Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin
ihrer Aufregung merkte sie gar nicht, dass sie so ungezwungen mit ihm sprach, wie sie es mit Armand tat. Dies war nicht der Moment für Höflichkeitsbezeugungen.
Maliks Miene veränderte sich. Er blickte jetzt angespannt und unschlüssig. Er konnte sich offensichtlich keinen Reim auf Giselas Worte machen, aber der Name Rupert ließ ihn aufhorchen. Das plötzliche Verschwinden des Knechtes hatte ihn stets beunruhigt. Nach zwei Mordversuchen gab ein Mann wie Rupert nicht einfach auf!
»Tu etwas, Malik, wir können den König nicht mehr erreichen, und wenn …«
Wenn die Ritter erst gegeneinander anritten, war es zu spät. Eine tobende Schlacht – auch wenn es nur ein Spiel war – konnte niemand aufhalten.
Malik warf einen Blick auf den Kampfplatz und kam zu dem gleichen Schluss wie Gisela. Ein Versuch, hier dazwischenzugehen, war Selbstmord. Aber dann …
Malik griff nach dem größten der Bögen, den er ausmachen konnte, prüfte mit einer Bewegung die Sehne und wählte genauso entschlossen einen Pfeil.
»Rasch, gib mir ein Zeichen!«, rief er Gisela zu und wand das Band, das sie ihm reichte, geschickt um den Schaft des Pfeiles.
»Mein Herr, das geht aber nicht …«
Der Standbesitzer protestierte entsetzt, aber Malik hatte schon gezielt, und der Pfeil schnellte von der Sehne. Er flog über die erste der beiden Heeresgruppen hinweg und landete genau zu Füßen des Herolds, der jetzt noch zwischen ihnen stand, um die Heeresführer auf die Regeln einzuschwören. Der Mann fuhr erschrocken zurück, die Kämpfer erstarrten.
Während der Herold sich zitternd zu dem Pfeil begab, ihn aus dem Boden zog und das Band daran betrachtete, zog Malik Gisela vor den König.
Friedrich empfing sie aufgebracht und ungehalten. »Was soll das, mein Prinz? Eine Demonstration der überlegenen Kampfeskunst der Sarazenen? Das ist nun wirklich nicht angebracht. Oder warum im Namen des Herrn wolltet Ihr meinen Herold erschießen?«
Malik machte eine abwehrende Handbewegung, verbeugte sich aber ehrerbietig.
»Majestät, hätte ich Euren Herold töten wollen, so steckte der Pfeil jetzt in dessen Brust und nicht im Boden«, bemerkte er, und es klang fast belustigt. »Aber wenn Ihr genau hinseht, so erkennt Ihr, dass der Pfeil das Zeichen einer Dame trägt. Ich lieh meinen Bogen der Frau Gisela von Bärbach. Sie hatein wichtiges Anliegen, das diesen Kampf betrifft, und wir sahen keine andere Möglichkeit, ihn aufzuschieben.«
Der König runzelte die Stirn. »Eine Dame, die den Buhurt aufschieben möchte?« Sein Ausdruck wurde etwas weicher, als Gisela vortrat. »Wohl mehr ein Fräulein … Also sprecht, Edle von Bärbach. Warum sollen diese Ritter nicht gegeneinander antreten?«
Gisela holte tief Luft. »Weil ich unritterliches Vorgehen befürchte!«, erklärte sie. »Einer der Ritter – Wolfram von Guntheim – ist gar kein Ritter. Er heißt auch nicht Wolfram, er gibt sich nur als der Guntheimer aus. Und er hegt einen Groll gegen Armand de Landes …«
»Ein Ritter, der kein Ritter ist? Ihr sprecht in Rätseln, mein Fräulein. Aber gut, wenn die Herren Ritter Wolfram von Guntheim und Armand de Landes bitte vortreten möchten!«
Armand, der seinem Heer vorgestanden hatte, folgte der Aufforderung sofort. »Wolfram« musste erst durch den Herold ausfindig gemacht werden. Dann standen der Scheckhengst und der Rappe aber beide vor dem König. Armand schob sein Visier hoch.
»Armand de Landes«, fragte Friedrich, »kennt Ihr diesen Ritter?«
Armand begutachtete kurz die Farben des Wappenrocks und mochte wohl auch den Hengst erkennen.
»Wolfram von Guntheim?«, sagte er mit fragendem Unterton.
»Ach was, ›Wolfram‹!«, mischte sich Gisela ein. »Zeig dein Gesicht, Rupert, dein Spiel ist aus!«
Rupert musste wissen, dass er verloren hatte. Aber er mochte nicht aufgeben. Entschlossen zog er sein Schwert und merkte wohl etwas zu spät, dass er nur eine Holzwaffe führte. Trotzdem wandte er sich mit fester Stimme an den König. »Ich führe die Waffen derer von Guntheim. Ich führe sie wie ein Ritter, und ich trage die Farben meiner Familie. Wenn mich jemand beschuldigt, nicht der zu sein, für den ichmich ausgebe, so muss er mich fordern! Aber zunächst fordere ich Armand de Landes! Das Fräulein Gisela von Bärbach ist mir von ihrem Vater versprochen. Den Ehevertrag kann ich Euch vorlegen. Aber Armand de Landes entführte und verführte das Mädchen. Ich fordere es hiermit zurück!«
Rupert warf Armand den Fehdehandschuh
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