall musste man etwas tun.
    Dimma hatte noch nie mit Tauwerk gearbeitet, aber ihr Leben lang mit Nadel und Faden. Ihre Knoten würden halten. Kurze Zeit später hielt sie Rupert ein aus drei Seilen zusammengestückeltes Tau hin. Gisela rief ermunternde Worte zu Armand hinunter, während sich Konstanze mit Rupert stritt. Der Knecht wirkte verstockt, ja fast gleichgültig. Dimma geriet mehr und mehr in Wut.
    »Hier, Junge!«, sagte sie mit eisigem Gesichtsausdruck. »Das lässt du jetzt zu Armand hinunter. Und seil dich an dabei, damit du Halt hast. Der Haken ist ja noch in der Wand!« Bei diesen Worten sah sie den Knecht vielsagend an. »Wenn er eben fähig ist, das Seil zu fassen, ziehst du ihn hoch. Und untersteh dich, ihn wieder fallen zu lassen!«
    »Ich habe nicht …«
    »Hol ihn herauf, Rupert!«, erklärte die Kammerfrau. »Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.«
    Armand schöpfte Hoffnung, als das Seil herabgelassen wurde. Er hatte Giselas Stimme gehört, aber nicht alles verstanden, was sie zu ihm herunterrief. Er war zu kurzatmig, um antworten zu können – vielleicht hatte er sich ein paar Rippen gebrochen. Es tat weh, wenn er versuchte, die Stimme zu erheben.
    »Hier, versuch, ob du es dir umlegen kannst!«, rief Gisela und versuchte, das Seil so in Schwingungen zu versetzen, dass er es leicht greifen konnte. »Wenn nicht, dann … also ich kann auch …«
    Armand bemühte sich um eine abwehrende Handbewegung. Das Mädchen durfte auf keinen Fall versuchen, sich abzuseilen! Er musste es allein schaffen … Armand tastete nach seinem Sicherungsseil. Es war nach wie vor fest um seine Brust vertäut, hatte sich aber nicht zugezogen. Also war der Strick nicht unter seinem Gewicht gerissen – der Knoten musste sich gelöst haben. Seltsam. Aber darüber konnte er später nachdenken, wenn es ein Später gab. Jetzt musste er das neue Tau um seine Brust binden. Oder an dem alten befestigen … oder beides … Armand schwindelte, ihm war übel, und sein ganzer Körper schmerzte. Aber er wollte leben.
    Mühsam zog er das Tau durch die Schlinge um seinen Oberkörper, knotete es fest – und wand den Strick dann noch mal um seinen Leib. Besser zweifach sichern … Schließlich lag er schwer atmend da. Einen Moment brauchte er, um Kraft zu schöpfen, dann versuchte er, sich aufzusetzen. Er musste sich abstützen, Rupert und den Mädchen die Arbeit erleichtern … Armand kämpfte sich auf die Knie.
    »Zieh ihn jetzt verdammt noch mal hoch!«, brüllte Gisela Rupert an.
    Sie griff auch selbst nach dem Ende des Seils, desgleichen Konstanze.
    »Es wäre besser, es am Sattel des Maultiers festzumachen«, regte Dimma an.
    Aber da hatte Rupert schon angezogen. Es ging quälend langsam. Armand meinte, das Bewusstsein zu verlieren, als sich das Seil um seine Brust festzog. Er versuchte, den Druck zu lindern, indem er die Hände um das Seil krampfte. Schließlich griff er mit letzter Kraft nach dem Klippenrand.
    Armand stöhnte auf, als Rupert ihn mit einem Ruck auffesten Boden zog. In diesem Augenblick fielen die ersten Regentropfen. Der Himmel verdunkelte sich rasch.
    Armand fiel zitternd und keuchend auf den Fels. Gisela kniete neben ihm nieder und nahm ihn in die Arme. Erschöpft ließ er den Kopf in ihren Schoß sinken – und wäre am liebsten dort liegen geblieben. Gisela weinte und lachte gleichzeitig. Sie hielt ihn umschlungen, küsste sein Haar …
    Bis Dimma sie schüttelte.
    »Hast du den Verstand verloren!«, fuhr die alte Frau ihre junge Herrin an. »Wähnst du dich im Rosengarten am Minnehof? Wir müssen hier weg, Gisela! Wenn gleich Schnee fällt und wir nichts mehr sehen, weht es uns die Klippen hinunter. Und die Kleinen erfrieren. Was ist mit Euch, Armand? Könnt Ihr aufstehen? Könnt Ihr gehen?«
    Konstanze wollte den jungen Ritter untersuchen, aber Armand machte eine abwehrende Handbewegung. Dimma hatte recht. Sie waren keineswegs außer Gefahr. Er musste sich zusammennehmen.
    Armand zog sich an

Weitere Kostenlose Bücher