Der Einbruch des Meeres
dann die Waren aufgestapelt, die von Oase zu Oase auf dem Rücken von Kamelen herangeschafft worden waren.
Der Wachtmeister und der Brigadier fanden hier die – sich übrigens vielfach darbietende - Gelegenheit, ein paar Glas Palmenwein zu verzehren, jenes Getränk, das bei den Eingebornen unter dem Namen »Lagmi« bekannt ist und aus dem Palmbaum gewonnen wird. Diesen beraubt man entweder gleich der ganzen Krone, wonach er unbedingt eingeht, oder man begnügt sich, Einschnitte in den Stamm zu machen, woraus nicht so viel Saft abfließt, daß der Baum deshalb zugrunde gehen müßte.
»Höre, Pistache, ermahnte der Wachtmeister seinen Untergebenen, du weißt doch, daß man gerade mit guten Dingen maßhalten muß, und dieser Lagmi ist ein heimlicher Erzbösewicht.
– O, Herr Wachtmeister, so tückisch wie der Dattelwein ist er doch nicht, antwortete der Brigadier, der in dieser Beziehung genügende Erfahrung hatte.
– Ganz so schlimm nicht, das geb’ ich zu, meinte Nicol, trauen darf man ihm aber dennoch nicht: der steigt ebenso in die Beine hinunter, wie in den Kopf hinaus.
– Seien Sie nur ohne Sorge, lieber Wachtmeister; doch, sehen Sie einmal, da sind gerade ein paar Araber, die unsern Leuten ein schlechtes Beispiel geben würden!«
Eben schwankten wirklich zwei oder drei Eingeborne, die offenbar zu tief ins Glas geguckt hatten, nach rechts und links taumelnd über den Souk hin, mit einem, vorzüglich für Araber wenig passenden Rausch im Kopfe, was den Brigadier zu einer recht angebrachten Bemerkung veranlaßte.
»Ich glaubte doch, sagte er, daß Mohammed seinen Anhängern alle berauschenden Getränke streng verboten hätte…
– Jawohl, Pistache, erklärte der Wachtmeister, wenigstens Weinsorten aller Art, nur den Lagmi nicht! Der Koran gesteht für dieses Erzeugnis des Djerid eine Ausnahme zu…
– Und ich sehe, daß sich die Araber das zunutze machen!« sagte der Brigadier.
Es scheint in der Tat so, als ob der Lagmi nicht mit auf der Liste der den Söhnen des Propheten verbotenen gegorenen Getränke stünde.
Bildet die Palme vor allem das charakteristische Merkmal der hiesigen Gegend, so ist daneben der Erdboden der Oase von erstaunlicher Fruchtbarkeit, und die Gärten liefern in großer Menge die schönsten und verschiedensten Erzeugnisse. Der vielarmige Oued Berkouk schlängelt sich, eine klare, reiche Wasserader, durch die Umgebung, und tränkt einmal mit seinem Hauptlaufe und dann wieder mit den zahlreichen kleinen Nebenarmen den ergiebigen Erdboden. Ist es nicht geradezu wunderbar zu sehen, wie eine Palme einen etwas niedrigeren Olivenbaum und dieser wieder einen Feigenbaum schützt, der noch als Dach einem Granatbaum dient, an den sich ein Weinstock klammert, dessen lange Reben sich zwischen Getreide, Gemüse-und andern Küchenpflanzen hinwinden?
Im Lauf des Abends, den von Schaller, Kapitän Hardigan und Leutnant Vilette auf die Einladung des Platzkommandanten hin im größten Zimmer der Kasbah zubrachten, drehte sich die Unterhaltung natürlich um den gegenwärtigen Stand der Arbeiten, um die bevorstehende Einweihung des Kanals und um die Vorteile, die der ganzen Gegend durch die Unterwassersetzung der beiden tunesischen Schotts zufallen würden.
»Es ist leider wahr, bemerkte der Kommandant hierzu, die Eingebornen weigern sich anzuerkennen, daß das Saharameer für das Djerid eine große Wohltat sein werde. Ich habe Gelegenheit gehabt, mit verschiedenen arabischen Häuptlingen darüber zu sprechen. Nun, mit sehr wenigen Ausnahmen stehen sie dem Projekte feindlich gestimmt gegenüber, und es ist mir auch nicht gelungen, sie zur Vernunft zu bringen. Vor allem befürchten sie eine Veränderung des Klimas, von der die Bodenerzeugnisse der Oase, am meisten aber die Palmenwälder zu leiden haben würden. Und doch weist alles auf das Gegenteil hin, die erfahrensten Gelehrten hegen darüber nicht den geringsten Zweifel… mit dem Wasser aus dem Meere werde der Kanal dem Lande vielmehr Schätze zuführen, erklären diese; die Eingebornen bleiben aber starrsinnig und wollen sich keinem Urteile andrer fügen.
– Und stammt dieses Widerstreben nicht weit mehr von den umherziehenden Stämmen her, als von denen, die feste Wohnsitze haben? fragte der Kapitän Hardigan.
– Ja freilich, bestätigte der Kommandant, denn der Lebensweise dieser Nomaden droht natürlich eine tiefgreifende Veränderung. Unter allen treten die Targui durch ihren heftigen Widerspruch hervor, und das ist leicht
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