Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin
das! Ich verpflichte mich, nach Jerusalem zu ziehen und es zu befreien!«, erklärte er wichtig.
»Du verpflichtest dich nicht nur einfach zu einem Kreuzzug, du verpfändest dein Leben!«, sagte Armand ernst. »Junge, dies ist ein Gelübde, das wohl überlegt sein will. Es gilt nämlich bis in den Tod. Allein der Papst könnte dich davon freisprechen, aber ich wüsste von keinem Fall, in dem er es getan hätte. Wenn du da jetzt hinaufgehst, schwörst du, dein Leben lang gegen die Mauern von Jerusalem anzurennen. Und ich versichere dir, sie sind hoch!«
Rupert stutzte nur kurz, die Mädchen zeigten jedoch mehr Interesse an Armands Rede.
»Woher wisst Ihr das alles?«, erkundigte sich Gisela.
Aber Rupert fiel ihr ins Wort. »Habt Ihr nicht gehört? Wir werden in ein paar Wochen in Jerusalem sein! Und da brauchen wir nichts zu erobern, wir kommen da hin, beten, und die Heiden ergeben sich.«
»Wenn Nikolaus recht hat«, bemerkte Konstanze.
»Natürlich hat er recht!«, flüsterte Magdalena. »Es werden Wunder geschehen! Es sind schon Wunder geschehen!«
Sie sah Konstanze mit strahlenden Augen an und dachte an ihre Rettung. Am Morgen hatte sie noch auf dem verlausten Lager einen Freier nach dem anderen über sich ergehen lassen. Und jetzt saß sie hier unter einem sauberen Schleier aus bestem Tuch an einem warmen Feuer. Sie hatte sich zum ersten Mal in ihrem Leben satt gegessen und Konstanze hatte sogar etwas von einem Badehaus gesagt. Sie hatte von solchenEinrichtungen gehört. Wenn man sie aufsuchte, sollte man alle Flöhe und Läuse loswerden … Magdalena war dem Himmel so nah wie noch nie. Und jetzt würde sie auch noch der Mainzer Oberhirte segnen.
Armand seinerseits fand, dass dieser Segen etwas übereilt und gestelzt klang. Der Metropolit wirkte fast ärgerlich. Zweifellos war er nicht begeistert davon, dass Nikolaus ihn hier auch gleich dazu zwingen wollte, Hunderte von Kreuzfahrer-Eiden zu bezeugen. Siegfried von Eppstein wusste nur zu gut, worauf sich die Kinder und Halbwüchsigen da einließen. Und er war deutlich nicht bereit, Verantwortung zu übernehmen. Noch bevor Nikolaus mit der ernsthaften Rekrutierung beginnen konnte, segnete der Erzbischof rasch alle Kinder und erwachsenen Kreuzfahrer und wünschte ihnen Glück und Gottes Gnade. Dann zog er sich zurück.
Rupert eilte nach vorn, um zu schwören.
Kapitel 3
Am nächsten Tag ging es tatsächlich weiter. Gleich als die Stadttore geöffnet wurden, führte Nikolaus seine Schar zum Fischtor hinaus – wobei ihm ein so ergreifender Auftritt gelang, dass selbst Armand von der überwältigenden Stimmung mitgerissen wurde. Nikolaus schritt dem Heer in seinem weißen Pilgerkleid voraus, gefolgt von den dunkel gekleideten Mönchen. Er sang dabei ein Kinderlied – Schön leucht’t der Monden, schöner die Sonne als die Sternlein allzumal; Jesus leucht’t schöner, Jesus leucht’t reiner als all die Engel im Himmelssaal … –, und natürlich fielen die jungen Kreuzfahrer mit ein. Viele Tausend junge, helle Stimmen beschworen die Schönheit und Reinheit des Gottessohnes im Licht der aufgehenden Sonne. Ein paar der Kinder schwenkten Fahnen, andere trugen Kerzen, und auf allen Gesichtern lag ein fast überirdisches Leuchten.
Die Mainzer Bürger säumten zu Hunderten die Rheinstraße und den Fischtorplatz und jubelten den Kreuzfahrern zu. Allerdings sah man kaum Kinder unter den Schaulustigen. Entweder hatten sich die Jungen Nikolaus schon angeschlossen, oder die Eltern hielten sie zurück. Armand vermutete Letzteres. Mainz war eine reiche Stadt, bevölkert von selbstbewussten, oft gebildeten Bürgern. Sie mochten sich durchaus von Nikolaus’ Stimme bezaubern lassen und hatten bereitwillig Almosen gegeben. Aber ihren Nachwuchs in eine ungewisse Zukunft schicken? Zumindest die vorsichtigen Kaufleute und Handwerker hatten das zweifellos zu verhindern gewusst.
Armand hielt sich in der Nähe von Gisela, Konstanze undihren kleinen Schützlingen. Er hatte längst aufgegeben, in Nikolaus’ Umgebung etwas Neues erfahren zu wollen. Sowohl die Mönche als auch ein paar besonders fanatische Anhänger – stämmige Burschen, die sich unzweifelhaft ganz weltliche Vorteile von ihrer Nähe zu dem kleinen Prediger erhofften – schirmten den Jungen ab. Und wenn es wirklich Neuigkeiten gab, verbreiteten sie sich in Windeseile bis zum letzten Kreuzfahrer. Auch Geheimhaltung war etwas, das die »Heeresleitung« erst erlernen musste.
Gisela saß auf ihrer Stute und
Weitere Kostenlose Bücher