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Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin

Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin

Titel: Der Eid der Kreuzritterin - Jordan, R: Eid der Kreuzritterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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sich an den jungen Ritter. »Für Gott zählt jeder Wimpernschlag, den seine Stadt in der Hand seiner Feinde verbleibt. Jede Träne, die ein Pilger weint, weil man ihm den Zugang zu den heiligen Stätten verwehrt.«
    Armand wollte einwenden, dass niemand die heiligen Stätten besetzt hielt, besann sich dann aber noch rechtzeitig eines Besseren. Er würde die Kinder nicht vor dem Tod in den Schluchten des Gotthardmassivs bewahren, indem er Nikolaus’ Sendung in Frage stellte.
    »Aber die Gebete der Kinder werden uns fehlen, die in den Bergen zu Tode kommen!«, argumentierte er also.
    Nikolaus lächelte wieder. »Unsere Gefallenen kommen direkt ins Himmelreich!«, erklärte er mit strahlenden Augen. »Und können Gott um Hilfe für die Lebenden bitten.«
    Armand verstummte. Wie sollte man diesen Einwand entkräften? Nikolaus und seine Ratgeber kalkulierten die Verluste kaltblütig ein. Wer nicht im Diesseits betete, betete eben im Jenseits. Nikolaus war alles recht, solange man ihm nur folgte. Und die Mönche … Armand versuchte zu ergründen, ob sie wirklich nur naiv und unwissend waren oder ob irgendein Plan dahintersteckte. Erstmals registrierte er für seinen Bericht an den Großkomtur die Ordenszugehörigkeit dieses inneren Zirkels. Bislang war es ihm kaum aufgefallen, aber es waren hauptsächlich Minoriten – Bettelbrüder. Der Orden, dessen Zeichen Nikolaus am ersten Tag in Köln getragen hatte. Zwar zogen auch Mönche aller anderen Orden mit dem Heer, aber im Umfeld des Predigers überwogen die Anhänger des Franziskus von Assisi. Ein sehr junger Orden – der sich aber ständig weiter verbreitete.
    Armand erinnerte sich daran, die Häufung der Bettelbrüderin den Häfen am Mittelmeer, aber auch in den deutschen Landen an den Großkomtur gemeldet zu haben. Viele von ihnen mussten Alpenpässe überquert haben. Die Kommunikation von Ordensbrüdern untereinander war meist gut, es konnte kaum sein, dass sich der Schwierigkeitsgrad der einzelnen Pässe nicht herumgesprochen hatte. Armand wollte gerade nachfragen, als sich eine andere Stimme meldete.
    Ein junger Bursche, dunkelhaarig und forsch, das Gesicht beherrscht durch wulstige Lippen und üppige, über der Nasenwurzel zusammengewachsene Brauen, setzte sich auf.
    »Ist ja schön und gut, wenn wir im Tode zu Füßen Gottes sitzen werden. Aber das kann ich auch noch, wenn ich alt und grau bin. Ich ziehe nach Jerusalem, nicht gleich in den Himmel, den seh ich früh genug. Erst will ich die goldene Stadt sehen und den Honigkuchen essen, den die Engel verteilen, und reich werden und mir das Gold der Heiden mit den anderen teilen. Ob heute oder in zehn oder zwanzig Tagen macht da keinen großen Unterschied. Aber tot ist tot. Deshalb halt ich’s für besser, wir ziehen über den Bren… Bren… also, über den anderen Pass.«
    Armand hätte den Bengel umarmen können.
    »Hannes, denk nach, bevor du Gott lästerst!«, ermahnte ihn einer der Mönche.
    Der Junge schüttelte ungebärdig den Kopf. »Wo lästere ich denn Gott?«, wollte er wissen. »Wenn’s dessen Wille wär, dass wir uns alle zu Tode stürzen, dann gäb’s noch viel mehr Berge auf der Welt. Es will doch keiner sterben! Auch wenn’s dann in den Himmel geht.«
    Sowohl Nikolaus als auch die Mönche begannen aufgeregt, auf ihn einzureden, aber Hannes erwies sich als nicht zu beeindrucken.
    »Dann mach ich’s eben alleine«, verkündete er schließlich und stand gelassen auf. »Wer mit mir gehen will, ist willkommen. Und auf der anderen Seite find ich euch schon wieder.«
    Nikolaus hielt daraufhin eine flammende Rede über die Abtrünnigen, die ihre Gelübde brachen und dafür zweifellos in der Hölle schmoren würden.
    Armand verfolgte sie nur mit halbem Ohr und sah ihren Sinn auch nicht ein. Hannes wollte seinen Eid schließlich nicht brechen. Im Gegenteil, ihm war äußerst daran gelegen, gesund und kräftig im Heiligen Land anzukommen. Armand selbst mischte sich nicht mehr ein. Die Entscheidung dieser seltsamen Heeresführung war ohnehin längst getroffen.
    »Fragt sich nur noch, was wir tun«, bemerkte er später am Feuer zu seinen Kameraden. Gisela, Dimma, Konstanze und Rupert hatten ihn dort erwartet. »Bleiben wir beim Hauptheer, oder gehen wir mit Hannes?«

Kapitel 8

    Rupert sprach sich vehement dafür aus, bei Nikolaus zu bleiben. Hannes’ Alleingang war ihm nicht geheuer, womöglich kam man am Ende nicht mit nach Jerusalem und konnte an all den Segnungen im Heiligen Land nicht

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