Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Einfaltspinsel

Der Einfaltspinsel

Titel: Der Einfaltspinsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
Vom Netzwerk:
unvorstellbar.
    »Hören Sie, man muss das Ding irgendwie abstellen.« Der Sheriff ließ nicht locker. »Eine Einsatzgruppe der Nationalgarde ist unterwegs. Vielleicht … Mr. Immelmann, alles in Ordnung?«
    Im Starfighter Mansion war etwas auf etwas anderes gefallen, vielleicht auf einen Tisch.
    »Mr. Immelmann, Mr. Immelmann, o Mist!«, schrie der Sheriff. »Baxter, schicken Sie rasch einen Krankenwagen rüber. Hört sich an, als hätte Wally gerade einen Herzinfarkt gehabt.«

20
    In den meisten englischen Industriestädten gibt es derart heruntergekommene Viertel, dass sich nur die verzweifeltsten, in Selbstmitleid versackten Junkies und Alkoholiker, die Ausgestoßenen einer fürsorglichen und mitfühlenden Gesellschaft, bereitfinden, dort zu wohnen. Einige wenige alte Menschen, die gern woanders leben würden, sich einen Umzug aber nicht leisten können, bewohnen die obersten Stockwerke der Hochhäuser und verfluchen den Tag, als die Stadtverwaltung in den sechziger Jahren ihre Reihenhäuschen aus dem neunzehnten Jahrhundert aus angeblich gesundheitlichen und hygienischen Gründen abreißen ließ. Tatsächlich geschah es im Interesse ehrgeiziger Architekten, die erpicht darauf waren, sich einen Ruf zu erarbeiten, und im Interesse von Stadträten, die erpicht darauf waren, sich die Taschen mit den Zahlungen von Baulöwen zu füllen, deren einziges Interesse darin bestand, haufenweise Geld zu scheffeln.
    Eins dieser Gebiete liegt am Ortsrand von Ipford, und dorthin war Mrs. Rottecombe gerade unterwegs. Sie kannte den Landstrich ziemlich gut, zu gut, um es jetzt auch nur zu erwähnen. Einer auf ihrer ersten langen Liste von Klienten vor der Ehe mit Harold Rottecombe hatte in der Nähe von Ipford ein Ferienhaus gehabt, wo sie das eine oder andere Wochenende verbrachte. Als der Kunde so nachlässig war, während der Arbeit seinen Schöpfer aufzusuchen, war sie Hals über Kopf nach London gezogen, um nicht vor Gericht zur Todesursache befragt zu werden. Sie hatte den Namen geändert und den einer Tante mütterlicherseits angenommen, die an Alzheimer litt und nicht mehr wusste, wer sie selbst war, geschweige denn, ob ihre Nichte ihre Tochter war oder nicht. Der Trick funktionierte. Danach ging es nur noch darum, einen respektablen Ehemann zu finden, und da Ruth eine raffinierte und ehrgeizige Frau war, wurde sie Mitarbeiterin in Harold Rottecombes Wahlkreisbüro und machte so seine Bekanntschaft. Von dort zum Standesamt war es nur ein kleiner Schritt. Trotz seiner politischen Intelligenz ahnte Harold nicht einmal, wen er da geheiratet hatte. Er würde es nie erfahren, außer … außer es käme zur Scheidung. Kurz, Ruth Rottecombe hatte ihn, um die Sprache ihrer Jugend zu benutzen, »an den Eiern gepackt«. Und je weiter er auf dem glatten Pfahl der Politik nach oben kletterte, desto weniger würde er wollen, dass ihre Vergangenheit in der Öffentlichkeit bekannt wurde. Bisher hatte sie nur einen Fehler begangen, nämlich mit Bob Battleby zu verkehren. Und natürlich stand sie vor dem Problem, den Mann im Kofferraum des Volvo auf elegante Weise loszuwerden. Wer auch immer er sein mochte, ihr Instinkt verriet ihr, dass er ein gebildeter verheirateter Mann war und kein Reporter irgendeines schmutzigen Boulevardblattes. Seiner Frau oder der Polizei zu erklären, wie seine Hose abhanden gekommen war, würde ihm nicht leicht fallen.
    Als sie endlich in Ipford eintraf, wurde es bereits dunkel. Sie umfuhr den Ort und näherte sich der heruntergekommenen Wohngegend über eine Nebenstraße. Das Viertel war in einem viel schlimmeren Zustand, als sie in Erinnerung hatte. Kein Mensch war zu sehen, nirgends brannte Licht, und die meisten Fenster waren verrammelt. Analphabeten mit Farbdosen hatten ganze Wände mit obszönen Graffiti besprüht. Ruth bog in eine dunkle Gasse ohne Straßenlaternen ein, hielt unter einem hoch aufragenden Hochhaus und machte den Motor aus. Sie stieg aus und schaute sich vorsichtig um und zu den schwarzen oder verrammelten Fenstern auf beiden Seiten der Gasse hoch. In einiger Entfernung hörte sie das Geräusch von Lastwagen auf der Autobahn, doch ansonsten war es totenstill. Drei Minuten später hatte sie die Zeitungen und Kartons entfernt, das Klebeband von seinen Handgelenken gewickelt, den Knebel herausgezogen und schleifte nun Wilt an den Füßen in die Gosse, wobei sie mit seinem Kopf gegen den Rinnstein stieß. Dann schmiss sie die Heckklappe des Kombis zu und fuhr weiter, musste aber

Weitere Kostenlose Bücher