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Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin

Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin

Titel: Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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verriet Konstanze und Armand, dass in der Nacht acht weitere Kreuzfahrer gestorben waren. Kinder, die erst in Florenz und Siena zum Heer gestoßen waren.
    »Ich hoffe, das hat nun endlich ein Ende!«, sagte Konstanze.
    Karl nickte inbrünstig. Er formierte sich mit seinen Kindern auch gleich ganz vorn an der Treppe. Besorgt bemerkte Konstanze, dass sich hier anscheinend zwei Gruppen bildeten. Links standen Bruder Bernhard und Bruder Leopold mit den zuletzt angeworbenen, noch begeisterten Kindern, rechts Karl mit den schon erfahrenen.
    Sie alle ließen sich ehrfürchtig auf die Knie nieder, als der Papst endlich erschien. Er stand groß und imponierend auf der Schwelle seiner Kapelle – des heiligsten Ortes im Erdkreis, wie eine Inschrift behauptete. Obwohl nicht mehr jung, hielt er sich aufrecht, und sein ovales, ernstes Gesicht wirkte majestätisch. Der Papst war kostbar, aber nicht prachtvoll gekleidet, er trug eine weiße Soutane über einem schneeweißen Untergewand, dazu einen roten Schulterüberwurf. Seinen Kopf zierte ein schlichtes Käppchen. Das Kreuz um seinen Hals war edelsteinbesetzt, und auch die Ringe, die seine behandschuhten Hände zierten, waren überaus kostbar.
    »Seid gegrüßt, meine Kinder!« Innozenz III. nickte seinen Besuchern huldvoll zu. »Ihr seid von weit her gekommen, um uns zu sehen, und wir sind beschämt von eurem Opfermut für Jerusalem!«
    Die neu angeworbenen Kinder rund um die Mönche jubelten.Aus den Reihen hinter Karl erhob sich kaum eine Stimme. Nur ein oder zwei Mädchen übersetzten die Worte des Papstes ins Deutsche.
    »Aber man sagte mir, ihr hättet ein Anliegen an die heilige Kirche – und könntet euer löbliches Vorhaben zur Rettung des Heiligen Landes nicht fortführen, solange es nicht gewährt wurde. Also sprecht, meine Kinder! Wir werden euch mit offenem Herzen lauschen.«
    Die neuen Kinder applaudierten wieder.
    »Wahrscheinlich erwarten sie, dass morgen Schiffe im Hafen von Ostia für sie bereitstehen«, wisperte Konstanze.
    Armand legte die Hand an die Lippen. »Und wenn es so wäre?«, überlegte er.
    Im Heer schien man unschlüssig, wer den Sprecher stellen sollte. Die erfahrenen Kreuzzügler schoben Karl vor, aber der schien zu hoffen, dass Armand das Wort ergriff. Schließlich nutzte Bruder Bernhard Karls Zögern und trat vor.
    »Heiliger Vater, zunächst einmal erbitten wir Euren Segen. Und wir bitten Euch um Euren Rat, Heiliger Vater. Wir alle haben den Eid der Kreuzfahrer geschworen, aber Gott in seiner unendlichen Weisheit hat uns nicht durch das versprochene Wunder belohnt. Was also erwartet Er von uns? Was erwartet die heilige Kirche?«
    Armand lauschte angespannt. In den Reihen hinter Karl rumorte es. Und schließlich machte der Junge einen entschlossenen Schritt nach vorn.
    »Heiliger Vater!«, sagte er, noch ehe der Papst Bruder Bernhard antworten konnte. Zu Konstanzes Verwunderung sprach er ein annehmbares Italienisch, ähnlich ihrem eigenen. Offensichtlich hatte der Junge einmal Latein gelernt. »Um eben diesen Eid geht es. Wir sind Nikolaus von Köln aus gefolgt. Wir haben geglaubt, wir könnten mit unseren Gebeten das Heilige Land befreien. Wir haben alles auf uns genommen, das Gebirge, die Kälte, das Fieber … Tausende von uns sind gestorben … Aber sie sind für einen Traum gestorben!Den Traum eines armen, dummen Jungen, der gut reden und singen konnte. Aber Gott … Gott ist Nikolaus bestimmt nicht erschienen!«
    »Woher willst du das wissen?«, fuhr Bruder Leopold ihn an.
    Karl musterte den Mönch ohne Furcht. »Weil Gott seine Versprechungen hält«, sagte er ruhig. »Gott ist gut. Gott narrt uns nicht. Und ich bin sicher, Gott verzeiht uns unsere Dummheit. Wir waren jung, wir waren fehlgeleitet – aber nun wollen wir nach Hause. Heiliger Vater, bitte, entbindet uns im Namen Gottes von unserem Eid!«
    »Du nennst den Eid der Kreuzfahrer eine Dummheit?« Bruder Bernhards Stimme klang drohend.
    Aber jetzt hob der Pontifex die Hand und gebot den Streitenden Schweigen.
    »Ruhe, meine Kinder, Ruhe! An diesem heiligen Ort sollen keine bösen Worte fallen! Und unser junger Freund hier hat zweifellos recht: Gott ist gut. Gott narrt seine Kinder nicht. Aber Gott lässt auch nichts geschehen, was gegen seinen Plan verstößt.«
    Konstanze holte tief Luft. Gisela grub ihre Finger in Armands Arm.
    »Insofern, meine Kinder, kann ich euch nicht von eurem Eid entbinden.«
    In den Reihen hinter Karl hörte man enttäuschte Aufschreie, in Karls Gesicht

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