Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin
gesungen, und die jungen Hofdamen wetteiferten darum, ihm ihr Zeichen zuzustecken. Aragis hatte seine Minnedame allerdings längst gewählt und hielt ihr Zeichen geradezu heilig. Er entsprach in jeder Beziehung dem Ideal eines Ritters: schön, lauter und in allen ritterlichen Künsten beschlagen.
Das bewies er auch jetzt. Obwohl Aragis’ Pferd leichter war als der Schecke aus dem Stall des Königs, brachte er Armand beim zweiten Tjost aus dem Sattel – ungeheuer geschickt, mit einer Finte, die er wohl den Sarazenen abgeschaut hatte. Malikapplaudierte jedenfalls anerkennend, erhob sich dann aber besorgt, als Armand nur schwerfällig auf die Beine kam.
Aragis war selbstverständlich sofort abgestiegen und wartete darauf, dass sein Gegner sich ihm zum Schwertkampf stellte. Die aufgeregte und besorgte Gisela registrierte, dass er Armand freundlich ansprach. Der schüttelte allerdings den Kopf, und der Kampf ging gleich darauf weiter.
»Er ist unglücklich auf die Schulter gefallen«, beruhigte Konstanze ihre nervöse Freundin. »Genau auf die Stelle, die er sich damals am Gotthard schon geprellt hatte. Aber es sieht nicht so aus, als habe er sich ernstlich verletzt. Er kämpft zumindest tapfer.«
»Er ist ja auch ein Ritter!«, gab Gisela stolz zurück. »Solange er eben kann, zeigt er keinen Schmerz! Wie es ihm wirklich geht, erfahren wir erst, wenn der Kampf zu Ende ist.«
Armand brachte ihn wider Erwarten siegreich zum Schluss. Aragis hatte wohl vorher schon mehrere Kämpfe bestanden. Der Troubadour war zwar äußerst geschickt, aber von eher schmaler Statur. Beim Schwertkampf ermüdete er schnell und versuchte das durch Finten auszugleichen. In Armand traf er jetzt auf jemanden, der sie durchweg kannte. Schon gleich beim dritten oder vierten Angriff wurde Aragis das Schwert aus der Hand geschlagen.
»Das war ein sehr guter Kampf!«, erklärte die Königin mit neu erworbener Sachkenntnis. »Was meint Ihr, Gisela, sollten wir Aragis de Montspan mit einem kleinen Geschenk ehren?«
Gisela nickte eifrig. Das Prinzip zumindest hatte die Königin verstanden. Fahrende Ritter waren auf ihre Zuwendungen angewiesen, auch wenn sie nicht gewannen.
Die Königin überreichte also eine Brosche, während es Gisela kaum auf ihrem Platz hielt. Als sich die nächsten Reiter zum Tjost aufstellten, stand sie auf.
»Verzeiht, Majestät!«, wandte sie sich ehrfürchtig an den kleinen König, zwinkerte aber nebenbei seiner Mutter zu.»Erlaubt Ihr, dass ich mich eine kurze Zeit entferne, um nach meinem Gatten zu sehen? Er schien mir unglücklich gefallen zu sein, und …«
»Eurem Gatten?«, fragte die Königin erstaunt. »Seit wann seid Ihr vermählt?«
Gisela gab einen kurzen, leicht verwirrten Bericht, den die Königin schließlich mit einem Lächeln quittierte. »Dann wird es aber Zeit, dass hier klare Verhältnisse geschaffen werden! Noch an diesem Abend solltet Ihr Euch in der Halle des Königs Eide schwören. Ich denke, die Krönung meines Sohnes ist ein schöner Anlass, Eure Verbindung auch im Kreise der Ritter festzuschreiben. Und Kardinäle, um sie zu segnen, haben wir ausreichend.«
Sie wies auf die rot gekleideten Herren, die man zur Rechten des Königs auf der Ehrentribüne untergebracht hatte. Wahrscheinlich kommentierten sie das Turnier dort nicht minder kundig als die Ritter. Sie mochten selbst ihre Schwertleite gefeiert haben, bevor ihr Vater sich entschloss, dass ein Geistlicher der Familie nützlicher war als ein Kämpfer. Zweifellos hatte sich keiner von ihnen über eine Dorfpfarre hochgedient. Mit hohen Kirchenämtern wurde gehandelt wie mit Lehen.
Gisela dankte errötend und entfernte sich mit dem Segen der Herrin. Lediglich bei dem kleinen König stieß die Entscheidung auf Protest.
»Aber ich wollte sie doch heiraten!«
Gisela lachte, als sie die Stufen hinunterlief, um Armand zu sehen.
Karl behandelte die Schulter des Ritters eben mit Kampfersalbe – Donna Maria hatte sie ihm in Rivalta gemischt.
»Es ist nichts, Liebste!«, beruhigte Armand das besorgte Mädchen. »Es zieht ein wenig, wenn ich das Schwert führe, aber es hindert mich nicht daran zu kämpfen, und es ist sicher nichts verletzt. Mach dir keine Sorgen, ich werde dein Zeichen weiterhin in Ehren führen!«
»Mach nur keinen Fehler!«, gab Gisela zärtlich besorgt zurück und erzählte ihm schnell von der Einladung der Königin, am Abend die Eide zu schwören. »Ich möchte nicht, dass du den Arm in der Schlinge trägst, wenn du mich
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