Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin
Rupert fühlte sich hier sicherer als beim Zweikampf vor den Ehrenbaldachinen, wo den meist hochadeligen Richtern kein Formfehler entging.Doch je weiter sich der selbst ernannte Ritter Wolfram von Pisa entfernte, je mehr Turniere er besuchte und je mehr Anerkennung unter den Rittern er sich erfocht, desto mutiger wurde er.
Schließlich wagte er sich tatsächlich an den Tjost heran und war überglücklich, als er gleich seine ersten drei Zweikämpfe gewann. Bei dem kleinen Turnier in der Maremma schied er erst aus, als nur noch zehn Teilnehmer übrig waren, und die Herrin des Hofes belohnte den schneidigen jungen Ritter mit einer Silberkette. Dazu kamen die Rüstungen und Pferde der Gegner, die traditionell in den Besitz des Siegers übergingen und die sie anschließend auslösen mussten – Rupert fühlte sich reich!
Überhaupt gefiel ihm das Leben als Fahrender Ritter – er fühlte sich wohl in der Gesellschaft der anderen, die oft ebensolche Haudegen waren wie er. Natürlich gab es auch die wohlerzogenen, im Schwertkampf wie im Lautenspiel und in der Dichtkunst versierten Troubadoure. Fahrende Ritter, die aber dennoch an der Hofetikette festhielten und mit ziemlichem Dünkel auf Kämpfer wie Rupert herabsahen. Sie gelangten viel eher an eine Einladung an die Tafel von Herzögen und Königen – aber an kleineren Höfen fanden auch Rupert und seine neuen Freunde Aufnahme in der Halle des Burgherrn.
Oft genug schlief er unter prachtvollen Kreuzgewölben und zwischen mit Wandteppichen und Schilden geschmückten Wänden seinen Rausch aus – wobei er bald merkte, dass man sich vor den Kämpfen besser mit dem Trinken zurückhielt! Auf kleineren Wettbewerben war Nüchternheit schon der halbe Sieg, und so gelang es dem »Ritter Wolfram« binnen weniger Wochen, sich einen ersten Namen als Turnierkämpfer zu machen.
Und nun also Palermo! Natürlich verspürte Rupert ein wenig Angst, aber im Grunde traf er hier auf die gleichen Zechkumpane wie auf anderen Treffen.
»Nein, nein, mein Freund, das scheint nur so!« Tankred von Bajou, ein wuchtiger Kämpe und starker Trinker, lachte, als Rupert diese Annahme äußerte. »Die feinen Herren zechen hier nicht mit uns unter freiem Himmel! Die sitzen im Palast an der Tafel des Königs, und glaub mir, da sind Ritter darunter, gegen die ich nicht in die Schranken reiten wollte! Du und ich, mein Freund, wir können uns hier satt essen, und mit sehr viel Glück schlagen wir uns so gut, dass das Auge eines der Fürsten auf uns fällt, sodass sie uns auf ihre Burg bitten. Aber siegen wirst du hier nicht, Wolfram!«
Die meisten Fahrenden meldeten sich denn auch nur zum Buhurt, nicht zum Tjost. Schließlich mochten sie ihres Pferdes und ihrer Rüstung nicht gleich beim ersten Zweikampf verlustig gehen – viele hatten kaum genügend Reserven, um diese lebenswichtige Ausrüstung dann wieder auszulösen. Und die Ritter, denen man imponieren wollte, würden auch nicht beim Zweikampf der Drittklassigen zusehen, sondern sich für ihren eigenen Auftritt wappnen. Beim Buhurt dagegen konnte man sich der vielversprechendsten Partei zugesellen. Meist fungierte ein verdienter Ritter als Heerführer, und wenn der sich über einen Sieg richtig freute, nahm er schon mal die Hälfte seiner Mitstreiter in sein Gefolge auf.
Rupert blieb vorerst unentschlossen. Er hatte genug gespart, um sich ein oder zwei Niederlagen leisten zu können, aber Tankreds Argumente waren natürlich auch nicht von der Hand zu weisen. Er kannte den französischen Ritter als rechten Rohling. Wenn Tankred einen Kampf scheute, dann hatte er seine Gründe.
Am besten sah man sich die Sache am nächsten Tag erst einmal an – und widmete sich vorerst dem exzellenten Essen! Rupert ließ sich noch eine Scheibe Ochsenfleisch auf die gewaltige Brotscheibe geben, die ihm als Teller diente. Er leckte sich die Sauce von den Fingern, vermischte den Wein aber mit Wasser. Wer wusste es schon? Vielleicht schlug ja schon am kommenden Tag seine große Stunde! Wenn er diesem KönigFriedrich imponierte, nahm er ihn möglicherweise mit nach Rom oder wohin er sonst wollte. Oder er gab ihm gleich hier ein Lehen. Der kleine König Heinrich – das Kind, dessen Krönung man hier feierte, brauchte schließlich ergebene Ritter. Auf die Dauer würde der Ritter Wolfram es bestimmt zu einem Lehen bringen – und dann würde er auf die Einhaltung des Vertrages pochen, den er sorgsam in seiner Satteltasche verwahrte: des Ehevertrages des Bärbachers mit
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