Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin

Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin

Titel: Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
Vom Netzwerk:
verteilten die Kinder auf die Pferde und gingen zu Fuß.
    An diesem Tag war es wolkig und regnerisch in den Bergen, aber nicht neblig. Kein barmherziges Leichentuch aus Dunst legte sich über die Opfer des Gotthards: Die Gruppe passierte die Leichen von Kreuzfahrern, die sich zu Tode gestürzt hatten, aber auch die von Kindern, die anscheinend einfach am Weg liegen geblieben waren, an Erschöpfung gestorben oder erfroren. Nach ein paar Meilen – der Weg führte stetig bergan, zeigte sich aber nicht so gefährlich wie am Tag zuvor – fanden sie ein verwirrtes kleines Mädchen, angeschmiegt an die Leichen seiner Schwester und des Bruders.
    »Wir haben uns ganz eng aneinandergekuschelt«, flüsterte die Kleine, als Konstanze sie fast gewaltsam unter den Röcken der Toten hervorzog. »Aber heute Morgen … heute Morgen war die Anne ganz steif, und der Martin …«
    Konstanze hob das Kind auch noch auf Dimmas Pferd. Die rotbraune Stute hob unwillig ein Hinterbein, als die Kleine zu weit auf ihre Kruppe rutschte, verhielt sich dann aber brav.
    Um die Mittagszeit war die Luft so dünn und feucht, dass die Wanderer kaum atmen konnten. Armand schien völlig am Ende, als sie kurz rasteten. Er schaffte es kaum, ein paar Bissen Brot zu essen, sondern trank nur gierig Wasser und ein paar Schlucke Wein. Schließlich gab er Giselas Drängen nach und bestieg sein Pferd. Comes’ Bewegungen schüttelten ihn zwar gnadenlos durch und ließen seine Muskeln fast ebenso schmerzen wie beim Wandern, aber das Reiten ersparte ihm doch wenigstens die Schmach, sich auf Gisela zu stützen. Es war für ihn schlimm genug, dass er es ohne Ruperts Hilfe nicht schaffte, in den Sattel zu steigen.
    »Wie ist das überhaupt passiert?«, fragte er den Jungen, während der ihm den Steigbügel hielt. »Das mit dem Seil, meine ich …«
    Rupert ging sofort in Verteidigungsposition. »Ich habe nicht losgelassen! Ihr …«
    Armand machte eine abwehrende Handbewegung. Unzählige Messer schienen ihm durch die Schultern zu fahren, und er zuckte vor Schmerz zusammen. »Das andere Seil … die Sicherung. Es … es ist nicht gerissen … und ich hatte … ich hatte es gut festgebunden.« Armand stöhnte auf, als Rupert ihn in den Sattel schob.
    »Der Haken hat sich gelöst!«, erklärte Rupert knapp.
    Armand nickte, ausreichend damit beschäftigt, sich irgendwie im Sattel einzurichten. Die Sache leuchtete ihm ein. Knoten winden konnte er – aber er hatte noch nie einen Haken in eine Felswand geschlagen.
    Es nieselte unablässig, und die Wanderer hatten keinen Blick für die gewaltige Bergwelt, die sich ihnen immer wieder auftat.
    Gott hatte hier zweifellos Wunder geschaffen, dachte Konstanze, aber menschenfeindliche. Ob Er gar nicht daran gedacht hatte, dass Seine Pilger diese Berge überqueren wollten? War es vielleicht gar nicht in Seinem Sinne?
    Als sie schließlich die Schöllenenschlucht vor sich hatten, war kein Zweifel möglich: Die Felswände fielen hier fast senkrecht ab, und unter ihnen floss die Reuss.
    Gisela wurde blass, als sie den einzigen Abstieg sah. Glitschige, in den Fels gehauene Stufen.
    »Da kommen wir nie im Leben herunter!«, flüsterte sie – und wies erschauernd auf unzählige tote Leiber auf den Felsen am Ufer des Gebirgsflusses. Andere Kreuzfahrer, die hier abgestürzt waren. Ein Tierkadaver entlockte Magdalena einen Aufschrei.
    »Nikolaus! Nikolaus’ Esel! Er muss … ich muss dort hinunter! Wenn er zu Tode gestürzt ist … wenn Nikolaus …«
    Das Mädchen war völlig außer sich.
    Armand rutschte mühsam aus dem Sattel.
    »Beruhige dich, Lenchen, der Junge wird da nicht heruntergeritten sein«, tröstete er. »Niemand kann da herunterreiten. Wenn die Tiere es überhaupt schaffen können, dann nur ohne Ballast, sie müssen sich ausbalancieren können.«
    »Dann müssen wir auch die Sättel abnehmen?«, fragte Konstanze mutlos. »Und die Zelte?«
    »Die Sättel schwanken nicht«, erklärte Armand. »Die bringen ein sicheres Pferd nicht aus dem Gleichgewicht. Aber ängstliche Kinder, die sich anklammern, schon. Lasst also alle absteigen – und nehmt euch aus den Satteltaschen, was ihr tragen könnt. Wenn wirklich ein Pferd abstürzt und in den Fluss fällt, sind die Sachen verloren.«
    Er selbst versuchte, die Seile aus Comes’ Tragtaschen zu bergen.
    »Wir seilen uns wieder an. Die kleinen Kinder gehen zwischen den älteren – macht euch bereit, sie zu halten, wenn sie abrutschen. Und wir bringen auch wieder Haken an. Wir gehen

Weitere Kostenlose Bücher