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Der Einfaltspinsel

Der Einfaltspinsel

Titel: Der Einfaltspinsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Harold zu warten.
    Nach einer halben Stunde rief sie seinen Namen, doch er antwortete nicht. Sie ging in den Garten und schaute über die Mauer. An der Stelle, wo er gesessen haben musste, war das hohe Gras niedergedrückt, doch von ihm war nichts zu sehen. Offenbar hatte er Angst bekommen und das Weite gesucht. Auch gut. Sie musste sich um die Reporter am Tor kümmern. Die konnten ein Weilchen warten. Zuerst wollte sie sehen, was in dem Rucksack war. Sie ging zurück in die Garage, und als sie schließlich den Tornister durchforstet hatte, war sie völlig verwirrt. Auf Wilts Führerschein war seine Adresse mit 45 Oakhurst Avenue in Ipford angegeben. Ipford? Aber Ipford lag ein ganzes Stück weiter im Süden. Wie war dieser unglückliche Mensch in ihrer Garage gelandet? Wie alles andere auch ergab es keinen Sinn. Wenn sie ihn andererseits irgendwo in der Nähe von Ipford ablud, würde es ihm schwer fallen zu erklären, was er ohne Hose in einem verschlafenen Ort wie Meldrum Slocum gemacht hatte. Zehn lange Minuten saß Mrs. Rottecombe da und überlegte hin und her, bis sie einen Entschluss fasste.
    Eine Stunde später ging sie mit Wilfred und Pickles die Auffahrt hinunter und zeigte den Medienleuten die angeblichen Wunden, die Wilfred von den Tierquälern der News on Sunday beigebracht worden seien.
    »Sie haben Privatbesitz unbefugt betreten und versucht, in das Haus einzubrechen, und als Pickles sie erwischte, waren sie töricht genug, sie zu treten. Das kann man bei einem Englischen Bullterrier nicht machen und dann erwarten, dass sich das kleine Schätzchen nicht wehrt, stimmt’s, Süße?« Pickles wedelte mit dem Schwanz und wirkte recht selbstzufrieden. Sie ließ sich gern tätscheln. Wilfred war viel zu schwer, um hochgehoben zu werden, aber sein Hinterteil war eindrucksvoll bandagiert worden. »Einer der Männer hat ihn mit einem Messer angegriffen«, erläuterte Ruth. »Das war wirklich furchtbar.«
    »Nein, ich bin nicht bereit, Fragen zu beantworten«, sagte sie auf eine Reporterfrage, ob es zutreffe, dass … »Ich bin viel zu aufgewühlt. Tierquälerei ertrage ich nicht, und diese beiden Männer haben sich wirklich ekelhaft verhalten. Nein, mein Mann ist in London. Wenn Sie mit ihm sprechen wollen, finden Sie ihn dort. Ich werde mich etwas ausruhen. Es war ein ganz schauderhafter Tag. Das sehen Sie doch sicherlich ein.«
    Die Reporter sahen, dass Butcher Cassidy und das Blitzlicht Kid absolut geisteskrank gewesen sein mussten, um sich in die Nähe dermaßen furchterregender Hunde zu wagen … nun, offenbar wollten sie unbedingt Selbstmord begehen. Als Mrs. Rottecombe zurück ins Haus ging, war die Meinung unter den wartenden Medienleuten geteilt. Manche waren begeistert, dass Butcher und Blitzlicht endlich ihre Meisterin gefunden hatten, während andere offenbar glaubten, die beiden hätten enormen Mut bewiesen, weit mehr Mut, als es ihre Pflicht gewesen wäre. Keiner war bereit, ihrem Beispiel zu folgen, und bald setzte sich der Konvoi in Bewegung.
    Mrs. Rottecombe sah der Medienmeute nach und schloss dann die Haustür, um sich mit Wilt zu befassen.
    Dessen Stiefel, Socken und Hose steckte sie in einen Müllsack. Sie überlegte kurz, ob sie Wilfred und Pickles mitnehmen sollte, entschied sich aber dagegen. Sie musste völlig inkognito sein, und manche Leute könnten sich daran erinnern, die Hunde im Auto gesehen zu haben. Dann kontrollierte sie das andere Ende der Auffahrt aus einem Schlafzimmerfenster und sah erleichtert, dass die Reporter verschwunden waren. Um einundzwanzig Uhr bog sie auf die Landstraße und fuhr weiter südwärts nach Ipford.

15
    Dass Onkel Wally samt den Vierlingen oben in der Hütte mit Blick auf Lake Sassaquassee war, gab ihm keinerlei Gefühl von Sicherheit. Natürlich war es keine Hütte. Wie es Sheriff Stallard einmal formulierte: Wally Immelmann hatte sich da ein klassizistisches Herrenhaus errichtet und so ziemlich jeden Baum im Umkreis von einem Kilometer um das Anwesen gefällt, weil Tante Joan Angst vor Bären hatte und nicht im Wald spazieren gehen wollte, wo sie nicht sah, ob Bären in der Nähe waren. Und sie hatte darauf bestanden, dass er hinter der Freifläche einen äußerst stabilen Drahtzaun hochzog, um verdammt sicherzugehen, dass keine Bären eindrangen, plündernd durchs Haus streiften und durch die Panoramafenster kamen, die mit Blick auf die Terrasse, den Swimming-Pool (sie schwamm nicht in dem See, weil sie gehört hatte, dass dort auch Schlangen

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