Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin
Bernhard, hat er vorhin gebissen!«
In Konstanze weckte allein die Erwähnung des Minoriten böse Erinnerungen, und erst recht der Gedanke, dass man den Mann ein Kind berühren ließ. Nun konnte der kleine Heinrich sich ja wehren. Aber was war, wenn der widerliche Mönch eines Tages für das Amt des Erziehers eines Edelknaben ausersehen wurde?
Die Gedanken an Magdalenas Peiniger überschatteten Konstanzes Wiedersehen mit Malik, der sie kurz darauf wie versprochen in ihren Räumen aufsuchte. Allerdings hatte der Besuch nichts von den Heimlichkeiten ihres letzten Treffens in Florenz. Malik kam in Begleitung Muhammed al-Yafas.
Der verbeugte sich zunächst wieder. »Verzeiht, Sayyida, ich möchte Euer Zusammensein mit Eurem Herrn nicht stören. Aber Ihr selbst habt mich gebeten, Euer Zeuge zu sein, und ich habe mir erlaubt, meinem Herrn zu bedenken zu geben, dass … dass … also …«
Zu Maliks Erheiterung wurde der alte Kaufmann rot. »… dass es dich möglicherweise entehrt, falls wir heute Nacht noch unsere Ehe vollziehen, bevor sie richtig geschlossen ist. Schließen lässt sie sich natürlich leicht, aber vorher ist noch diese Zeremonie zu vollziehen. Du musst dich zum Islam bekennen, Konstanze. Willst du immer noch?«
Konstanze nickte. Wenn sie Malik vor sich sah, so schön und freundlich, sein edles Gesicht beseelt von der Liebe zu ihr, wollte sie ohnehin nur noch ihn. Aber sie durfte auch nicht alles vergessen, was hinter ihr lag. Und vielleicht konnte sie doch noch etwas tun für all die verlorenen Kinder.
»Malik, ich habe hier wieder einen dieser Minoriten gesehen«, wechselte sie das Thema, »was mir die Kinder im Heiligen Land erneut ins Gedächtnis rief. Muhammed al-Yafa – wisst Ihr etwas über zwei Schiffe mit Heranwachsenden aus Pisa, die nach Akkon segeln wollten?«
Der Vertraute des Sultans nickte, aber seine Miene verriet nichts Gutes. »Ja, Sayyida, leider. Eines der Schiffe ist vor Zypern gekentert. Die meisten Kinder sind ertrunken. Das andere erreichte Akkon. Was dort geschah, müsst Ihr die Christen fragen, ich persönlich verstehe nicht, warum man die Kinder nicht zurückgehalten hat. Aber sie marschierten geradewegs in Richtung Jerusalem – und stießen gleich hinter der Grenze auf Truppen al-Adils. Es tut mir leid, Sayyida, aber das Kinderheer wurde aufgerieben. Mein Herr lässt die Sache untersuchen, aber man darf davon ausgehen, dass die Männer provoziert wurden. Wahrscheinlich ein paar Hitzköpfe auf beiden Seiten. Die Überlebenden werden als Sklaven verkauft.«
Konstanze verbarg das Gesicht hinter ihren Händen. Aber dann schien sie zu einem Entschluss zu kommen.
»Du musst sie kaufen, Malik! Du nennst Allah den Erbarmer, aber du lässt zu, dass seine Diener unschuldige Kinder versklaven!«
Malik zog eine Augenbraue hoch. »Habe ich etwas verpasst?«, erkundigte er sich. »Hat der Papst den Sklavenhandel verboten?«
Konstanze schüttelte wild den Kopf. »Nein, hat er nicht, und gleich kommst du mir auch noch mit den christlichen Gaunern, die Stephan auf ihre Galeeren gelockt haben. Aber du willst mir doch gerade einreden, bei euch sei alles besser! Also zeig deinen guten Willen, werde zum Werkzeug Allahs und rette diese Kinder!«
Malik wandte sich hilflos an Muhammed al-Yafa. »Wie viele sind es denn?«, erkundigte er sich.
Der Kaufmann zuckte die Schultern. »An die zweihundert«, vermutete er.
Malik nickte kurz entschlossen. »Gut. Zweihundert oder dreihundert – dein Wunsch ist Befehl in meinem Land, Konstanze. Mir und allen anderen. Wenn du bitte den Auftrag der Sayyida annehmen würdest, Muhammed. Begib dich mitdem nächsten Schiff nach Alexandria und erwirb die nach dieser Schlacht gefangen genommenen Sklaven. Wenn sie bereits verkauft sind, treib sie auf und handle sie den Besitzern wieder ab.«
Konstanze atmete auf.
Muhammed al-Yafa verbeugte sich, diesmal aber etwas widerstrebend.
»Und was … machen wir dann mit ihnen, mein Prinz? Wir können sie nicht einfach freilassen. Dann verhungern sie entweder, oder sie stürzen dem nächsten Heer in die Schwerter.«
Malik warf Konstanze einen fragenden Blick zu.
Das Mädchen biss sich auf die Lippen. »Vielleicht … geben wir sie diesem Franziskus! Der sollte doch nun auch irgendwann eintreffen. Soll er sehen, wie er sie zurück nach Pisa bringt oder was er sonst mit ihnen macht. Und bis dahin … bis dahin müssen wir sie eben durchbringen. Oder gibt das die Staatskasse nicht her?«
Muhammed al-Yafa stöhnte
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