Der Einbruch des Meeres
Gegend, wo Raubanfälle schon aus diesem Grunde nicht zu den Seltenheiten gehörten, war eine Begleitung des Eingebornen ein Gebot einfacher Klugheit. Brach der Leutnant am folgenden Morgen mit Tagesgrauen auf, so hoffte er, die Oase noch am Vormittag zu erreichen, und am Nachmittage zurückkehrend, am Werkplatz vor Anbruch der Nacht wieder einzutreffen. Wahrscheinlich kam dann Pointar gleich mit dem Offizier an, der ihm ein Pferd zur Verfügung zu stellen gedachte. Die Arbeiter selbst würden, wenn sie am nächsten Tage aufbrechen konnten, binnen achtundvierzig Stunden zur Stelle sein, und dann konnte die Arbeit sofort ihren Anfang nehmen.
Von einem Zuge zur näheren Besichtigung des Melrir war also für den Augenblick keine Rede mehr.
Das waren die Maßnahmen, die vom Ingenieur und Kapitän Hardigan in völliger Übereinstimmung beschlossen wurden. Mezaki erhob dagegen keine Einwendung, erklärte sich vielmehr sehr befriedigt darüber, daß ihn der Leutnant Vilette mit mehreren Reitern nach der Oase von Gizeb begleiten sollte. Er versicherte auch, daß die Arbeiter gar nicht zögern würden, nach dem Werkplatze zurückzukehren, wenn sie von der Anwesenheit des Ingenieurs und des Kapitäns daselbst unterrichtet würden. Übrigens werde man zusehen, ob es sich nicht empföhle, eine starke Abteilung Magzems von Biskra heranzuziehen, die den Werkplatz dann bis zu dem Tage schützten, wo sich die Wasser des Golfs von Gabes in das Schott Melrir ergießen würden.
Elftes Kapitel.
Ein zwölfstündiger Ausflug.
Um sieben Uhr morgens verließ der Leutnant Vilette mit seinen Leuten den Lagerplatz. Der Tag schien schwül und heiß zu werden, auch drohte wohl ein Gewitter, eines der heftigen Meteore, die sich über die Ebenen des Djerid unkt gerade selten entladen. Es war jetzt aber keine Zeit zu verlieren, denn von Schaller drängte mit vollem Rechte, Pointar und dessen Arbeiterrotte aufzufinden.
Selbstverständlich ritt der Wachtmeister seinen Va d’l’avant und wurde dieser wieder von Coupe-à-Cour begleitet.
Vor dem Aufbruche hatten die Spahis ihre Pferde auch mit der voraussichtlich nötigen Menge von Nahrungsmitteln beladen.
Während der Abwesenheit des Leutnants Vilette begannen der Ingenieur und der Kapitän Hardigan mit Hilfe des Brigadiers Pistache das Lager vollends herzurichten, und auch Herr François, die vier Spahis, die nicht zur Begleitmannschaft des Leutnants Vilette gehörten, sowie die Wagenführer mußten dabei natürlich mit Hand anlegen. Die Weidegründe der Oase zeigten einen üppigen Graswuchs und wurden von einem Oued bewässert, der in das Schott mündete.
Der Ausflug des Leutnants Vilette sollte nur zwölf Stunden in Anspruch nehmen. Die Entfernung zwischen dem Kilometerstein 347 und Gizeb betrug ja nur zwanzig Kilometer. Ohne die Pferde allzu sehr anzustrengen, konnte diese Strecke im Laufe des Vormittags zurückgelegt werden. Nach zweistündiger Rast mußte dann der Nachmittag hinreichen, den kleinen Reitertrupp mit Pointar, dem Vormeister des Werkplatzes, hierher zurückzuführen.
Auch Mezaki hatte man ein Pferd überlassen, und erkannte ihn auf den ersten Blick als vorzüglichen Reiter, wie das ja alle Araber sind. Er trabte an der Spitze neben dem Leutnant und dem Wachtmeister hin und schlug gleich jenseit der Grenze der Oase eine Richtung nach Nordosten ein.
Eine weite, da und dort von dürftigen Baumgruppen unterbrochene Ebene, durch die sich der Bach hinschlängelte, dehnte sich hier bis über Sehweite hin aus… eine richtige algerische »Outta« in all ihrer trostlosen Dürre. Kaum sproßten vereinzelte gelbliche Büschel Drif aus dem überhitzten Boden auf, auf dem die Sandkörner unter den Strahlen der Sonne gleich Edelsteinen erglänzten.
Dieser Teil des Djerid war vollständig öde. Auch keine Karawane zog durch ihn hin auf dem Wege nach irgendeiner bedeutenderen Stadt der Sahara, oder nach Ouargla oder Mougrust an der Grenze der Wüste. Keine Wiederkäuerherde letzte sich an dem Wasser des Oued. Das tat aber Coupe-à-Coeur den Va d’l’avant mit neidischen Blicken betrachtete, als er ihn Wassertropfen umherspritzend dahinspringen sah.
Der kleine Trupp folgte immer dem linken Ufer des Wasserlaufes, und auf eine, von dem Offizier an Mezaki gerichtete Frage hatte dieser geantwortet:
»Ja, wir bleiben dicht an dem Oued bis zur Oase Gizeb, dich die er in ihrer ganzen Länge fließt.
– Ist diese Oase bewohnt?
– Nein, erwiderte der Eingeborne. Schon als wir den Flecken
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