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Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin

Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin

Titel: Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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Colmar sandte der Anführer der Leibwächter Magdalena gern mit in die Dörfer, um Proviant zu ergattern.
    »Du willst doch nicht, dass Nikolaus hungert!«, erklärte er vorwurfsvoll.
    Die Jungen verkauften das kleine Mädchen dann für ein paar Eier, eine Speckseite oder einen Krug Milch – wovon Magdalena selbst meist nichts abbekam.
    Sie konnte nur hoffen, dass Nikolaus von ihrer Schande nichts erfuhr, aber was das anging, schien Roland dichtzuhalten. Der Heerführer jedenfalls lächelte ihr weiter huldvoll zu und duldete sie an seinem Feuer. Ab und zu nahm auch Wolfram sie mit in sein Zelt – und zahlte mit freundlichen Worten und einem neuen Traum.
     
    Gisela dachte derweil über weniger drastische Formen des Gelderwerbs nach.
    »Ich kann recht schön singen«, überlegte sie. »Und ich spiele auch artig die Laute. Damit könnte ich auf Wochenmärkten die Leute unterhalten.«
    »Du wirst dich doch nicht vor den Dorftrotteln zur Schau stellen!«, erregte sich Rupert. »Da such ich mir lieber Arbeit. Für dich und mich wird es immer reichen, keine Sorge!«
    Gisela verdrehte die Augen. »Für dich und mich? Und was ist mit Dimma, Smeralda, Floite und der Weißen und all den Kindern?«
    Dimma und Gisela folgten immer noch um die zwanzig Mädchen und Jungen von zehn bis zwölf Jahren und auch ein paar wenige Kleinere, die bis jetzt überlebt hatten, weil Dimma sie schützte.
    »Und überhaupt – wann willst du denn arbeiten? Wir ziehen doch ständig weiter.«
    Ruperts Arbeit beschränkte sich denn auch weitgehend auf kleinere oder größere Raubzüge in die Dörfer am Wege, wozu er sich mit anderen Halbwüchsigen zusammentat.
    Armand hoffte für Gisela, dass ihr Schützling nicht an einem Galgen endete, bevor sie Basel und damit die nächste Komturei der Templer erreichten. Dort konnte er einen Wechsel einlösen. Sein Geleitbrief aus der Hand Guillaume de Chartres’ sicherte ihm jede Unterstützung der Tempelherren.
    Und dann lag Basel eines Tages vor ihnen wie eine Verheißung. Die Kathedrale, gebaut auf einem Felsen am Rhein, grüßte zu ihnen herüber, und die Stadt war wunderschön an einer Biegung des Flusses gelegen, die an ein Knie erinnerte. Sie strahlte in der klaren Luft der nahen Berge.
    Konstanze erinnerte sich wehmütig an die Jubelrufe der Kinder beim Anblick der ersten großen Städte auf dem Weg. Inzwischen erwartete niemand mehr Jerusalem hinter der nächsten Biegung des Rheins. Aber der Weg nach Basel – wo man wenigstens wieder einigermaßen verständliches Deutsch sprach und Nikolaus’ Predigten zugehört wurde – hatte dem Heer doch Auftrieb gegeben. Wenn man sie nun bloß einließ und freundlich behandelte!
    Zum Glück für die Kreuzfahrer erwies sich Leuthold I., der Bischof der Stadt, als großherziger Mann. Das Heer durfte in und vor der Stadt lagern, und die Bürger sparten nicht mit Almosen. Wobei ein paar tatkräftige Matronen auch erstmalig vor allem jüngere Kinder in ihre Mauern holten und fütterten. In anderen Städten war das Brot stets an die Ersten verteilt worden, die sich anstellten, und gerade die Schwächsten hatten oft nichts abbekommen.
    »Die armen Tröpfe sollten noch ein bisschen was auf die Rippen kriegen, wenn der Knabe wirklich mit ihnen über den Gotthard will«, bemerkte der Küchenmeister der Komturei, der sich ebenfalls an der Speisung der Bedürftigen beteiligte. »Ich bin ja ein gläubiger Mensch, aber dass da oben der Schnee schmilzt und sich die Saumpfade zu breiten Sandwegen wandeln, das muss ich erst sehen, bevor ich’s glaube.«
    »Der Knabe will was?«, fragte Armand alarmiert. Auch er hatte sich seinen Sack wieder füllen lassen und hoffte auf Giselas dankbares Lächeln, wenn er die Tafel ihres Hofes durch Schinken und Käse bereicherte. »Ich dachte, wir ziehen über den Brenner!«
    Der Küchenmeister zuckte die Schultern. »Vielleicht hab ich’s falsch verstanden«, räumte er ein.
    Armand war jetzt jedoch beunruhigt. Aufgewühlt kehrte er ins Lager zurück, traf da aber nur Konstanze, die sich wieder einmal mit Magdalena stritt.
    »Was um Himmels willen machst du da, halbe Nächte lang, Lenchen, während ich mich hier zu Tode fürchte? Und wieso lassen sie dich überhaupt ein? Ein Junge aus der Nachhut hat Rupert erzählt, er habe ein halbes Brot abgeben müssen, nur um den Saum des Gewandes zu küssen, das Nikolaus am Vortag getragen hatte! Der Knabe steckte also nicht einmal drin! Und du …«
    »Ach, das ist Gerede«, behauptete Magdalena.

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