Der Einbruch des Meeres
bedurfte es keiner Aufforderung.
Mezaki, der dem Offizier und seinen Leuten vorausritt, schlug eine Richtung nach Norden ein. Damit entfernte man sich von dem Oued, rückwärts wollte man sich dagegen an dessen rechtem Ufer halten, womit dann die Oase in ihrer ganzen Ausdehnung besichtigt war. Ihre Ausdehnung überschritt übrigens nicht fünfundzwanzig bis dreißig Hektar, und von seßhaften Eingebornen niemals bewohnt, diente sie eigentlich nur als Raststelle für die Karawanen, die von Biskra nach der Küste zogen.
Eine halbe Stunde lang zog der Offizier mit seinem Führer in derselben Richtung weiter. Das Gezweig der Bäume war nicht so dicht, daß es den Ausblick nach dem Himmel verhindert hätte, an dem sich schwerfällig dicke Dunstmassen hinwälzten, die jetzt schon den Zenith erreichten. Vom Horizonte her vernahm man das dumpfe Grollen des Donners, und im Norden zuckten dann und wann grelle Blitzstrahlen auf.
An der Grenze der Oase nach dieser Seite angekommen, machte der Leutnant Halt. Vor ihm dehnte sich in gelblichem Scheine die totenstille, öde Wüste aus.
War die Arbeiterrotte von Gizeb, wo sie Mezaki seiner Aussage nach gestern verlassen hatte, wieder abgezogen, so mußte sie jetzt schon weit entfernt sein, ob Pointar nun den Weg nach Zeribet oder den nach Nefta eingeschlagen hatte.
»Die Reparaturen werden wohl auch binnen vierzehn Tagen auszuführen sein.« (S. 163.)
Immerhin mußte festgestellt werden, ob er – so wenig die Wahrscheinlichkeit dafür sprach – an irgendeiner andern Stelle der Oase gelagert hätte und deshalb wurden auf dem Rückwege zum Oued die Nachsuchungen noch weiter fortgesetzt.
Noch eine Stunde lang ritten der Offizier und seine Leute zwischen den Bäumen hin, doch ohne eine Spur von einem Lagerplatze zu entdecken. Der Araber schien darüber sehr erstaunt zu sein, doch auf jeden fragenden Blick, der sich auf ihn richtete, antwortete er unabänderlich:
»Sie waren aber hier… noch gestern… der Werkmeister und die andern. Pointar selbst hat mich ja nach Goleah geschickt… sie können erst seit diesem Morgen weg sein.
– Und wohin hätten sie sich, deiner Meinung nach, gewendet? fragte der Leutnant Vilette.
– Doch wohl nach dem Werkplatze…
– Da müßten wir ihnen aber auf unserm Wege hierher begegnet sein…
– Nein, das nicht, wenigstens wenn sie nicht am Oued hingegangen sind.
– Warum sollten sie denn einen andern Weg gewählt haben, als wir?«
Mezaki blieb hierauf die Antwort schuldig.
Als der Offizier nach dem Halteplatze zurückkam, war es fast um vier. Die Nachsuchungen waren erfolglos gewesen; auch der Hund hatte keinerlei Fährte aufgespürt. Allem Anschein nach war die Oase seit langer Zeit von niemand, weder von der Arbeiterabteilung noch von dem Personal einer Kafila betreten worden.
Der Wachtmeister, der einen ihn erfüllenden Gedanken nicht mehr unterdrücken konnte, näherte sich Mezaki und sah ihm gerade ins Gesicht.
»He, Arbico, sagte er, du hast uns doch nicht etwa hinters Licht geführt?«
Ohne die Augen vor dem Blicke des Wachtmeisters niederzuschlagen, machte Mezaki mit den Schultern nur eine so verächtliche Bewegung, daß Nicol ihn am liebsten gleich an der Gurgel gepackt hätte, wenn der Leutnant Vilette nicht dazwischen getreten wäre.
»Ruhig, Nicol, ruhig! rief er. Wir kehren jetzt nach Goleah zurück, und Mezaki wird uns dahin folgen.
– Aber zwischen zwei Mann…
– Ich bin bereit,« antwortete der Araber kühl, und wenn sein Auge zuerst im Zorne aufgeblitzt hatte, so gewann er doch bald wieder die gewohnte Ruhe.
Die Pferde, die sich auf dem Weideplatze gesättigt und ihren Durst mit dem Wasser aus dem Oued gelöscht hatten, waren jetzt wieder kräftig genug, die Strecke, die Gizeb vom Melrir trennte, zurückzulegen. Die kleine Truppe erreichte ihr Ziel also jedenfalls noch vor Anbruch der Nacht.
Um vier Uhr vierzig Minuten gab der Leutnant das Zeichen zum Abmarsch. Der Wachtmeister ritt neben ihm, und dem Araber wurde ein Platz zwischen zwei Spahis angewiesen, die ihn scharf im Auge behielten. Hierzu sei erwähnt, daß die Kameraden Nicols jetzt dessen Verdacht bezüglich Mezakis teilten, und wenn der Offizier es sich auch nicht merken lassen wollte, erfüllte ihn doch ohne Zweifel dasselbe Mißtrauen gegen den Eingebornen. Ihm lag auch daran, bei dem Ingenieur und dem Kapitän Hardigan möglichst bald wieder einzutreffen. Dann sollte entschieden werden, was zunächst zu tun sei, da die Arbeiter
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