Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin
Deck und die schlagenden Wellen herrschte im Frachtraum geradezu paradiesische Ruhe. Allerdings war das Schiff nur zur Hälfte beladen, und die aus Fässern bestehende Ladung konnte bei dem starken Wellengang leicht ins Rutschen geraten und sie erschlagen.
»Islam, meine geliebte Chadidscha, ist Ergebung in den Willen Allahs«, flüsterte Malik Konstanze zu, und sie meinte ein Lächeln in seiner Stimme zu hören. »Und Allah will sicher nicht, dass wir dort drüben vor lauter Geschrei ertauben oder am Gestank von Erbrochenem ersticken. Außerdem ist hier …«
Noch bevor er erwähnen konnte, dass in diesem Bereich der Frachträume nicht mit herumrollenden Fässern zu rechnen war, wurde das Heulen des Sturms von ungeduldigem Hufschlag übertönt. Zudem erklang Giselas weit reichende, klare Stimme.
»Hell scheint die Sonne, blass scheint das Mondlicht auf alle Pferde im Erdenrund. Smeralda ist schöner, Smeralda leucht’ goldener …«
Ein weiterer Blitzschlag erlaubte einen kurzen Blick auf die junge Frau, die neben ihrer Stute stand, dem Pferd tröstend die Stirn streichelte und ihm dabei ein Schlaflied sang.
Konstanze konnte nicht anders. Sie lachte laut auf. All ihre Spannung entlud sich in einem einzigen Heiterkeitsausbruch. Malik verstand zwar nicht genau, was sie so belustigte, aber er hielt sie im Arm und lachte mit.
Gisela war erst erschrocken, als sie die beiden hörte. Dann errötete sie, auch wenn das im Dunkeln natürlich keiner sehen konnte.
»Na ja, eigentlich … eigentlich ist es ja ein schönes Lied«, verteidigte sie sich. »Und Smeralda kennt es … es beruhigt sie … Ich hab’s natürlich ein bisschen umgedichtet.«
»Sag du noch mal, ich lästere Gott!«, brachte Konstanze lachend hervor. »Hast du eigentlich vor gar nichts Angst?«
Gisela behielt zum Glück recht mit ihrer Furchtlosigkeit. Der Sturm war zwar heftig gewesen, konnte einem Schiff wie der Lys du Temple aber wirklich nur dann gefährlich werden, wenn es dilettantisch gesegelt oder vom Wind oder einer tückischen Strömung gegen einen Felsen oder eine Küste geschmettert wurde.
Tatsächlich trieb der Sturm die Nef der Templer zwar näher an Kreta heran als eigentlich vorgesehen, aber die Gefahr des Kenterns bestand nicht, und gegen Morgen flaute der Wind ab. Der Regen ließ ebenfalls nach. Das Meer beruhigte sich, obwohl der Seegang immer noch heftig war. Gisela schlief dennoch süß neben ihrer Smeralda ein. Konstanze und Malik kuschelten sich in einem anderen Verschlag ins Stroh, und auch im Raum nebenan wurde es langsam ruhiger.
Armand suchte seine Gattin, als auch das letzte Kind vor Erschöpfung schlief und selbst Dimma ihre heftigen Übelkeitsanfälle überstanden hatte.
»Ich wusste, wo ich sie finde«, sagte er versonnen zu Malik und betrachtete zärtlich Giselas junges Gesicht im ersten Dämmerlicht des Tages. »Sie ist eine so schöne Frau … und manchmal doch noch ein Kind. Nach all dem, was sie erlebt hat, ist dies fast ein Wunder. Lassen wir sie schlafen … Aber ihr zwei solltet mit an Deck kommen. Der Kapitän hat dich, Malik, und mich gebeten, ihn aufzusuchen. Es scheint eine Unstimmigkeit zu geben.«
Kapitel 7
Konstanze richtete rasch ihren verrutschten Schleier und registrierte mit Genugtuung, dass keiner der Männer versuchte, sie zurückzuhalten. Tatsächlich atmete sie tief auf, als sie ins Freie traten. Der Wind hatte nachgelassen, wehte aber noch kräftig, und die Luft schmeckte belebend nach Salz. Der Himmel war dunstig grau, am Horizont war schemenhaft eine Küste zu erkennen.
»Kreta?«, fragte Konstanze.
Armand zuckte die Schultern.
Die drei tasteten sich über das feuchte Deck. Manche Gerätschaften wie Eimer oder Leitern hatte der Sturm mitgerissen. Schwere Schäden waren allerdings nicht zu beklagen. Die ersten Matrosen waren auch schon damit beschäftigt, Bilanz zu ziehen und kleinere Reparaturen vorzunehmen. Eine Gruppe Männer entfaltete eben das Segel, beaufsichtigt vom Kapitän.
»Ich höre, auch Ihr habt alles gut überstanden!«, begrüßte er seine Passagiere. »Hat jemand nach dem Pferd gesehen?«
Der Templer verstand nicht, was Konstanze und Malik daran so komisch fanden, ging aber über ihr Gelächter hinweg.
»Ich habe Euch rufen lassen, um Eure Meinung einzuholen – auch Eure Erlaubnis gewissermaßen, denn wenn ich dem Wunsch meiner Mannschaft nachgebe, wird sich die Reise verzögern. Wir haben Trümmer eines oder mehrerer Schiffe gefunden, und meine Leute würden
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