Der Einfaltspinsel
Vertreter bäuerlicher Interessen, wurde allmählich zu einem echten Bauernhasser. Er hatte sie schon immer als habgierige, schlecht informierte und ganz generell ungehobelte Geschöpfe verabscheut, doch nie zuvor war ihm klar geworden, welche niederträchtige Freude es ihnen offenbar bereitete, unschuldige Spaziergänger am Überqueren ihres Landes zu hindern. Und da er so viele Umwege machen musste, um Tore oder dergleichen zu finden, durch die er schlüpfen konnte, und überschwemmte Felder zu umgehen, sah es natürlich so aus, als würden aus den von ihm befürchteten fünfzehn eher fünfzig Kilometer.
Tatsächlich kam er nie in Slawford an.
Während er müde seines Wegs wankte, verfluchte er seine Frau. Die dämliche Schlampe musste völlig verrückt geworden sein, die Hunde auf die beiden verdammten Reporter der News on Sunday zu hetzen, statt entgegenkommend zu sein. Er überlegte gerade, was er ihr antun könnte, und kam zu dem Schluss, dass sie ihn am Wickel hatte, wenn er sie nicht umbrachte, als es wieder anfing zu regnen. Harold Rottecombe eilte weiter, und als er an einen Bach kam, der in den Fluss mündete, trottete er auf der Suche nach einer Furt bachaufwärts. Plötzlich verlor er seinen durchweichten linken Schuh. Fluchend setzte er sich ans Ufer und entdeckte, dass seine Socke ein Loch hatte. Schlimmer noch, er hatte Blasen an der blutigen Ferse. Während er die Socke auszog, um nachzusehen, rutschte er vom Bachufer, landete schmerzhaft auf einem spitzen Stein und lag einen Augenblick später mit dem Gesicht im Wasser und bemühte sich krampfhaft, wieder aufzustehen. Als das Bachwasser ihn mit sich trug, stieß sein Kopf gegen einen tief hängenden Ast, und als er den Fluss erreichte, war er halb bewusstlos und nicht mehr in der Lage, sich gegen den Sog zu wehren. Einen Moment lang tauchte sein Kopf aus dem Wasser auf, ehe er von der Strömung nach unten gerissen wurde. Unbemerkt trieb er unter der Steinbrücke in Slawford durch und setzte seinen Weg zum Fluss Severn und in den Bristol Channel fort. Lange vorher hatte er nicht nur seine politischen Hoffnungen fahren lassen. Der verblichene Schattenminister für die Verbesserung des sozialen Klimas setzte seinen Weg zum Meer fort.
19
Sheriff Stallard und Baxter waren auch unterwegs. In dem Polizeiwagen auf der Schotterstraße Richtung Lake Sassaquassee. Die Warnung des Mannes in Lossville, der Probleme mit den flüchtenden Bären hatte, Mr. und Mrs. Immelmann hätten einen unglaublichen Streit, den man unbedingt mit eigenen Ohren hören müsse, und wenn die Polizei nicht schnell hinkäme, würde noch jemand sterben, hatte den Sheriff verblüfft. Er begriff nicht, wie jemand, der zugegebenermaßen fünfzehn Kilometer vom Haus der Immelmanns entfernt wohnte, wissen konnte, was dort vor sich ging. Als er noch acht Kilometer weit weg war, wusste er genau Bescheid. Sogar bei geschlossenen Wagenfenstern hörte man Tante Joan brüllen, sie wolle verdammt sein, wenn sie sich von ihm zum Analverkehr nötigen lasse, und falls Wally unbedingt so was Dreckiges tun wolle, solle er sich gefälligst einen Schwulen suchen, dem so was Spaß mache. Dem Sheriff gefiel das auch nicht, und der Typ in Lossville sagte, seine Frau ertrage es nicht mehr. Nämlich sich das anzuhören. Er denke daran, die Immelmanns zu verklagen. Er habe schon genug Ärger gehabt, als er ohne Genehmigung die vielen Bären geschossen hatte, die schließlich unter Schutz stünden, und die beschissene Polizei … Der Sheriff stellte das Funkgerät ab. Er fand es interessanter, etwas über Dr. Cohen zu hören, was er auch tat, und zwar laut und deutlich. Aus sechs Kilometern Entfernung. Nicht dass der Sheriff das wusste. Er war noch nie im Haus der Immelmanns gewesen. Andererseits hatte er noch nicht mal im Nebenzimmer jemanden so laut schreien hören. Der Mann in Lossville hatte Recht. Das war der Ehestreit, der alle Ehestreitigkeiten in den Schatten stellte. Und die Sache mit dem Geschmack zur Zeit der Watergate-Anhörung und wo ihre Muschi sei und ob man ihr bei der Hysterektomie eine Totaloperation verabreicht habe, war zu ungeheuerlich, um es in Worte zu fassen. Wenigstens nicht so verdammt laut, dass es die ganze Welt hörte.
»Wie weit noch?«, brüllte der Sheriff, um den Krach zu übertönen.
»Noch mehr als drei Kilometer«, schrie Baxter zurück.
Der Sheriff sah ihn an, als wäre er geisteskrank. »Was soll das heißen, drei Kilometer? Halten Sie an. Sie müssen gleich hier
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