Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin
musste es gehen. Rupert beschloss, sich Armands Gegenpartei anzuschließen und sich an der Flanke des Heeres zu halten. Er konnte Armand nachsetzen, wenn der erste Angriff geritten war – und ihn vielleicht sogar von hinten schlagen. Am besten griff er ihn erst an, nachdem er vom Pferd herunter war – im Nahkampf traute sich Rupert deutlich mehr zu denn im Tjost.
Kapitel 5
Armand ließ sich während der Pause zwischen Tjost und Buhurt massieren und fühlte sich anschließend wieder besser.
Die alte Kammerfrau Dimma durfte dem Fest zusammen mit den Hofdamen der Königin beiwohnen, was eine große Ehre war, und die Damen hatten bereits den einen oder anderen Becher geleert. Nun machten sie sich über die Speisen her, die während einer Unterbrechung des Turniers zum Zwecke der Stärkung in einem dafür aufgebauten Zelt serviert wurden. Dimma fand Zeit, einen Blick auf Giselas Frisur und den Zustand ihrer Kleidung zu werfen. Gisela berichtete ihr von der geplanten Eheschließung im Saal des Königs, was Dimma zutiefst befriedigte. Nichts anderes gebührte ihrer Schutzbefohlenen – sie würde es Jutta von Meißen in einem ausführlichen Brief berichten. Aber jetzt wollte sie ihrem Zögling von ihrer Entdeckung auf dem Turnierplatz berichten.
»Willst du vielleicht eine alte Liebe auffrischen?«, fragte Dimma schelmisch. »Dein erster Ritter, Guido de Valverde, ist unter den Teilnehmern am Buhurt. Ein stattlicher junger Mann – er hat durch die Monate als Fahrender Ritter deutlich gewonnen. Du könntest dich bei der Königin für ihn einsetzen, wenn er sich gut schlägt.«
Gisela lächelte erfreut und fast etwas wehmütig. »Oh, Dimma! Guido de Valverde! Was für ein Kind ich damals war! Ich habe wirklich gemeint, ihn zu lieben! Denkst du denn, es ist schicklich, ihn zu treffen? Nicht, dass ich ihn kompromittiere – oder er mich.«
Dimma schüttelte den Kopf. »Ach was, Kind, mitten auf dem Turnierplatz unter Hunderten von Rittern! Du darfstihn natürlich nicht küssen oder umarmen oder was dir sonst womöglich einfällt. Aber einen Jugendfreund zu begrüßen ist durchaus ziemlich. Nimm Konstanze mit oder jemand anderen, dann weiß auch jeder, dass du keine Zärtlichkeiten mit ihm austauschst.«
Guido de Valverde war ein so schöner Ritter, dass sich gleich drei der Mädchen anschlossen, die am Hof der Königin erzogen wurden. Und natürlich erwies Herr Guido sich der Ehre durchaus würdig. Er grüßte die Mädchen ehrerbietig und äußerte aufs Artigste seine Freude, Gisela wiederzusehen. Fasziniert lauschte er ihrem Bericht von der nicht geschlossenen Ehe und war hingerissen, als sie ihn zu ihrer Hochzeit an die Tafel des Königs lud.
»Es wäre mir eine besondere Freude, wenn Ihr unseren Bund bezeugt, Herr Guido! Ihr könntet dann auch Frau Jutta davon berichten, wenn Ihr einmal nach Meißen zurückkehrt!«
Vor allem erlaubte es dem jungen Fahrenden, dem künftigen Kaiser des Heiligen Römischen Reiches und dem eben gekrönten König Siziliens nahezukommen! Herr Guido konnte sein Glück kaum fassen.
»Gestattet, meine Herrin«, erklärte er schließlich, »dass ich im kommenden Buhurt unter Eurem Zeichen kämpfe! Natürlich tut dies auch schon Euer versprochener Gatte, aber mir wäre es eine besondere Ehre.«
Gisela nickte – würdevoll, aber doch mit dem verschmitzten Blick eines Kindes, das Minnedame spielt. »Sofern Ihr im Heer meines Gatten mitkämpft!«, schränkte sie ein und nestelte ein Band von ihrem Kleid. »Ich kann ja nicht beide Seiten anspornen!«
Als Gisela über den Platz tänzelte, während sich die Ritter zum Buhurt formierten, war sie äußerst gut gelaunt. Das Gespräch mit Guido de Valverde hatte sie beflügelt – genau das war es, was sie sich immer gewünscht hatte. Einen Hof führen, einer Burg vorstehen, junge Ritter lancieren und jungeMädchen mit dem möglichst passenden Gatten glücklich zu verheiraten! Sie würde Jutta von Meißen nacheifern und eine große Minneherrin werden! Gisela sah schon jetzt Hunderte edler Ritter unter dem Zeichen ihrer glühend verehrten Dame Gisela de Landes kämpfen. Und ihnen allen würde sie die ritterlichen Tugenden nahebringen … keiner von ihren Rittern würde sich benehmen wie Wolfram von Guntheim!
Gisela ließ den Blick über die Pferde schweifen, die auf ihre Reiter warteten. Sie wäre gern noch zu Armand hinübergegangen und hätte ihn mit einem Kuss in den Kampf geschickt, aber hier formierten sich eben die gegnerischen Truppen.
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