Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin
schon vorausgereist, um an den heiligen Stätten zu beten, bevor sie aufsteigen in den Himmel!« Der Mönch bekreuzigte sich. »Und wie leicht es ihnen fallen wird, nach Jerusalem durchzudringen! Kein Heide wird ihnen spotten, kein Schwert wird sie aufhalten.«
»Dafür brauchten sie nicht erst zu ertrinken«, bemerkte Malik, der eben an Deck trat. »Mein Onkel Saladin gewährte allen christlichen Pilgern freies Geleit, und daran hält sich auch mein Vater. Die Pilger sollen nur ihre Schwerter und Schilde, ihre Streitrosse und Äxte zu Hause lassen.«
»Euer Vater, mein Sohn?« Der Blick des Mönches saugte sich geradezu an dem jungen Sarazenen fest. »Ihr seid der Sohn des Sultans? Oh, nun weiß ich, dass der Herr mich leitet! Nun weiß ich, warum wir dies durchleiden mussten! Der Herr führt mich geradewegs zum Oberhaupt der armen, fehlgeleiteten Menschen, die sich weigern, ihn anzubeten! Jesus Christus sei gelobt!«
Malik schaute irritiert von einem zum anderen. Konstanze, Gisela und der Kapitän schienen allerdings ähnlich sprachlos zu sein wie er. Der Prinz beschloss, sich erst einmal vorzustellen.
»Mein Name ist Malik al-Kamil, und mein Vater ist Abu-Bakr Malik al-Adil, Sultan von Alexandria. Aber die Vorstellung, Allah habe dieses Schiff versenkt, nur um ein Treffen zwischen Euch und mir herbeizuführen, möchte ich doch weit von mir weisen! Mein Vater gewährt jedem eineAudienz, der höflich darum nachsucht. Niemand braucht sich dafür in Lebensgefahr zu bringen.«
Der Mönch ging auf Letzteres nicht ein. »Oh, ich danke Euch für die Einladung, mein Prinz!«, sagte er stattdessen, und Konstanze registrierte seine eindringliche, klare und wohlklingende Stimme. »Aber Ihr müsst die Zeichen erkennen! Seht nur das Kreuz, das mich gerettet hat!« Der Mönch wies auf die Schiffstrümmer, die auf sein eindringliches Begehren hin mit an Bord genommen worden waren.
»Aber das ist doch …«, platzte Gisela heraus, »das ist doch das gleiche Zeichen, das Nikolaus trug. Aber er … er ist kein Franziskaner.«
Tatsächlich trug der Mönch keine braune Kutte, sondern ein raues Gewand aus ungefärbter kratziger Wolle.
Nun lächelte er Gisela an. »Ja und nein, mein Kind! Tatsächlich lehne ich das Ordensgewand ab – viel zu weich, viel zu komfortabel … eigentlich sollten wir nackt und bloß über die Erde gehen und alles den Armen schenken. Nur das wäre gottwohlgefällig. Aber der Papst hat darauf bestanden, dass … nun ja, jeder Orden braucht sein Gewand, und ich habe immerhin auf das schlichte Braun bestanden, auch als Zeichen der Trauer, dass Jerusalem immer noch in den Händen der Heiden ist.«
Er sah Malik mild, aber doch etwas vorwurfsvoll an.
»Ihr habt …«, flüsterte Konstanze, die langsam verstand. »Gisela, hol Armand! Und … und hol Dimma! Und die Kinder! Der Mann soll sich vor allen verantworten.« Sie wandte sich wieder dem Mönch zu. »Gebt zu!«, fuhr sie ihn an. »Ihr seid Franziskus von Assisi!«
»Warum sollte ich das nicht zugeben, mein Kind?«, fragte der Mönch freundlich. »Dies ist tatsächlich mein Name, und ich bin auf dem Weg ins Heilige Land, um Jerusalem Frieden zu bringen. Denn seht …«, er ließ seinen offenen Blick über Malik, den Schiffsjungen und den eher griesgrämigen Kapitän schweifen, »… viele Fehler sind gemacht worden inden letzten Jahrzehnten! Ihr habt so recht, mein Prinz, es war falsch, mit dem Schwert und der Kriegsaxt in der Hand ins Heilige Land zu reisen, um Jerusalem zu befreien! Der Herr hat uns das gezeigt, indem er die Heiden später wieder triumphieren ließ.«
»Dein Herr hat eine ziemlich blutrünstige Art, Euch etwas zu zeigen!«, bemerkte Malik. »Erst werden ein paar Tausend Bürger von Jerusalem abgeschlachtet, dann müssen wir fast genauso viele Franken töten, um sie wieder aus der Stadt herauszubefördern … hätte sich das nicht einfacher ausdrücken lassen?«
Der Mönch nickte, die Ironie, die Maliks Worte begleitete, hatte er offensichtlich nicht verstanden. »Ihr habt ja so recht, Prinz! Jesus weint um jeden Blutstropfen, der vergossen worden ist. Auf beiden Seiten. Denn der Herr hat Euch ja nicht aufgegeben, weil Ihr Heiden seid! Er liebt Euch nicht minder als seine christlichen Kinder! Vielleicht liebt er Euch gar mehr, wie das Gleichnis vom verlorenen Sohn zeigt! Unsere Aufgabe ist es, Euch davon zu überzeugen. Ich sehe dies als meine vornehmste Pflicht an. Mein ganzer Orden ist nur der Predigt und der Bekehrung der Heiden
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