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Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin

Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin

Titel: Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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beim Kräutersammeln, und sie amüsierte sich köstlich über Ubaldinas gewagte Thesen zur Person und zu den Heilthesen der Hildegard von Bingen. Zweifellos hätte Konstanze in Mutter Ubaldina eine Seelenverwandte gefunden. Aber alleinden Gedanken, sich doch noch den Benediktinerinnen anzuschließen, wies das Mädchen weit von sich.
    »War Euch das Klosterleben denn so zuwider?«, erkundigte sich Armand.
    Er stellte diese Frage auch aus Neugierde. Schließlich stand seine Entscheidung nun bald an. Wenn das Abenteuer Kreuzzug zu Ende sein würde, musste er heimkehren und Tempelritter werden oder im Abendland bleiben und sich als Fahrender Ritter durchschlagen, bis er sich ein Lehen erwarb – wenn er nicht auf irgendeinem Schlachtfeld oder Turnierplatz sein Leben aushauchte.
    »Es gibt doch zweifellos Schlimmeres. Und Ihr … nun, ich habe nicht den Eindruck, als ob Ihr … einen Mann sucht.«
    Armand errötete bei seinen letzten Worten, aber inzwischen war er mit dem Mädchen vertraut genug, um es auszusprechen.
    Konstanze zuckte die Schultern. »Es gibt sicher Schlimmeres«, sagte sie langsam. »Und manchmal werfe ich mir selbst Undankbarkeit vor, weil ich dieses Leben verschmähte. Aber Gott hat nun einmal nicht jeden berufen. Und ich denke … nun, ich denke, dass man ihn betrügt, wenn man sich … hm … einschleicht. Wenn man aus den falschen Gründen den Schleier nimmt, dann … nun, man betrügt den Herrn Jesus, der doch ein Anrecht auf eine liebende Braut haben sollte – und man betrügt sich selbst. Um das wirkliche Leben, das Gott einem vorgezeichnet hat.«
    Konstanze dachte an Schwester Maria – Mariam, wie ja ihr richtiger Name war. In einem Harem wäre sie vielleicht glücklicher gewesen.
    Dann fuhr sie fort: »Und was den Mann angeht – darüber habe ich bisher noch gar nicht nachgedacht.« Sie lächelte. »Ich warte jetzt einfach darauf, dass sich der Ozean teilt und vielleicht einer dieser wundersamen Nixe, von denen Nikolaus dem Lenchen erzählt hat, mir sein Schloss auf dem Meeresgrund öffnet.«
    Armand lächelte ebenfalls.
    »Es gibt auch Schiffe«, bemerkte er. »Ihr könntet Euch von einem Piraten entführen lassen. Aber Ihr habt recht. Vertrauen wir darauf, wohin Gott uns führt.«
     
    Armands Vertrauen in Gottes Führung wurde in der nächsten Zeit zutiefst erschüttert. Das Kinderheer folgte weiter dem Verlauf des Rheins, aber so freundliche Aufnahme wie in Straßburg fand es nicht wieder. Stattdessen schlug es sich mit eher feindlich gesinnten Weinbauern herum, die ihre Felder eifersüchtig bewachten. Nikolaus’ Predigten zogen keine neuen Rekruten mehr an, schließlich verstand hier kaum jemand den Dialekt der Kreuzfahrer. Die Kinderschar wirkte auch immer verwahrloster, es fiel den Menschen schwer, an Nikolaus’ göttliche Weisung zu glauben.
    Natürlich gab auch kaum noch jemand Almosen. Die Kreuzfahrer hungerten, und Gisela versetzte in Colmar blutenden Herzens ihr letztes Schmuckstück.
    »Du hättest uns einfach nicht alle mit durchfüttern dürfen«, rügte Konstanze mit schlechtem Gewissen.
    Dabei hatte sie der Freundin noch am wenigsten auf der Tasche gelegen. Nach wie vor nahm sie Geld für ihre Heilbehandlungen ein, und sie hatte immer weniger Skrupel, es anzunehmen. Besonders die Jungen aus Nikolaus’ unmittelbarer Nähe behandelte sie nicht mehr umsonst – und sie ließ sich nicht mit »Sachwerten« wie einem Fetzen vom Gewand des kleinen Predigers abfinden.
    »Wenn die Stofffetzen alle von seiner Kutte wären, ginge er schon nackt«, beschied sie Magdalena, die zu gern eine solche Reliquie gehabt hätte. »Und überhaupt, wenn du darauf Wert legst, warum fragst du ihn nicht selbst nach einem Faden aus seinem Hemd? Du steckst doch neuerdings dauernd mit ihm und den Seinen zusammen!«
    Magdalena kaute an ihren Fingernägeln. Konstanze äußerte immer häufiger ihren Argwohn, wenn sie abends zu Nikolaus’Lager aufbrach. Aber sie konnte sich einfach nicht bezähmen. Nikolaus’ Anblick, der Klang seiner Stimme und seine Nähe waren all den Schmerz und Ekel wert, die sie dafür erduldete. Wenn es sein müsste, würde sie auch Konstanzes, Giselas und Armands Schutz und Freundschaft dafür aufgeben. Sie wollte nur nicht von ihnen verachtet werden! Konstanze und die anderen waren die Ersten in ihrem Leben, die sie nicht wie Abschaum behandelten … und die sie nicht benutzten.
    Roland und seine Freunde hatten da keine Skrupel. So langsam ging auch ihnen das Geld aus. Seit

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