Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin
zu. »Aber was beunruhigt dich da?«, fragte er dann kopfschüttelnd. »Gott hat also zwei Heere auf den Weg geschickt. Zwei, von denen wir wissen. Und womöglich ziehen zur gleichen Zeit noch zwei oder drei weitere nach Jerusalem. Aus den hispanischen Landen vielleicht. Oder aus Britannien … Der Länder gibt es viele. Und dann, in Jerusalem, vereinigen wir uns alle zum Gebet. Dann können die Heiden gar nicht anders, als sich für Christus und für das Heil zu entscheiden!«
Magdalena schmiegte sich an ihn. Wie klug er war! Genau so musste es sein!
Glücklich taumelte sie ins Freie, als Wolfram sie kurz danach wegschickte. Sie hätte gern bei ihm geschlafen, es war so warm und gemütlich auf den Fellen, mit denen der Ritter sein Lager polsterte. Aber in dieser ersten Nacht mochte sie nicht darum bitten. Vielleicht später einmal.
Magdalena hetzte durch den erneut einsetzenden Regen ins Freie. Vielleicht später, im Goldenen Jerusalem … Wenn alle Sünden vergeben und alle Pilger gleich waren. Dann würde Wolfram sie lieben.
Trotz all der Zweifel, die Konstanze, Armand und Gisela haben mochten: Magdalena glaubte fest an den Kreuzzug. Magdalena bewahrte sich ihren Traum.
Kapitel 7
Armand war zweifellos verliebt in Gisela, aber er lernte auch Konstanze mehr und mehr schätzen. Nach dem Übertritt des Heeres ins Elsass hatte sie ihn schüchtern darum gebeten, sie bei ihren Ausflügen zum Kräutersammeln zu begleiten. Sie verstand kein Alemannisch und fürchtete sich vor Begegnungen mit einheimischen Jägern und Bauern. Zudem machten ihr die eigenen Mitstreiter oft genug Angst. Zu Anfang war das Heer ein fröhlicher Haufen spielender Kinder gewesen, aber in den zwei Monaten der bisherigen Wanderung waren viele Träumer umgekehrt oder gestorben. Die Verbleibenden waren meist ernst und gläubig oder wagemutige Glücksritter – Jungen zwischen vierzehn und achtzehn Jahren, für die Mädchen Freiwild waren. Es gab auch kaum noch weibliche Kreuzfahrer, die allein oder mit jüngeren Geschwistern und Freundinnen unterwegs waren. Die meisten standen inzwischen unter männlichem Schutz.
Armand war zunächst verlegen, als Konstanze ihn um Hilfe anging. Sie zog ihn damit offensichtlich Rupert vor, und wer wusste schon, was sich im Kopf einer entlaufenen Nonne abspielte, die ohne Mitgift auf keine standesgemäße Ehe hoffen durfte. Armand konnte ihr Ansinnen nicht ablehnen, blieb aber demonstrativ höflich und auf Abstand bedacht. Schnell merkte er, dass Konstanze dies schätzte. Er kam bald zu dem Ergebnis, dass sie sich nichts anderes von ihm wünschte, als ein wenig an seinem Wissen teilzuhaben. Konstanze stellte andauernd Fragen. Sie war bereits äußerst gebildet, aber ihr Wissensdurst schien unstillbar – egal, ob es sich um Medizin, Kartographie, Astronomie oder Architektur handelte.
»Wäre ich ein Mann, würde ich Baumeister!«, verkündete sie im Straßburger Münster.
Armand hatte die Mädchen in die berühmte Kirche begleitet, um zu beten, und beide begeisterten sich für die hohen Räume und die bunten Bleiglasfenster. Gisela war jedoch bereit, das einfach als »Wunder« hinzunehmen, während Konstanze nach Statik und Bauweise fragte. Armand wusste darüber ein wenig Bescheid – die Templer unterstützten die Baukunst – und war fasziniert darüber, wie rasch das Mädchen die Zusammenhänge zwischen Geometrie, Algebra und Stabilität begriff.
»Dann zöge ich mit meinen Arbeitern von Stadt zu Stadt und baute Kathedralen als Abbild des Himmels! Und nebenbei könnte ich die Welt sehen!« Konstanze seufzte und fuhr die vergoldeten Ornamente an einer der Säulen mit dem Finger entlang. »Oh, ich wünschte, wir kämen wirklich ins Heilige Land! Ich möchte all die Wunder sehen, die es dort gibt, auch die Baukunst der Heiden – und die seltsamen Tiere. Ist es wahr, Armand, dass man Pferde hat, die Höcker auf dem Rücken tragen, in denen sie Wasser transportieren?«
Armand lachte und erzählte von Kamelen, was nun auch wieder Gisela interessierte. Der junge Mann ertappte sich oft bei dem Traum, beide Mädchen nach Outremer mitzunehmen. Gisela als seine Braut – und Konstanze für Mutter Ubaldina.
Aber um heiraten zu können, müsste er erst ein Lehen haben, was nicht in Aussicht stand. Und wenn Konstanze Mutter Ubaldina als Schülerin folgen wollte, musste sie doch noch den Schleier nehmen.
Die ehemalige Novizin schüttelte den Kopf, als er ihr dies einmal vorschlug. Armand begleitete sie wieder einmal
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