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Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin

Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin

Titel: Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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Gipfel und einen Gebirgssee, in dem sich das Panorama spiegelte. Unendliche Schönheit – aber wenn man zu lange verweilte, um sie zu genießen, würde man erfrieren.
    »Wir sollten ein Gebet sprechen!«, sagte Rupert, ganz erfüllt von seinem Auftrag.
    Auch ihm machte der Blick in den Himmel Mut. Wenn es möglich war, so weit zu kommen – wenn ein Pferdeknecht aus dem Rheinland an Gottes Tür klopfen konnte –, dannwürde sich auch das Meer teilen und den Weg in eine neue Welt öffnen!
    Niemand widersprach, und schließlich sang Gisela mit ihrer wunderschönen Sopranstimme Gottes Lob, und Konstanze sprach eines der tausend Gebete, die sie sechs Jahre lang täglich wiederholt hatte. Sie empfand dabei jedoch nichts – ja schlimmer noch, sie machte sich der Hoffart schuldig. Statt Gott für die Schönheit um sich herum zu preisen, betrachtete sie nur ihr Gesicht im Spiegel des Bergsees. Keine Nonne mehr, sondern das Fräulein Konstanze von Katzberg, das sein Haar stolz seinem Stand gemäß offen trug. Keine härenen Gewänder, sondern wollene Kleider und Pelze. Keine Kasteiungen, sondern ein weiches Sattelkissen auf einem Saumpferd, auf dem sie ein Knecht über den Pass führte. Konstanze dachte wieder an die Wahrsagerin. Ich sah dich in den Armen eines Königs …
    »Ist dies nun der Pass?«, fragte Gisela ihren Bergführer, als sie endlich weiterritten. Er schüttelte den Kopf.
    »Fast, Fräulein. Eine Stunde ungefähr müssen wir noch wandern, aber viel weiter hinauf geht es nicht. Am Zenit des Weges ist eine Einsiedelei. Da leben immer ein oder zwei Mönche, die sich erschöpfter Wanderer annehmen. Allerdings werden sie kaum auf eine Invasion wie die unsere vorbereitet sein!«
     
    Nun hatten die Mönche allerdings schon den Durchzug von Nikolaus’ Schar erlebt und wunderten sich über nichts mehr. Sie hatten ihre kargen Vorräte sämtlich verteilt und atmeten auf, als die nächsten Wanderer wohlversorgt ankamen und ihren Proviant sogar mit ihnen teilten.
    Airolo war jetzt nicht mehr weit, und Dimma und Konstanze verkochten mit Zustimmung der gesamten Kohorte ihre sämtlichen Nahrungsvorräte zu einem reichhaltigen Eintopf. So bekamen nicht nur sie etwas Warmes in den Magen, sondern es blieb auch noch Suppe für die Nachhut.
    »Und mit denen macht ihr es dann genauso!«, instruierte Dimma die Mönche. »Gebt ihnen den fertigen Eintopf und sammelt ihre Vorräte ein, um neuen zu kochen. Dann werden auf Dauer alle verpflegt.«
    Gisela wäre am liebsten dageblieben und hätte die Aufsicht über die Kochstelle übernommen. Sie sorgte sich um Armand, der mit der Nachhut reiten wollte und sicher noch Stunden im Sattel sein würde, wenn sie selbst Airolo längst erreicht hätten. Dabei machten seine Verletzungen ihm noch zu schaffen. Aber der Rest der Gruppe strebte jetzt abwärts, und Dimma zog Gisela mit.
    »Armand will dich vor allem in Sicherheit wissen!«, erklärte sie ihr. »Du hilfst ihm am besten, indem du den Mönchen einen Gruß aufträgst. Er wird glücklich sein, zu hören, dass du wohlbehalten über den Pass gekommen bist.«
    Auch Magdalena und Rupert hatten die Mönche beruhigen können. Nikolaus, sein Ritter Wolfram und wohl auch alle anderen aus seiner Gefolgschaft waren wohlauf und inzwischen sicher längst in Airolo.
    Die Frauen und Mädchen der ersten Kohorte hörten die Kinder denn auch schon singen, als sie am Nachmittag in dem idyllischen Bergdorf einritten. Nikolaus hatte seine Getreuen auf dem Dorfplatz versammelt und betete für die Toten: »Schönster Herr Jesu, Herrscher aller Herren, Gottes und Mariä Sohn! Dich will ich lieben, dich will ich ehren, meiner Seelen Freud’ und Kron’ …«
    Am Anfang des Kreuzzuges hatte Konstanze dieses Lied noch gemocht. Es war erhebend gewesen, es aus Aberhunderten von Kindermündern zu vernehmen. Jetzt hatte es jedoch einen mehr als bitteren Beigeschmack. Nur noch wenige Gefolgsleute des kleinen Predigers sangen mit. Die meisten waren schlichtweg zu erschöpft und ausgelaugt.
    Airolo war etwas größer als Göschenen und Hospental, aber die Menschen waren ebenso freundlich. Soweit sie konnten, teilten sie ihr karges Essen mit den Kindern, undGisela wurde mit ihrer Gruppe besonders freundlich aufgenommen. Schließlich waren sie in Begleitung der Leute aus Hospental und wurden als Adelige und Gäste der Burg ausgewiesen. Die Dörfler begegneten ihnen mit Hochachtung, während sie dem sonstigen Heer eher mit einer Mischung aus Mitleid und

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